Die Augen sind das Fenster zur Seele

Wettbewerbsbeitrag von Yama, 14 Jahre

Ich starrte hinaus in die unendlichen Weiten des Universums. Es herrschte absolute Stille, nichtssagende Stille und doch war es so laut in meinem Kopf. Meine Gedanken wollten keine Ruhe geben. Ständig kreisten sie um das, was passiert war, um das, was passieren würde. Die Mission „Titan“ war vor 27 Monaten aufgebrochen, um neuen Lebensraum für die Menschheit zu erschließen. Die Erde würde bald nicht mehr bewohnbar sein, deswegen hatte die Regierung drei Raumschiffe in das weite Universum entsandt, die Titan I, die Titan II und die Titan III. Alle drei mit Waffen ausgerüstet, alle drei beherbergten einen riesigen Labortrakt und natürlich eine Kommunikationszentrale, um mit der Erde, sowie mit den anderen Schiffen zu kommunizieren. Vor knapp drei Monaten hatten wir die Grenze zu unserer Galaxie überschritten und befanden uns zurzeit in einem Zwischenraum zwischen den Galaxien. An jenem Abend hatten wir die anderen zwei Schiffe angefunkt, sowie an jedem Abend. Doch nur Titan II hatte geantwortet. Titan III hatten wir verloren mitsamt der Crew.

Von einem Rauschen wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. „Titan I, bitte kommen!“, rief eine Stimme aus dem Lautsprecher meines Headsets. Die grüne Lampe auf der Kommunikationsanlage, die uns mit der Titan II verband verriet mir, dass die panische Stimme einem Besatzungsmitglied der Titan II gehören musste. „Commander Lewis von der Titan I, ich höre Sie Titan II.“, gab ich zurück. „Sie waren plötzlich da, sie waren nicht auf dem Radar zu erkennen, keine Überlebenden. Hören Sie, Sie dürfen nicht a…“, ein Schrei unterbrach ihn, vermutlich sein eigener. Ein seltsames Klicken war zu hören, das mir einen Schauer über den Rücken jagte, denn es war alles andere als menschlich und klang eben so wenig nach einer Maschine. Ich riss mir die Kopfhörer vom Kopf und stürmte in Richtung Komandozentrale.

Ich öffnete die Tür. „Commander Elizabeth Lewis“, kündigte mich die Roboterstimme an. Der Captain drehte sich zu mir um, er stand mit einigen hochrangigen Offizieren um einen Tisch, offensichtlich war ich in eine Besprechung geplatzt. „Sollten Sie nicht in der Kommunikationszentrale sein?“, fragte einer der Offiziere mit schnarrender Stimme, doch ich ignorierte ihn und wendete mich an den Captain. „Captain Johnson, die Titan II hat einen Notruf abgesetzt. Sie wurden offensichtlich angegriffen, keine Überlebenden.“ „Von wem…?“, obwohl er versuchte die Fassung zu wahren, sah man ihm den Schock an. „Ich weiß es nicht, Sir. Der Überlebende sprach von „ihnen“, sie hätten sie nicht kommen sehen, da sie auf dem Radar nicht sichtbar gewesen wären.“, der Captain nickte, dann wandte er sich zu den Offizieren um. „Ich möchte, dass jeder Quadrant im Umkreis von 100 km um das Schiff sowohl elektrisch, als auch manuell überwacht wird.“, befahl er. Ein einstimmiges „Ja, Sir!“, war die Antwort.

Die Stimmung war angespannt, seit Captain Johnson an höchste Wachsamkeit appelliert hatte. Sie alle fürchteten sich. Mich eingeschlossen. Ich hatte eines der Wesen gehört, die die Titan II überfallen hatten. Das Geräusch und der Schrei verfolgten mich bis in meine Träume, zusammen mit den Bildern, die dabei vor meinem inneren Auge aufgeflackert waren und mir nun den Schlaf raubten. Ich war Commander der Kommunikationsabteilung, die mit den anderen Schiffen verbunden gewesen war, aber da es kein anderes Schiff mehr gab, mit dem man hätte kommunizieren können, war ich meinen Job los. Stattdessen half ich bei der Überwachung. Der Captain hatte, um für mehr Genauigkeit zu sorgen, mich ebenfalls zum Commander der Überwachung befördert. Jetzt teilten Commander Liu Iwu, ein junger Mann aus Kapstadt in Südafrika, und ich uns die Überwachung, jeder von uns zwei Quadranten. Ich hatte gehört, dass Kapstadt sehr innovativ war, war aber nie selber dort gewesen. „Was glaubst du, was das war, das die Titan II und III angegriffen hat?“, fragte Liu. Commander Iwu und ich waren relativ schnell beim Du angekommen und verstanden uns auch sehr gut. „Du glaubst, dass es dieselben waren?“, fragte ich. „Ich gehe davon aus.“ „Es können keine Menschen sein, da vor uns noch niemand jemals so weit ins All vorgedrungen ist“, versuchte ich meine Meinung zu erklären. „Also glaubst du, dass es Aliens waren?“ „Könnte sein.“

Nun war der letzte Angriff mehr als eineinhalb Monate her. Die Spannung auf dem Schiff hatte zwar nachgelassen, war aber nicht ganz verschwunden. Ich hatte die Aufgabe, die Außenposten in meinen zwei Quadranten zu überprüfen. Der Raumanzug war enganliegend und bot aber genug Bewegungsfreiraum, der Helm lag über meinem Kopf, wie eine zweite Haut. Ich drehte den Kopf in Richtung des Schiffes. Egal, wie oft ich es schon gesehen hatte, es war immer wieder wunderschön, schwarz, wie das Universum, fiel es beinahe nicht auf und mit all den Fenstern, aus denen das Licht drang, sah es fast aus, wie ein nächtlicher Sternenhimmel. Ich wandte mich wieder meinem Ziel zu. Einem Außenposten, noch etwa 1 km entfernt, als ich ihm in die Augen sah. Groß war es, mit einer geringfügigen Ähnlichkeit zu einem Oktopus. Vielleicht war es der Schock, doch die erste Frage, die ich mir stellte, war, ob das seine Augen waren oder ein anderes Körperteil und ob es überhaupt Augen hatte. Der Faktor, der mich zum Entschluss brachte, dass es sich bei den schwarzen Flecken auf der violett schimmernden Haut tatsächlich um Augen handelte, waren die Emotionen darin. Ich hatte mich immer schon gefragt, ob Aliens Emotionen empfinden konnten. Jetzt wusste ich es. Und was in seinen Augen schimmerte war kein Hass, keine Gewaltbereitschaft. Es war Neugierde, Interesse, ein Lächeln. Ich sah mein Spiegelbild in seinen tiefschwarzen Augen, sah die Neugier in meinen eigenen Augen und ich konnte beobachten, wie ein zaghaftes Lächeln an meinen Mundwinkeln zupfte. Die Wesen auf der Titan II und III hatten sich gewehrt, weil die Besatzung sie angegriffen hatte. Die Worte des Überlebenden kamen mir in den Sinn: „Hören Sie, Sie dürfen nicht angreifen!“

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Die Über All Lesung

Lasst euch von sieben der Preisträger:innen des Wettbewerbs Über All in ferne Welten entführen

Die Über All-Preisträger:innen

Vielen Dank an alle Teilnehmenden für diese spannenden Exkursionen ins All und herzlichen Glückwunsch den Preisträger:innen

Die Über All Jury

Teilnahmebedingungen

Preise - Das gibt es zu gewinnen!

Schirmherrin Dr. Suzanna Randall

EINSENDUNGEN

Autorin / Autor: Yama, 14 Jahre