Die Versuchung

Einsendung zum Schreibwettbewerb "Eine angelehnte Tür" von Beltz & Gelberg und LizzyNet

Es wäre wahrscheinlich besser gewesen, nicht durch diese Tür zu gehen. Ich denke, mein Leben wäre viel sinnvoller, wäre ich nicht hindurch gegangen.
Ich war viel draußen, denn das ist ja auch gesund. Eines Tages war ich auf einem Feld, dort stand eine Tür mitten auf dem Feld. Ich ging um die Tür herum, doch auch hier war nur die Tür zu sehen. Ich schob sie auf, denn sie war nur angelehnt. Auch als ich durch sie hindurch sah, sah ich das Feld. Doch irgendwie war etwas anders. Das Feld war fruchtbar, der Himmel war blauer als blau und die Sonne schien und es war Sommer.
Es war das gleiche Land, der gleiche Ort, doch es war irgendwie ganz anders. Ich ging nun jeden Tag durch diese Tür und verbrachte sehr viel Zeit dort. Es war alles wunderschön und ich genoss es. Eines Tages war in meiner Welt alles okay. Die Sonne schien und es war sehr warm. Trotzdem ging ich zur Tür. Es war mittlerweile eine Gewohnheit geworden. Schon fast eine Sucht. Nur leider war in der Welt hinter der Tür nicht alles okay. Es regnete. Es war kalt und grau. Man hatte ziemlich miese Stimmung dort. Normalerweise hört man Kinder lachen und Erwachsene quatschen, doch nun war alles umgekehrt. Die Kinder weinten, die Erwachsenen stritten sich. Je länger ich dort war, desto weniger Lust hatte ich zu bleiben. Doch ich vergaß allmählich, wo ich her kam, wer meine Familie war. Ich war jetzt schon vier Stunden in diesem geheimnisvollen Land und hatte mittlerweile keinen Schimmer mehr, ob es noch eine andere Welt gab. Also lebte ich dort. Ich vergaß, dass es eine Tür gab, ich vergaß auch, dass ich schon längst hätte zurück sein sollen. Ich könnte euch erzählen, was aus mir geworden ist. Wenn ich das nicht auch vergessen hätte. Dieses Land ist zur Alltäglichkeit geworden und ich lebte mitten drin. Das war nun mal meine Geschichte. Heute weiß ich, dass es eine Tür gibt, doch ich bin immer noch hier. Ich weiß auch, dass ich eine Familie habe, doch ich weiß nicht wo sie ist.
ENDE!

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Autorin / Autor: Dilara, 12 Jahre - Stand: 10. Juni 2010