Eisprinzessin  - Teil 3 & 4

von Janka Katharina Hardenacke

© Foto "Eisrose" von phlug; Quelle: photocase.de

Teil 4

Ich starrte die Wände in meinem Zimmer an. Sie waren sonnengelb. Genau wie Nathans Nase. Mit einer Farbrolle bewaffnet stand er vor mir. „Gefällt's dir?“ Ja, es gefiel mir. Das Zimmer gefiel mir. Der Tag gefiel mir. Nathan gefiel mir. Ich war glücklich und auch das gefiel mir.

Unglaublich was in der letzten Woche alles passiert war. Nach der Kartenkammer- Aktion gab es ein unausgesprochen Versprechen zwischen uns beiden. Wir trafen uns in jeder Pause in dem kleinen Raum. Wir redeten. Oder auch nicht. Wie es auch war, es war in Ordnung so. Und wesentlich mehr.

Jetzt saßen wir in meinem frisch gestrichenen Raum. Es war seine Idee gewesen. Am Mittwochnachmittag war er zu mir gekommen. Irgendwann meinte er, dass die beigen Wände trostlos aussähen. Er lachte und meinte, wenn er in so einem Zimmer wohnen müsste, hätte er auch ewig schlechte Laune wie ich. Dafür kniff ich ihn in den Oberarm, musste aber trotzdem grinsen. Nur zwei Tage später hatte er wieder vor der Tür gestanden, mit einem Topf gelber Farbe unterm Arm. Nun saßen wir an mein Bett gelehnt auf dem Fußboden. „Woran denkst du?“ Nathans Gesicht war ganz nah an meinem und ohne eine Antwort abzuwarten schloss er seine Augen, neigt seinen Kopf und berührte mit seinen Lippen meinen Mund. Mein Herz klopfte bis zum Hals, aber es waren nicht diese gemeinen Stiche, die mir so bekannt waren. Es war etwas anderes. Auch ich schloss meine Augen und wir küssten uns wieder. Dann hörte ich ein leisen Klingeln. Es wurde immer lauter. Ich öffnete meine Augen und schaute verwirrt auf mein Handy, das auf dem Schreibtisch lag. Nein, das war nicht mein Klingelton. Nathan zog das seine aus der Hosentasche. „Oh!“, meinte er, „Mein Wecker!“ Ich musste lachen. So war Nathan. Irgendwie unnormal, aber unglaublich cool. „Ich muss los. Mein Opa wartet auf mich, ich soll ihm das Blumenbeet winterfest machen.“ Von seinem Opa sprach Nathan so viel, wie andere Leute vom Wetter. Dauernd kamen neue Geschichten. Vom Urlaub mit ihm in Italien. Dass er Nathan Klavierspielen beibringen wollte, er aber keine Lust hatte. Und ständig half Nathan seinem Opa bei irgendwas, so wie an diesem Tag. Ich fand das toll und ich hätte gerne so ein enges Verhältnis zu meiner Großmutter gehabt.

Ich brachte Nathan zur Tür und grinste in mich hinein. Aus Gewohnheit schaute ich noch in den Briefkasten. Meist lagen dort nur Rechnungen drin, oder Werbung. Doch heute enthielt er einen weißen Briefumschlag. In sauberen, langen Buchstaben stand darauf „Elsa“ geschrieben. Im ersten Moment dachte ich, es sei vielleicht eine weitere Überraschung von Nathan, doch das hier war nicht seine Handschrift. Das Kuvert war nicht zugeklebt und es enthielt einen kleinen Zettel. Ich las die Nachricht. Angst umfasste mit kalten Fingern meine Arme. Was sollte das heißen? Meine Augen wanderten über das einzige Wort, tasteten Buchstabe für Buchstabe ab, aber es ergab keinen Sinn. Auf dem Zettel stand mit roter Tinte das Wort „Eisprinzessin“.

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Autorin / Autor: Janka Katharina Hardenacke - Stand: 5. Februar 2009