Gleichberechtigung macht fit in Mathe

In "emanzipierten" Ländern rechnen Mädchen gleich gut

Dass Mädchen in Mathe durchschnittlich schlechter abschneiden als Jungs, sie dafür aber im Lesen weit übertrumpfen, ist inzwischen mehr als bekannt. Woher aber kommt dieser Unterschied? Ist er angeboren, anerzogen oder ist er ein Produkt des Schulunterrichts? Darüber streiten sich WissenschaftlerInnen schon seit geraumer Zeit. Eine neue Studie unter dem Titel "Culture, Gender, and Math" wirft nun einen neuen Erklärungsansatz in die Diskussionsrunde: Den Faktor Gleichberechtigung. Die These: In Gesellschaften, in denen es eine große Chancengleichheit gibt, sind die Unterschiede zwischen Mädchen und Jungs in Mathe offenbar wesentlich geringer.

*40 Länder im Visier*
Professor Paola Sapienza und ihre KollegInnen von der Kellog School of Management (Northwestern University, Illinois) nahmen sich aus den PISA-Ergebnissen des Jahres 2003 die Daten von 40 Ländern zu Mathematik- und Lesefähigkeiten vor und setzten sie mit Zahlen in Beziehung, die etwas über Gleich- bzw. Ungleichheit zwischen den Geschlechtern aussagen. Dazu benutzten sie den Gender Gap Index (GGI) des Weltwirtschaftsforums und Angaben zu Berufstätigkeit und politischer Teilhabe von Frauen.

Mehr Gleichberechtigung, bessere Mathechancen

Die Auswertung brachte einen eindeutigen Zusammenhang zwischen gesellschaftlicher Gleichberechtigung und den mathematischen Fähigkeiten der Mädchen zutage. In der Türkei, wo der Gender Gap Index sehr gering ausfällt, weil die Kluft zwischen den Geschlechtern groß ist, schnitten die Mädchen im Vergleich um fast ein Viertel schlechter ab als die Jungs. Länder wie Schweden, wo die Gleichberechtigung weiter fortgeschritten ist, wiesen dagegen laut PISA-Test kaum Geschlechtsunterschiede in der Rechenfähigkeit auf, und in Island, einem Land mit hohem Gender Gap Index schnitten die Mädchen sogar besser ab als die Jungs.

Ängstliche Mädchen rechnen schlechter

Die WirtschaftswissenschaftlerInnen entdeckten auch einen Zusammenhang zwischen ihren Daten und den Angaben, die die SchülerInnen im Pisa-Test zu Selbstvertrauen und Ängstlichkeit in Mathe gemacht hatten. Je mehr Selbstvertrauen in Bezug auf ihre Rechenfähigkeit vorhanden war, desto eher stiegen die Leistungen der Mädchen.

*Jungs profitieren nicht*
Interessanterweise hatte aber ein höherer Gleichberechtigungsfaktor keinen positiven Einfluss auf die Lesefähigkeit von Jungs. Die wurde sogar eher noch schlechter. Woran das liegt, weiß allerdings bisher noch niemand.

Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 2. Juni 2008