Kaufsucht

Aus einem Spleen kann eine echte Krankheit werden

Was die meisten nur für einen kleinen Spleen, eine etwas teure Gewohnheit oder nur eine besondere Form von Hobby halten, kann eine echte Krankheit sein: Bereits Anfang der 90er Jahre haben WissenschaftlerInnen herausgefunden, dass es Kaufsucht tatsächlich gibt - mit üblen Folgen.

Wenn man Kredite ohne Ende aufnimmt, seinen FreundInnen, Eltern oder Kindern Geld klaut und werweißwas noch alles unternehmen würde, nur um wieder Shoppen gehen zu können, dann liegt der Verdacht auf eine ernsthafte Kaufsucht nahe. Ladendiebstahl gehört allerdings nicht zu den Folgen, denn es geht um das KAUFEN selbst, nicht einfach um den Besitz oder gar die Benutzung des Produkts, im Gegenteil: Wer kaufsüchtig ist, hat oft haufenweise völlig neuen oder gar nicht erst ausgepackten Kram zuhause rumfliegen, und Vieles wird unbenutzt wieder weggeworfen!

All you need ist love...?

Die Grenze zwischen echter Sucht und "nomalen Kompensationskäufen" ist schwer zu ziehen, und nicht jeder Frustkauf bedeutet gleich, dass man süchtig ist: Erst der regelmäßig immer wiederkehrende, zwanghafte Drang, etwas zu kaufen, wäre typisch für eine echte Kaufsucht. Dabei haben fast alle Kaufsüchtigen ein "Spezialgebiet": Die einen kaufen ständig neue Klamotten, bis die Schränke zuhause platzen, die anderen technische Geräte, wieder andere horten massenweise Schmuck oder Schuhe. Die Folgen sind dann neben der drohenden Überschuldung meist auch Scham und ein schlechtes Gewissen - und im Extremfall auch die zunehmende Isolation, denn irgendwann verstehen auch die besten FreundInnen nicht mehr, was da abgeht. Dabei ist die Sucht ja zunächst nicht sonderlich auffällig: Man geht halt öfter mal was kaufen. Nur eben ein bisschen öfter als oft, bis gar nichts mehr geht. Interessant übrigens dabei: Jüngere KonsumentInnen gelten als stärker kaufsuchtgefährdet als ältere. Da schau her...

Vernachlässigung oder extreme Überbehütung

Eine richtige Kaufsucht fällt nicht einfach so vom Himmel: Süchtige wiesen in Studien offenbar alle Vernachlässigung oder extreme Überbehütung in ihrer Kindheit auf, und so geht es letztlich um viel tiefergehende, unerfüllte Sehnsüchte, die hinter dem permanenten Kaufrausch stehen wie z.B. Anerkennung, Liebe oder Respekt. Eine Kaufsucht stellt letztlich den (zum Scheitern verurteilten) Versuch dar, sein Leben durch ständige Käufe zu bereichern und sich besser zu fühlen. Die Effekte, die kurzfristig durch einen Kauf erzielt werden, sind Selbstbestätigung, Beruhigung oder auch Aufputschung - bis dieser kurze Kick nachlässt und man wieder losziehen muss, um weiterzushoppen...

Was kann man tun?

Die ForscherInnen von der Uni Hohenheim, die sich mit dieser Problematik intensiv befasst haben, geben eine Reihe von Tipps, wie man kurzfristig seinen Kaufrausch besser in den Griff kriegen kann. Möglicherweise muss man nicht erst ernsthaft kaufsüchtig sein, um die brauchen zu können. Dazu gehört vor allem, dass man immer bar zahlen soll, weil dann die Ausgabe mehr weh tut als „auf Karte", oder eine Liste seiner Klamotten (oder was man sonst besonders häufig kauft, ohne es zu brauchen) aufzustellen und immer mit sich zu führen. Für solche, die das Gefühl haben, ernsthaft kaufsüchtig zu sein, werden therapeutische Hilfe oder Selbsthilfegruppen empfohlen, die es wohl in immer mehr Städten geben soll. Wichtig sei es auch, mit anderen Aktivitäten die Lücke zu füllen, die man die ganze Zeit mit Kaufen vergeblich zu stopfen versucht.

Mehr Infos und Adressen dazu findet ihr unter

Dieser Artikel wurde uns von "checked4you", dem Jugendmagazin der Verbraucher-Zentralen NRW, zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!

Autorin / Autor: checked4you - Stand: 19. Januar 2004