Die Hüter des Lichts

Wettbewerbsbeitrag von Maurice, 15 Jahre

In ferner Zukunft, im Jahr 2413, als die Menschheit bereits ihre einst so schillernde Heimat, ihren Planeten mit all den wunderschönen Farben, ihrem prachtvollem Blau in eine graue Ruine durch die unachtsame Ausbeutung verwandelt hat, waren sie gezwungen umzudenken. Sollten sie sich auf eine Expedition zu neuen Galaxien begeben? Die Erde wie ein Narbengebilde aus mutwilliger Zerstörung, gezeichnet durch Klimawandel, Umweltzerstörung und Ignoranz zurücklassen?
Die Erinnerungen an ihren einst so wunderschönen Planeten mit all seiner Komplexität verblasste. Sollte das nun wirklich das Ende bedeuten? War es nur eine menschlich zeitliche Erfahrung?
Ca. 4,6 Milliarden Jahre?

Während sich die Menschen aufmachten, um die Tiefen des Universums zu erforschen, um neuen Lebensraum zu entdecken, gab es eine Person, mich, Astrophysikerin Dr. Astrid Clint. Als Astrophysikerin und leidenschaftliche Anhängerin der Naturwissenschaften hatte ich stets eine tiefe Verbindung zur Erde und ihren Geheimnissen verspürt. Meine Warnungen vor den Folgen der menschlichen Zerstörung wurden jedoch oft von meinen Kollegen verspottet und nicht ernst genommen.
Es kam der Tag, der mein Leben verändern sollte.

Es war nachts und ich wurde von einem Traum heimgesucht, vielmehr war es eine Eingebung, eine Art Vision.
Ich sah ein helles Licht, und es sprach eine Stimme zu mir: "Im Einklang mit den kosmischen Weisungen bist du auserwählt, mache dich auf und suche nach den 100-Jährigen. Jenen, die im Herzen das Licht tragen und die Prophezeiungen in den Sternen lesen und das Geheimnis eines langen Lebens in sich tragen. Eure Vereinigung wird der Schlüssel zur Rettung der Welt sein, wenn der Tag des drohenden Untergangs heranrückt. Die Zeit ist gekommen, deine verborgene Bestimmung anzunehmen, um das Antlitz der Welt für immer zu verändern.“

Ich öffnete blitzartig meine Augen und spürte wie mein Herz pochte, wie ein Hammer, der auf einen Amboss einschlug. Mein Körper war schweißig, und ich war wie gelähmt. Was war das? Immer wieder gingen mir die Worte durch den Kopf, wie ein Mantra manifestierte es sich. Wer waren die 100-Jährigen?

Ich ging zur Bibliothek. Am Eingang saß eine ältere Dame. Sie lächelte mich an und ohne ein Wort zu sagen, zeigte sie mir mit ihrer blassen Hand eine Richtung. Ihr Gesicht strahlte Freundlichkeit aus. Mit einer sanften Geste wies sie mir schweigend eine Richtung. Ich schaute sie verwundert an, doch sie nickte nur zaghaft und lächelte. Ich folgte ihrer Weisung, und als ich mich noch einmal kurz zu ihr umdrehte, war sie verschwunden. Ein kurzer Schauer lief mir den Rücken hinunter. Langsam ging ich durch die Gänge mit ihren hohen Regalen. Plötzlich, aus dem Nichts, fiel mir ein Buch direkt vor die Füße. Erschrocken wich ich zurück. Es war niemand hier. Noch einmal schaute ich mich um, bückte mich langsam hinunter und strich mit meiner Hand den Staub von dem Buch. Es war ein großes, schweres, schwarzbraunes Buch mit verschnörkeltem Einband. Darauf stand in goldfarbener Schrift "The Secret of life". Ich schlug es auf und begann darin zu lesen.

Es beschrieb Regionen auf der ganzen Welt, in denen Menschen ein erstaunlich hohes Alter erreichten. Weit über 100 Jahre alt wurden. Wie gefesselt las ich weiter. Zudem würde eine Art Virus die Erde befallen und die einzige Hoffnung, dieses Virus zu besiegen, schien im Geheimnis der 100-Jährigen zu liegen.
Die letzte Seite des Buches beinhaltete einen Umschlag. Ich öffnete ihn und es befand sich eine Karte darin. Es waren überall Punkte eingezeichnet. Diese besagten, wo sich die letzten Menschen der 100-Jährigen befinden. Italien, Japan, Costa Rica und Amerika.
Schnell steckte ich die Karte und das Buch in meine Tasche und eilte nach Hause.

Am nächsten Morgen plante ich meine Reise. Ich beschloss zunächst nach Italien zu reisen. Genauer gesagt nach Sardinien. Hier sollte es in den Bergen ein Dorf geben, wo jene lebten. Also machte ich mich fest entschlossen auf, um sie zu finden. Und ich fand sie. Sie waren freundlich, kümmerten sich umeinander, lebten im Einklang der Natur. Wenn ich sie nach ihrem Geheimnis fragte, dann sagten sie lachend zu mir: „Es ist ganz einfach. Wir nehmen uns Zeit füreinander, ernähren uns gesund und bewegen uns viel. Wir kümmern uns um unsere Menschen und um die Natur. Wir achten das Leben und gehen sorgfältig mit den Ressourcen um." Und je länger ich bei ihnen war, verstand ich, was sie damit meinten. Sie lebten und arbeiteten unbeschwert, ohne Stress, jeder hatte seine Aufgabe. Sie genossen Zeit miteinander und feierten ihre Feste.

Der Abschied fiel mir sehr schwer, denn ich hatte sie in der kurzen Zeit in mein Herz geschlossen. Doch ich musste weiter und begab mich auf die Suche nach weiteren Gruppen von Menschen. Jene, die nicht die Augen verschlossen, jene, die nicht ihren Heimatplaneten einfach abschrieben und aufgaben – bestehend aus Denkern und Wissenschaftlern, Künstlern und Aktivisten.
Ich traf viele wunderbare, herausragende Menschen. Menschen mit Wissen von großer Bedeutung.
Wir schlossen uns zusammen und gründeten den Bund der „Salus Terrae“.
Gemeinsam wollten wir die Erde von diesem Virus befreien.
Wir fingen an, Erinnerungen zu sammeln, Wissen zu verknüpfen, Lösungsansätze zu entwickeln. Zudem behüteten sie ein bereits seit Millionen von Jahren großes Geheimnis, ein Vermächtnis von unschätzbarem Wert. Ein Artefakt, „das Rad des Lebens“. Es sollte uns die letzte Verbindung zu einer höheren Macht ermöglichen.

Bestand doch noch ein Fünkchen Hoffnung?
Ja! Wie naiv war es anzunehmen, dass es in den unermesslichen Weiten des Universums, in den Massen von Galaxien nur uns gibt?
Die "Zivia Turia", Hüter des Lichts, sie existieren - Wesen von einer Intelligenz und Weisheit, die die Menschheit bei Weitem übertraf. Sie waren in einem fernen Sonnensystem verborgen und hatten vor langer Zeit ein Buch „Rad des Lebens“ einer kleinen auserwählten Gruppe von 100-Jährigen anvertraut. Es war in Alttaurischer Schrift geschrieben. Es konnten nur Auserwählte lesen und deuten. So wurde dieses Vermächtnis von Generation zu Generation gelehrt, behütet und weitergegeben. Es beinhaltete einen Schlüssel, einen geheimen Code. Man konnte ihn nur einmal verwenden, um mit den Hütern des Lichts in Kontakt zu kommen.
Nur sie hatten die Fähigkeit, die Geheimnisse des Universums zu enthüllen und die Menschen zum Umdenken zu bewegen, sie wachzurütteln und auf den Richtigen Weg zu leiten.
Amar, ein weiser Mann, welchen ich in Indien kennengelernte, besaß die Kunst, die Schrift zu lesen. Sein Vater hatte es ihn gelehrt. "Astrid, lass mich nun alleine. Ich brauche Ruhe und Konzentration.“ "Natürlich“, gab ich zurück und ging.

Drei Tage und drei Nächte verharrte er in diesem Zimmer. Dann öffnete er die Türe. Langsam drehten wir uns zu ihm herum, blickten ihn fragend an und er trat erschöpft heraus. Schaute in unsere Gesichter und meinte: "Es ist vollbracht. Die Taurianer sind unter uns. Sie werden uns helfen, unseren Planeten zu retten, die Bevölkerung zum Umdenken zu bewegen. Es ist unsere letzte Chance.“ Dann sank er zusammen. Wir halfen ihm auf, und er musste sich nun ausruhen.

Am nächsten Morgen sprach ich mit Amar. Was war zu tun? Und was bedeutete `sie sind unter uns´? Hier, jetzt? Amar lächelte mich an: "Astrid geh hinaus und bringe das Wissen unter die Menschen. Das Wissen, was du von uns gesammelt hast. Die Hüter des Lichts werden dir helfen, dass es die Menschen verstehen und annehmen. Es wird ein Umdenken und eine große Veränderung kommen. Dieser Virus sitzt in den Köpfen der Menschen. Er hat sie blind werden lassen. Jetzt werden sie anfangen zu sehen und zu verstehen.“

Ich konnte nichts sagen und nickte nur stumm.
Sie waren da und mischten sich ganz unauffällig unter das Volk. Es war, wie Amar es prophezeite. Es entstand eine Revolution des Denkens und Handelns, eine Verschmelzung aller Gedanken.
Die Menschen begannen wieder miteinander zu reden, ihre Erfahrungen und ihr Wissen auszutauschen. Sie begannen zu begreifen, dass es nicht nur um ihr Leben, sondern auch um die Zukunft der gesamten Menschheit ging. Sie sahen, dass wir unsere Erde nicht so gleichgültig zurücklassen konnten.
Grenzen von Sprache und Kultur wurden überwunden. Nach und nach wurden sie zu einer Einheit. Menschen einer Erde, die endlich begannen, sich mit den Problemen ihres Planeten auseinanderzusetzen. Und sie begannen zu begreifen, dass es nicht wichtig ist, an welche Religion ich glaube, dass es nicht wichtig ist, welche Sprache ich spreche, nicht wichtig ist, welcher Herkunft man ist oder aus welcher Schicht man kommt.
Sie begannen, neue Technologien zu entwickeln, um erneuerbare Energien zu nutzen, um Umweltverschmutzung vorzubeugen.
Kurz gesagt, die Geschichte der Menschheit nahm eine Wende, die niemand zuvor für möglich gehalten hätte.
Sie lernten, dass sie nur gemeinsam ihren Planeten erhalten können. Und nicht nur das, es gab wieder mehr Menschlichkeit, mehr Empathie füreinander. Ein wichtige Voraussetzung und ein großer Schritt, Ideen zu entwickeln und umzusetzen. Eine echte Chance für die Menschheit. Sie entwickelten sich jeden Tag ein Stück weiter und die Welt veränderte sich zu einem Ort des Miteinanders, einer Einheit und des Fortschritts.
So brachten sie langsam den Glanz zurück, eine Reinkarnation der Erde, des Denkens und Fühlens.
Es ist wie ein neues Kapitel eines Buches, das ich aufschlage, wenn ich morgens aufwache und die Sonne wieder ihre Strahlen über die Welt schickt, als würde sie uns auffordern, die nächsten Seiten zu schreiben, während der frische Tau über den blühenden Pflanzen wie Diamanten glitzert.
Ich hoffe, wir schreiben noch viele wunderbare Kapitel. Vielleicht sind die Hüter des Lichts immer noch unter uns. Vielleicht sollten wir einfach aufmerksamer hinschauen und genauer hinhören. Vielleicht möchtest auch du ein Hüter unseres Planeten sein. Denn ist es unabänderlich: Wir haben nur eine Erde."

Alle Infos

Die Über All Lesung

Lasst euch von sieben der Preisträger:innen des Wettbewerbs Über All in ferne Welten entführen

Die Über All-Preisträger:innen

Vielen Dank an alle Teilnehmenden für diese spannenden Exkursionen ins All und herzlichen Glückwunsch den Preisträger:innen

Die Über All Jury

Teilnahmebedingungen

Preise - Das gibt es zu gewinnen!

Schirmherrin Dr. Suzanna Randall

EINSENDUNGEN