Das düstere Kellergewölbe

Einsendung zum Schreibwettbewerb "Eine angelehnte Tür" von Beltz & Gelberg und LizzyNet

Es war Samstag, der 12. Juni. Das war ein besonderer Tag. Nur außer meiner Familie und mir schien das keiner zu wissen. Das war schon sehr enttäuschend. Immerhin war heute mein 15. Geburtstag und meine Freunde kannten mich schon sehr lange. Aber keine einzige Freundin hatte bis jetzt angerufen. Plötzlich riss mich die Stimme meiner Mutter aus meinen Gedanken: „Jana, kommst du mal bitte?“ Ich schlurfte in die Küche, um nachzusehen was meine Mutter jetzt schon wieder von mir wollte. „Schätzchen, kannst du bitte für mich ein Buch aus der Bibliothek abholen?“, bat sie mich. „Klar doch, kann ich machen“, antwortete ich genervt. Meine Mutter, die mir meine schlechte Laune gleich angesehen hatte, meinte: „Bestimmt findest du da auch ein schönes Buch für dich.“ Sie nannte mir den Buchtitel und ich machte mich auf den Weg.

Als ich dann sie Bibliothek erreichte, war es merkwürdigerweise relativ leer. Aber an diesem Tag wunderte mich gar nichts mehr. Ich schlenderte erst mal in die Jugendabteilung, fand aber nichts Ansprechendes. Also beschloss ich, nach dem gewünschten Buch meiner Mutter Ausschau zu halten. Endlich hatte ich es gefunden und zog es aus dem Regal. Ich hatte es eilig nach Hause zu kommen, da fiel mein Blick auf einen Zettel, der aus dem Buch lugte. Auf diesem stand: „Geheime Übergabe am 12.6.10 im alten Bücher­lager.“  Meine Neugier war geweckt. Was für eine geheime Übergabe? Und was für eine altes Bücherlager? Plötzlich fiel mir eine, mir noch nie aufgefallene Tür, auf. Sie lag, kaum sichtbar, am Ende des Korridors. Ich lief gleich zu ihr. Mir stach sofort das Schild mit der Aufschrift „Betreten strengstens verboten!“ ins Auge. Aber was war das? Die Tür war nur angelehnt! Ich entdeckte ein weiteres Schild, links neben der Tür, auf dem „Altes Bücher­lager“ stand. Aus welchem Grund auch immer, machte ich die Tür weiter auf. Es war stockfinster und ich konnte meine eigene Hand vor meinen Augen nicht mehr erkennen. Ich machte ein paar Schritte ins Unge­wisse und stürzte abrupt in die Tiefe. Ich war so überrascht, dass der Schrei in meinem Hals stecken blieb. Ich war in einer langen, kurvenreichen Rutsche gelandet und landete kurze Zeit später auf einem kalten, steinigen Boden. Da fiel mir der Spruch wieder ein: "Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende". Noch leicht benommen von der rasanten Fahrt, rappelte ich mich wieder auf und klopfte mir Staub von der Hose. Langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit und ich sah mich um. Na toll, die Rutsche komme ich aber nicht wieder hoch, schimpfte ich vor mich hin. Ich befand mich in einem düsteren Keller­ge­wölbe. Zwischen vielen Bücherregalen, hingen unzählige Spinnenweben von der Decke. Hier lagern also die alten, ausrangierten Bücher, dachte ich. Ich ging zum erstbesten Bücherregal und zog wahllos ein Buch heraus – und erschrak. Die Seiten lösten sich vom Buchrücken und landeten zerstreut auf dem Boden. Ich entdeckte Bissspuren und vermutete, dass dies das Werk von den Ratten war, auch wenn ich keine Rattenexpertin war. Auf einmal hörte ich leise Musik und sah einen schwachen Lichtstrahl aus dem nebenliegenden Raum. Da öffnete sich quietschend und knarrend eine Tür und bevor ich kapierte, was eigentlich los war, stürzten zehn Gestalten auf mich zu. Ich schrie und wollte fliehen, doch das war unmöglich.
In diesem Moment riefen sie: „Happy Birthday, Jana!“ Da erkannte ich alle meine Freunde, die mich heute „vergessen“ hatten. Die Musik wurde lauter und es wurden bunte Lichter angeschaltet. Ich schlug mir den Bauch am köstlichen Büffet voll und war einfach nur glücklich, dass meine Freunde mich NICHT vergessen hatten.

Als ich zuhause ankam, dachte ich nur noch: Wäre die Tür nicht angelehnt gewesen, hätte ich womöglich meine gut geplante Geburtstagsfeier verpasst! Der Zettel sollte mich auf die angelehnte Tür aufmerksam machen. Und die Rutsche, wie ich später erfuhr, wurde schon von dem verrückten, ehemaligen Besitzer der Bibliothek errichtet. Was soll ich noch sagen?

Ach ja, mein Tipp: Man sollte nicht einfach durch angelehnte Türen spazieren, denn von der Rutsche habe ich immer noch blaue Flecken.

ENDE

Zur nächsten Einsendung

Autorin / Autor: Veronika & Yvonne, 14 Jahre - Stand: 9. Juni 2010