1. Advent im Hause Weihnachtsmann

Die Kinder wünschen sich nichts mehr. Gar nichts mehr.

„Was haben sie geschrieben?“, fragte ich Rudolf, der gerade wieder gelandet war. Gelandet von der langen Reise zu den Menschen. „Nichts. rein gar nichts, Meister. Weihnachten interessiert sie wohl nicht mehr. Anfang des Jahrhunderts haben sie sich viel zu viel gewünscht, jetzt gar nichts mehr“, erklärte er. Ich seufzte. „Meister? Ist das Ihnen denn egal? Ich meine, Sie sind auch nicht mehr der jüngste, und wenn Weihnachten nun noch in Vergessenheit gerät, dann, dann....dann,...ich weiß nicht, aber dann, müssen wir alle.... Meister, am 1. Advent sollten doch eigentlich alle Wünsche eingereicht werden. Ich weiß nicht, aber was soll denn jetzt passieren?“

Rudolf war ganz außer sich. „Nichts. Wir können nichts mehr machen. Es passiert einfach. Wir können nichts gegen die Zeit tun. Es ist der erste Advent 2099. Die Zeiten ändern sich. Die meisten feiern Weihnachten nicht mehr. Irgendwann wird es Weihnachten gar nicht mehr geben“, erklärte ich mit einem nichts sagendem Blick auf den Asphalt, der mich vom erkalteten Wasser trennte.

Ich befand mich am Nordpol, dort wo das Eis am dicksten war und sogar die Fische manchmal einfroren. Ich bin kein gewöhnliches Kind. Na ja, ehrlich gesagt bin ich gar kein Kind oder zu der besagten Zeit bin ich kein Kind. Ich bin der Weihnachtsmann. Meine Falten bedecken bereits mein gesamtes Gesicht und mein Körper ist so dick, dass er kaum noch durch den Schornstein passt. Aber eigentlich ist das auch gar nicht mehr nötig. Es gibt gar keine Schornsteine mehr. Aber es gibt auch nichts mehr, was ich durch den Schornstein hätte einwerfen können. Die Kinder wünschen sich nichts mehr. Gar nichts mehr. Letztes Jahr hatte sich wenigstens einer Schnee gewünscht. Jetzt hatte mein Rentier Rudolf nicht einmal mehr einen dicht beschriebenen Wunschzettel, den er mir überreichen konnte.

Ich sah hinauf zu Rudolf, der mich immer noch traurig musterte. „Gibt es denn gar nichts, was wir tun könnten?“, fragte er wehmütig.
„Nein. Es tut mir Leid“, antwortete ich. Rudolf ließ seinen Kopf sinken, was ich als Aufforderung betrachtete, ihn zu streicheln. „Meister! Ich habe eine Idee!“, schrie er so plötzlich, dass ich beinahe mit meinem fetten Hintern vom Stuhl fiel.

„Was denn für eine?“, fragte ich vorsichtig. Bei einfallsreichen Rentieren musste man vorsichtig sein. Ihre Ideen waren meist so unrealistisch wie eine Rose im Winter. „Wir schenken einfach jedem Kind einen Roboter.“, erklärte er stolz. Ich schüttelte den Kopf: "Rudolf. Ein Roboter ist so schwer zu bauen. Für einen brauche ich drei Tage und wenn wir jedem Kind einen Roboter schenken, dann sind wir bis Ostern noch nicht fertig.“ Rudolf schniefte leise: „Dann wollen Sie wohl, dass wir alle sterben und es irgendwann kein Weihnachten mehr gibt, richtig?!“

„Nein. Natürlich nicht.“, antwortete ich. Wenn ihr schon mal ein heulendes Rentier gesehen habt, dann wisst ihr, warum ich überhaupt darauf antwortete. Nichts geht einem mehr ans Herz als ein weinendes Tier. Also entschloss ich mich, den Tod auf später zu verschieben und sprang auf, obwohl ich mich wegen meines fülligen Körpers an der Stuhllehne festhalten musste, um nicht um zu fallen. „Natürlich!“, rief ich, obwohl ich nicht die geringste Ahnung hatte, was ich eigentlich sagen wollte. Rudolf hob die Augenbrauen. „Wir machen...äh...“, während ich redete überlegte ich fieberhaft, mit welcher Idee ich die Lücken zwischen den Punkten füllen sollte.
„Ja..?“-
„Wir müssen“-
„Ja, Meister...?“ Dann kam mir der rettende Einfall: „Wir machen ein riesiges Fest an Weihnachten! Und jedes Kind bekommt eine Einladung.“ „Meister...das ist...das ist der beste Einfall seit 2008“, lobte mich Rudolf. Ich nickte stolz und fing an, eine Liste mit den wichtigsten Utensilien zu schreiben. Rudolf machte sich an die Einladungen. Es war alles bereit für das tollste Weihnachtsfest in Jahre 2099.

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Autorin / Autor: rosenrot - Stand: 10. November 2008