Eingefrorene Mimik schwer lesbar

Forschung: Gesichtsausdruck ist ein dynamisches Phänomen

Beim Betrachten eines Fotos fragt man sich oft, wie die abgebildete Person eigentlich guckt. Fröhlich? Verliebt? Verärgert? Tatsächlich ist eine auf diese Weise eingefrorene Mimik schwerer zu deuten, wie Tübinger Forscher vom Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik herausgefunden haben. Wir erkennen einen Gesichtsausdruck deutlich besser, wenn sich dieser natürlich bewegt und zwar mindestens 100 Millisekunden lang. Ist die Aufnahme kürzer, ist unser Gehirn nicht in der Lage, den Ausdruck des anderen zuverlässig zu deuten. Die dynamischen Informationen, die in den unterschiedlichen Mimiken vorkommen, beruhen auf unterschiedlichen Bewegungsabläufen. Manche Gesichtsausdrücke entstehen durch eine Kopfbewegung, wie zum Beispiel ein Nicken oder Kopfschütteln, andere durch komplexe Verformungen unseres Gesichts, beispielsweise einem Naserümpfen, um Ekel zu signalisieren oder einem Runzeln der Stirn.

Statische Gesichter sind schwer zu deuten

Um zu untersuchen, in wie weit man die Stimmungen eines Gesprächspartners an Hand der Mimik erkennen kann, zeigte man Testpersonen Bilder von Menschen mit unterschiedlichen Gesichtsausdrücken, darunter einfache emotionale Ausdrücke wie glücklich und traurig, aber auch komplexere wie Zustimmung, Verwirrung oder Überraschung, die der Betonung von Worten in der Unterhaltung dienen. Um zu vergleichen, ob bewegte oder statische Bilder besser erkannt werden, wurde den Testpersonen sowohl eine kurze Videosequenz der Mimik vorgespielt als auch ein Bild derselben gezeigt. Die Testpersonen mussten dann jeweils eine Emotion dem Bild oder der Videosequenz zuordnen. In weiteren Versuchsreihen wurde ihnen eine Bilderreihe einer Mimik gezeigt. Obwohl die Testpersonen diesmal nicht nur ein Bild, sondern den ganzen Verlauf als Fotocollage sehen konnten, erkannten die Probanden die Gestik auf der Filmsequenz besser.

Reihenfolge und Dynamik sind entscheidend

Um heraus zu finden, in wiefern das Erkennen der Mimik von der Bewegung abhängig ist, zeigte man den Probanden diesmal wieder eine Videosequenz. Diese bestanden aus 25 Bildern pro Sekunde, womit der Eindruck einer fließenden Bewegung vermittelt wurde. In dieser Versuchsreihe jedoch wurden die einzelnen Bilder durcheinander gewürfelt und erneut abgespielt. Auch diesmal erkannten die Testpersonen die Mimik in den Originalvideosequenzen besser. Dies zeigt, dass weder mehrere Bilder noch die Bewegung allein von Bedeutung sind, sondern die Kombination der richtigen Reihenfolge und der dynamische Ablauf der Gesichtsbewegungen. Auch die zeitliche Richtung muss stimmen. Spielt man die Filmsequenzen rückwärts ab, erkannten die Probanden die Stimmungen deutlich schlechter.

Gesichtsanimationen für Avatare

"Gesichtsausdrücke sind ein dynamisches Phänomen umd müssen, genauso wie Körperbewegungen oder Gesten, mit Hilfe von Videos untersucht werden, um ein genaues Bild von der Verarbeitung dieser wichtigen kommunikativen Signale erstellen zu können", sagte Christian Wallraven, Leiter der Studie. "Unsere Ergebnisse haben auch für die Computeranimation eine große Bedeutung, da es deren Ziel ist, künstliche Avatare und Gesichtsanimationen zu schaffen, die vollkommen realistisch und glaubwürdig kommunizieren können", so der Physiker und Wahrnehmungswissenschaftler.

Quelle:

Autorin / Autor: Pressemitteilung / Redaktion - Stand: 22. Dezember 2009