Naturschutz? Was hat das mit mir zu tun?

Befragung unter 11- bis 13-Jährigen zeigt Diskrepanz zwischen Wissen und Engagement für den Naturschutz

Wie gut kennen sich Schüler:innen in Sachen Naturschutz aus? Und welches Verhalten legen sie an den Tag, um die Umwelt zu schützen? Das wollte die Arbeitsgruppe Didaktik der Biologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) wissen und befragte zwischen Juni und Oktober 2021 im Biologieunterricht 144 Schüler:innen der Klassenstufen 6 und 7 an Schulen im Großraum Rhein-Main. Die Schüler:innen konnten freiwillig an der Studie teilnehmen und sich zu einem fiktiven Szenario äußern, bei dem der Gemeinderat sie bat, ihre Meinung zum Naturschutz der Zukunft mitzuteilen und insbesondere zwei Fragen zu beantworten: Was bedeutet Naturschutz für dich? Was bewegt dich, dass du dich schon heute für den Naturschutz der Zukunft engagierst? Ihre Antworten konnten die Schüler:innen und Schüler in Textform direkt an eine angegebene E-Mail-Adresse schicken oder sie an ihre Lehrer:innen abgeben. Alle wussten, dass ihre Antworten keinen Einfluss auf ihre Noten haben würden.

Das Ergebnis: Nach ihren eigenen Angaben setzen nur 12 Prozent der Befragten im Alter von 11 bis 13 Jahren aktives Verhalten zum Schutz der Natur in ihrem Alltag um. „Obwohl sie eine Reihe von Verhaltensabsichten mit dem Naturschutz in Verbindung bringen, berichten nur wenige Schülerinnen und Schüler über ihre eigenen Aktivitäten im Naturschutz. Wir stellen fest, dass zwischen den Äußerungen der Schülerinnen und Schüler und ihren Handlungen eine Lücke klafft“, sagt Laura Christ von der Arbeitsgruppe Didaktik der Biologie, die die Studie durchgeführt hat. „Daher ist es umso wichtiger, dass Naturschutz in der Schule verankert und damit das Engagement der jungen Menschen für den Erhalt von Natur und Umwelt verstärkt wird.“

Naturschutz wird vor allem mit Tieren in Verbindung gebracht

Die Auswertungen zeigten: die meisten Schüler:innen bringen mit dem Begriff „Naturschutz“ Tiere in Verbindung. Das Wort „Tiere“ wird in 57 Prozent der Antworten erwähnt, gefolgt von „Natur“ mit 55 Prozent. Dagegen werden Insekten und Bienen nur in jeweils 6 Prozent der Antworten mit Naturschutz assoziiert. „Auch die Begriffe Klimawandel oder Kohlendioxid fallen nur selten“, sagt Laura Christ zu den Ergebnissen. Eher wissenschaftliche Begriffe wie „biologische Vielfalt“ kommen in den Antwortschreiben nicht vor.

Eine Einteilung der Antworten nach Kategorien ergab, dass die Jugendlichen vorwiegend einen existenziellen Zugang zum Naturschutz haben, das heißt sie äußerten sich in etwa mit „Damit wir auch in Zukunft noch so auf der Erde leben können wie bisher“ oder „Ein Leben ohne Pflanzen und Tiere ist nicht möglich“. 74 der 144 Schüler:innen nennen auch konkrete Verhaltensabsichten, wie zum Beispiel „Es wäre gut, wenn die Menschen weniger Auto fahren würden“. Allerdings beschreiben nur 17 Teilnehmende, also lediglich 12 Prozent, Verhaltensweisen, die sie tatsächlich aktiv in ihrem alltäglichen Leben umsetzen – anhand von 38 verschiedenen Beispielen wie etwa beim Konsumverhalten: „Ich kaufe regionale Produkte.“

Handlungsmöglichkeiten aufzeigen

„Die Erhebung zeigt uns, dass die Schülerinnen und Schüler in diesem Alter das Konzept von Naturschutz im Allgemeinen verstehen, aber nicht so ganz wissen, wie sie es in ihrem eigenen Leben umsetzen können oder umsetzen sollen“, sagt Prof. Dr. Daniel Dreesmann, Leiter der AG Didaktik der Biologie an der JGU. „Fragen zum Artensterben und dem Naturschutz sind für die jungen Menschen relevant, wie auch die Demonstrationen von Fridays for Future zeigen. Wir müssen aber deutlicher wie bisher Handlungsmöglichkeiten aufzeigen.“

Laura Christ merkt an, dass zum einen Wissenslücken bestehen, die der Schulunterricht nicht schließen konnte, auf der anderen Seite aber auch die Diskrepanz zwischen Erkenntnis und Engagement auffällt. „Wie schafft man den Sprung von der Erkenntnis zur Umsetzung?“, formuliert sie die Herausforderung. Eine Möglichkeit seien beispielsweise Citizen-Science-Projekte, in denen die von Schüler:innen erhobenen Daten Naturschutzbehörden zur Verfügung gestellt werden und in deren Arbeit einfließen könnten. „Damit könnten die Schülerinnen und Schüler direkt erleben, dass ihr Tun nicht nur dem Unterricht und den Noten dient, sondern sie einen aktiven Beitrag leisten, um den Naturschutz voranzubringen.“

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 2. Dezember 2022