Heute Pelz, morgen Tierschutz

janine schreibt darüber, wieso Aktivismus heute in ihren Augen so "in" ist

Ich bin selbst überzeugte Tierschutzaktivistin, Mitglied bei der WWF–Jugend und stehe im Aktivistennetzwerk von Peta. Das war ich schon lange bevor Pro 7 auf seinen „Green Seven“ - Monat kam. Aber ich finde die Entwicklung überaus interessant, woher kommt auf einmal das große Interesse am Tier- und Umweltschutz?

Früher gab es kaum etwas Cooleres als Pelz zu tragen, das ist noch gar nicht so lange her, wie manche von uns gerne glauben möchten. Heute werden Geschäfte, die Pelz verkaufen, boykottiert und Designer wie John Galliano, die noch immer auf Pelz schwören, werden öffentlich niedergemacht. Autoren verdienen sich eine goldene Nase mit Büchern für veganes Essen; jeder, der in der Welt der Promis heute noch angesagt sein möchte, zieht sich für Peta aus oder unterstützt Greenpeace. Aktivia arbeitet mit dem WWF zusammen für eine recycelbare Verpackung; meine Lieblingsfischstäbchen für nachhaltige Fischerei. Doch wieso auf einmal dieser große Sinneswandel und ist es wirklich eine Überlegung wert?

Ich als überzeugte Aktivistin kann das nur mit Ja beantworten. Den Wandel kann ich mir nur erklären, weil die Leute gemerkt haben, dass er auch in den Köpfen der Menschen vorging. BSE, Dioxin und undichte Atomkraftwerke; Neuansiedlung vieler Tierarten und Zooskandale scheinen ihre Wirkung endlich erreicht zu haben. In den Köpfen der Leute ist ein Schalter umgelegt worden und die Konsumgesellschaft fing an zu hinterfragen. Woher kommt überhaupt, was ich esse? Oder was ich trage? Dabei ging es nicht mehr nur um das Ursprungsland – plötzlich war auch die Frage danach, wie gut hatte es das Tier oder wie setzt sich dieser Großhändler dafür ein, dass unser Ozonloch nicht noch größer wird? Wie Bio ist mein Müsli eigentlich und ist es heute noch vertretbar Fleisch zu essen?
Viele der großen Sterne am Promihimmel sind bereits seit längerem Vegetarier, Tierschützer oder leben sogar gänzlich Vegan. Das ist kein neuer Trend mehr, auch in meinem Bekanntenkreis gibt es Veganer und Vegetarier. Ihre Zahl nimmt täglich zu, besonders da es durch die Lebensmittelindustrie mittlerweile zu fast allem eine fleischlose Variante gibt – oder auch eine gänzlich untierische. Es schmeckt sogar gleich und ist häufig sogar gesünder als Fleischkost, was für viele wohl ebenfalls ein Grund ist es auszuprobieren.

Immerhin können die Leute ja auch nicht überhört haben, dass die Deutschen den Amerikanern in Sachen Fettleibigkeit bereits Konkurrenz machen. Schlank ist in – das war schon immer so – aber heute ist auch fit verdammt in. Und dafür eignet sich eine bewusste Ernährung gut, bei der man früher oder später mit dem Vegetarismus konfrontiert wird.

*Die Masche Tier- und Umweltschutz*
Leider wird der Durchschnittsmensch mit der Masche vom Tier- und Umweltschutz auch mal gerne über den Tisch gezogen. Ihr kennt ja sicher alle die Werbung von Katjes mit Alexandra Neidel. „Wir Vegetarier sollen den Tieren das Essen weg essen?“ - Blödsinn und ein riesen Schwindel, wie ich finde. Denn Fakt ist ja wohl, dass Tiere sich nicht von Süßigkeiten ernähren und nicht alles, was ein Tier schützt, auch die Umwelt schützt. Ich durfte mir schon oft anhören, ich solle lieber auf Sojaprodukte umsteigen, wenn ich eine wirkliche Tierliebhaberin bin. Darauf konnte ich nur erwidern, dass ich aber auch meine Umwelt liebe und dann war meist schweigen. Denn was wohl kaum Jemand weiß ist, dass die Sojaplantagen Regenwald kosten. Je mehr Menschen nach Sojaprodukten verlangen, desto mehr muss angebaut werden. Und dafür benötigt man Platz – um den zu schaffen werden Wälder gerodet und wir verlieren erneut tausende von tropischen Pflanzen, Hölzern und Tieren.

Mit dem Biodiesel war es genau dasselbe. Nicht nur, das Niemand eine Ahnung hatte, ob der Wagen es verträgt. Um so viel Diesel herzustellen, damit wir vom Erdöl nicht mehr abhängig sind, dürften wir auf unseren Feldern nichts anders mehr anbauen und damit würde die Menschheit wohl irgendwann verhungern oder vom immer teuer werdenden Export abhängen. Um ihre neuen Elektroautos zu fördern wollen Mercedes und Audi Windkraftanlagen bauen – cool, verschandeln wir die eh schon strapazierten Meere für das Geld, wieso auch nicht!

*Ernsthafter Einsatz ist gefragt!*
Fakt ist, dass der heutige Aktivismus vieler Menschen nichts weiter als Augenwischerei ist. Es bringt uns nichts weiter unser Gewissen damit zu beruhigen, dass wir vegetarisch leben und auf alle hinab sehen, die es nicht tun. Es reicht nicht ein Elektroauto zu fahren oder sauber seinen Müll zu trennen. Das sind nur Anfänge – und Extremismus hat uns sowieso noch nie geholfen. Was wir wirklich brauchen, neben all diesen guten Ideen, sind Leute, die sich noch ernsthaft dafür einsetzen. Wir brauchen Leute, die sich nicht zu fein sind ihren Mund aufzumachen und Designern, Politikern und Autoherstellern zeigen, dass sie die Lage so nicht länger hinnehmen wollen. Wir brauchen keine Promis, die für eine Gala nett in die Kamera lächeln, das Schicksal armer kleiner Küken betrauern und danach Chickenwings essen.

Hör auf damit und lebe dein aktivistisches Leben, wie du es für richtig hältst. Schon allein immer wieder darauf hinzuweisen, und wenn die gesamte Umwelt noch so entnervt ist, dass irgendetwas so nicht richtig ist, kann helfen. Schon sich zu weigern die Klappe zu halten, wenn der Nachbar mal wieder viel zu grob mit seinem Hund umspringt oder statt fünf Minuten Autofahrt zehn Minuten Busfahrt in Kauf zu nehmen oder gar Fußweg kann helfen. Auf jeden Fall sollte Niemand von uns den Mund halten, wenn ihm ernsthaft etwas an seiner Umwelt und seinen Tieren liegt.

Und das Letzte, was ich hier anfügen möchte, ist, lasst euch nicht verunsichern. Meine Mutter erlaubt mir keinen vegetarischen Lebensstil, sieht meine WWF–Jugendmitgliedschaft als Phase an und zeigt null Interesse an meinen Aktivitäten. Sie und auch der Rest meiner Familie wollen nichts davon hören und nehmen meine Meinung nicht ernst. Aber es ist mir egal – und euch sollte es das auch sein. Ihr steht nie alleine da und es ist eure Entscheidung. Sollen die Anderen sagen, was sie wollen – wenigstens müsst ihr euch später keine all zu großen Vorwürfe machen!

Autorin / Autor: Janina - Stand: 24. Mai 2011