Der Auftrag der Baramider

Einsendung zum Schreibwettbewerb "Eine angelehnte Tür" von Beltz & Gelberg und LizzyNet

Johanna liegt in ihrem Bett. Sie fühlt sich sicher und geborgen. Hinter ihrer angelehnten Tür hört sie, wie ihre Mutter leise rumort. So ist es jeden Abend. Weil Johannas Vater eines Tages einfach verschwand, kennt sie es gar nicht mehr anders, als dass sie nur mit ihrer Mutter alleine lebt. Als Johanna schon fast schläft, kommt ihre Mutter ins Zimmer und streicht ihr über den Kopf. Jetzt kann Johanna beruhigt einschlafen.
Es ist dunkel. Müde reibt sich Johanna die Augen. Da! Hinter ihrer angelehnten Tür taucht ein Lichtschein auf, der schnell hin und her huscht. Ihr läuft ein eiskalter Schauer über den Rücken und sie fängt an zu zittern. Ihre Mutter schläft doch sicher schon längst, denn heute hat sie so viel garbeitet. Also ist dort ein Fremder hinter der Tür. "Wer kann das bloß sein“,denkt Johanna zähneklappernd, "wer will meiner Mutter und mir etwas böses antun?“
Plötzlich öffnet die Tür sich knarzend. Johanna erwartet einen Mann, der sie bedroht, doch dort ist nichts. Der Lichtschein kommt von dem Boden. Sie traut ihren Augen kaum: Dort am Boden steht ein Mann in der Größe eines Gartenzwerges, der einen leicht schimmernden Umhang trägt. Er hat ein kleines Krönchen auf dem Kopf und verbeugt sich tief vor Johanna.
Stockend flüstert sie: "Wer bist du? Und was hast du in meinem Zimmer verloren?“ "Ich bin König Andrand, der Erste, aus Baramien. Wir wohnen in Wäldern, zwischen den Wurzeln von Bäumen. Doch wir werden bedroht und es ist schrecklich! Wir wissen nicht wer-oder was uns bedroht, aber du bist nach einer uralten Legende dazu berufen uns zu befreien“, erzählt Andrand hoheitsvoll. Johannas Augen werden immer größer. Um sich zu vergewissern, dass sie nicht schläft, zwickt sie sich in den Arm,doch sie ist hellwach. "Was soll ich denn tun“, meint Johanna, "ich bin doch so ängstlich, die ängstlichste aus meiner Klasse.“ "Tja, du bist das Mädchen aus der Legende. Wirst du uns nun helfen“, fragt Andrand. Mit fester Stimme antwortet sie: "Ich werde tun was ich kann; ich lasse euch auf gar keinen Fall im Stich. Aber wie kommen wir eigentlich nach Baramien?“ Andrand antwortet während er sein Krönchen zurechtrückt: "Wir werden zu Fuß gehen. Es ist ein schöner Weg dorthin!“ Leise streckt Johanna ihre Beine aus dem Bett und steht auf. Sie denkt an ihre Mutter. Ihr wird es das Herz brechen, wenn jetzt auch noch Johanna verschwindet. "Ach was, ich komme ja bald wieder“, meint sie zuversichtlich. Sie schlüpft in ihre Jeans, ihr T-Shirt und ihren Lieblingspullover. Andrand fragt: "Könnetst du ein wenig Proviant für uns beide mitnehmen? Es ist nämlich ein weiter Weg bis Baramien.“
"Das ist für mich kein Problem“, antwortet Johanna aufgeregt. Auf leisen Sohlen schleichen die beiden in die Küche und packen einiges ein. Bananen, Äpfel, Kekse, Brot, Wurst und noch vieles, vieles mehr. Als sie an dem Zimmer von Johannas Mutter vorbeikommen ,schleicht sie hinein und gibt ihrer Mutter einen Kuss auf die Stirn. Drängelnd flüstert Andrand:,, Könnten wir jetzt bitte gehen ?“ Johanna schließt die Tür des Schlafzimmers. Das Mädchen macht sich mit dem König der Baramider auf den Weg, um ein Volk zu retten. Als die beiden durch die Straßen von Johannas Heimatstadt gehen, denkt sie still nach:,, Wenn die Tür ihres Zimmers heute geschlossen gewesen wäre, hätte Andrand diese Tür niemals öffnen können, denn er ist zu klein...und alles wäre anders gekommen.“ Mit einem etwas mulmigen Gefühl folgt sie dem König .

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Autorin / Autor: Afra, 12 Jahre - Stand: 15. Juni 2010