Adieu, Eden

Wettbewerbsbeitrag von Lizzie Schmitz, 22 Jahre

Die Stereoanlage brummt. Der Himmel ist dissoziativ, kalt. Crazy Train schüttelt das Fahrzeug. Vor Äonen hat das jemandem Spaß gemacht.

17:00. Wohnheim E1. Ein Besucher. Jemand von Lunar. Sogar Mondmenschen brauchten Liebe. Die Amerikaner haben dort alles monopolisiert, sogar Dating-Apps.

15:32, sie schuftete auf AlphaFold. Spuren von Aminosäuren wurden 2126 auf dem Mond im indischen Südsektor gefunden. Chandrayaan University sicherte sich ihre Forschungsstelle auf dem Mond.

Das uralte Tesla Model Z ist gelandet. 19:17.

Sie rennt zur Dekontaminationskammer. Sauerstoff wird freigesetzt. Rotes Licht strahlt. Eine Tür öffnete sich und gibt den Blick auf eine gebrechliche Gestalt frei. Er ist 82 und humpelt am Stock.

„Nimber,“ kicherte er. Er bleibt bei Cognac.

„Opa,“ sagte sie. 'Es ist er.'

Sie sank auf einen Stuhl. Gerahmte Chemieliteratur schmückt die Wände. Sein Sprengstoffimperium hat ihm alles beschert; damit zerstörte es die natürliche Oberfläche des Mondes. Der Preis des Kolonialismus. Jetzt kämpft die Welt darum, Einkaufszentren, Wolkenkratzer und Flughäfen im Weltraum zu bauen.

Er befiehlt einem Roboter-Küchenarm, einen Sazerac zu schütteln.

„Er allein versorgt jetzt die gesamte Universität mit CBDA. Zyxor.“

„Carbutyldexamphetamin? Neues amerikanisches Ding, 100 mal stärker als Adderall?“

„Er synthetisiert es“, murmelte Nimber. Sie erinnerte sich an die Ereignisse des Abends mit Purnima Rao, einer Astrophysikstudentin ihrer Masterskohorte. Nimber verführte sie mit Amarettos. Es gab Besitzende und Besitzlose. Es hat sich gelohnt, 400.000 Kilometer entfernt zu leben. Klimawandel und Hungersnot können ihr nichts anhaben.

„Wie, Kind?“

Nimber erinnerte sich an die betrunkenen Küsse. Heißer Schweiß bedeckte sie, als Purnima ihr eine Pille anbot. Nimber stellte die Pillen in Frage. Der Ursprung. Über ihm. Dann ein Geständnis. Ein Argument. Endlich ein Türknall.

„Du musst wissen.“

„Doch.“

„Ich glaube, das betrifft dich,“ schluckte sie.

Vor drei Jahren lernte Nimber Vikas kennen: ein indisch-amerikanischer Doktoranden aus Boston. Erbe von Merck & Co. Charmant. Akademische Waffe. Für seine Doktorarbeit in Anorganischer Chemie erstellt er eine Karte der Kohlenstofftopographie des Mondes. Er traf sie in der Kernspinresonanz. Empirisch verrückte Liebe.

Vikas kaufte Vorläufer von Pascal. Er war ehemaliger Dekan des Departments und Aktionär von Chandrayaan. Pascal könnte jeden dafür bezahlen, dass er sich daran hält. Für jede gewünschte Chemikalie. Das Trio synthetisierte Lisdexamfetamin im Wert von mehreren Millionen Rupien.

Sie experimentierten. Thesen mussten verfasst und Daten quantifiziert werden. Höhere Leistung bedeutete mehr Finanzierung. Davon profitierte Nimber mit ihrem ADS. Vikas, nicht. Vikas wurde wütend und schlaflos durch den Gebrauch. Es kam zu Gewalt. Sie wollte raus.

Vor zwei Jahren tat er das Unaussprechliche. Nimber sagte es Pascal. Pascal hat Vikas gefangen. Mit einer Waffe seinen Kopf. Drohungen mit Ausweisung. Sagte ihm, weg von ihr. Pascal kannte Leute. Nach einem Lösegeld von 5 Millionen Rupien trennte sich Vikas von ihr.

Bis jetzt.

Er grummelte. „Ich habe Wissen,“ gab er zu.

„Du hilfst ihm nicht schon wieder. Die Verwaltung wird uns finden,“ knurrte sie.

Pascal griff in seine Tasche. „Willst’e Dinge korrigieren? Nimm das.“

Nimber nahm den winzigen Beutel mit weißem Pulver. Es folgte eine Tüte Pillen.

„Willst du so sehr Gerechtigkeit? Mach’s selbst. Das Pulver ist Glyphosat. Pillen sind Atropin und Pralidoxim, ein Cholinesterasehemmer: das Gegenmittel. Lass ihn das Pulver nehmen. Wenn du’s auch nimmst, nimm sofort die Pillen. Gib dir die Gelegenheit.“

Sie schluckt Wut. „Sag mir. Weil ich denke, dass du es weißt. Wo ist er?“

„Du weißt, wo er Freitagabends ist. Der Ort, an dem du ihn vor zwei Jahren erwischt hast.“

Sie fährt verrückt Opas Audi Starcruiser zum Wohnheim. Nimber trägt Glitzer auf den Augen. Sie greift nach einem neongelben Bikini. Hektisch stopft sie ihr Haar in eine rote Faschingsperücke. Sie zieht wütende Augenbrauen hoch und sprüht Dior auf ihr Schlüsselbein. Sie kaut einen Nagel im Spiegel. Schön taub.

Der Starcruiser erreicht Eden Cabaret im EU-Sektor. 22:01. Disco-Lichter und ohrenbetäubender Hip-Hop überfallen sie. Traurige, glamouröse Mädchen betreten die Bühne. Sie tippt auf ein iPad 22. Zustimmung zur Auftragsarbeit? Ja. Wochenenden. Name des Auftragnehmers? Künstlername: Eva.

Sie betritt die Umkleidekabine. Feindselige Blicke stechen sie. 00:00. Auf der Bühne.

1:07. Er verlässt die Dekontaminationskammer und hängt seinen Raumanzug auf. Sofort entdeckt er im Schwarzlicht Neongelb. Kaltes Erkennen erfüllt seine Augen. Er lauert, beobachtet. Zieht 1000 € heraus. „Privatzimmer, bitte.“

„Eine Frau in MINT,“ höhnte er. Die Tür knallte.

Sie stopft die Noten in ihr Oberteil. Sie holt das weiße Pulver heraus. Die zweite leere Plastiktüte fällt heraus.

Er kichert. „Du bist jetzt so ermächtigt. Hat Pascal dich unterbrochen?“

Er holt eine Tüte mit 32 Tabletten hervor. „Für 100 € gebe ich zwei.“

Nimber blieb still und benommen. Sie kicherte und zeichnete kleine Linien auf dem geklauten Handspiegel. Nimber lässt ihn die zweite stärkere Dosis einnehmen. Vikas berührt sie auf eine Weise, die ihr übel wird. Sie flüstert. „Lass uns das im Auto fortsetzen.“

In der Umkleidekabine füllt sich ihr Mund mit Speichel. Nase brennt. Fieber. 2:17. Sie stürzt sich in ihren Raumanzug und nimmt den Hinterausgang. Benommen stolpert sie zum Auto. Vikas wartet dort und zieht hektisch an der Tür. Klick. Entsperrt.

Sie nehmen ihre Helme ab und küssen sich, bis sein Speichel ihren Mund füllt.

Nimber schreite. 'Was war das?'

Er erbricht.

Nimber steuert. Der Starcruiser schwebt, kehrt um.

Vikas weint. „Weiß nicht, was du mir gegeben hast.“

Nimber beschleunigt und fährt nach Süden.

„Dachtest du,“ sagt Nimber. „Ich würde es nie herausfinden?“

'Hexe.'

Sie biegt scharf nach links ab. Sie betrachtet die zusätzlichen Pillen auf dem Armaturenbrett.

Vikas packt sie am Arm.

„Also“, sagt sie. „Möchtest du eine Partnerschaft eingehen?“

Alle Infos

Die Über All Lesung

Lasst euch von sieben der Preisträger:innen des Wettbewerbs Über All in ferne Welten entführen

Die Über All-Preisträger:innen

Vielen Dank an alle Teilnehmenden für diese spannenden Exkursionen ins All und herzlichen Glückwunsch den Preisträger:innen

Die Über All Jury

Teilnahmebedingungen

Preise - Das gibt es zu gewinnen!

Schirmherrin Dr. Suzanna Randall

EINSENDUNGEN

Autorin / Autor: Lizzie Schmitz