Das Seilchenspring-Klischee

Mädchen mit langen Stoffseilchen hüpfen hechelnd und unbeholfen herum und triumphieren, wenn sie zwei Sprünge geschafft haben? Definitiv Vergangenheit, denn jetzt kommt Rope Skipping!

So sieht Rope Skipping aus

Rope Skipping? Ja, richtig gehört, Rope Skipping. Wer hier nur Bahnhof versteht, liegt falsch. Denn Rope Skipping ist das englische Wort fürs „Seilchenspringen“. Nun geht bei vielen das Kopfkino an: Kleine Mädchen mit langen Stoffseilchen hüpfen hechelnd und unbeholfen herum und triumphieren, wenn sie zwei Sprünge geschafft haben. Lacher garantiert.

Aber Rope Skipping im 21. Jahrhundert ist kein Klischeehobby, sondern ein Leistungssport. Unerfahrene sind schwer beeindruckt, wenn sie zum ersten Mal bei dieser Sportart zusehen. Ein weißes Seil mit langen Griffen wird um den Körper herum geschleudert, Handstand, Radschlag, Saltos im Seil gemacht. Das alles zum Takt der Musik. Und wer’s gern schneller hätte, greift zum Drahtseil. Vor dem Springen noch siegessicheres Honigkuchengrinsen, stöhnt man nach einer Minute „Speed“. Rote Striemen überall auf dem durchtrainierten Sportler-Körper. Rope Skipping tut auch mal weh, denn ein Drahtseil besteht, wie der Name schon sagt, aus Draht. Wie war das noch einmal mit dem belächelten „Seilspringen“ aus der Steinzeit? Schwarz-Weiß-Videos mit zöpfchenfrisierten Töchterchen und ihrem liebsten Begleiter, dem Springseil? Gefilmt von Papi, der es rührend findet, dass sein Kind jetzt übers Seil kommt? Das ist wirklich Vergangenheit. Seilspringen wurde längst recycled und hat sich zum Trendsport etabliert. Ob chinesische Sportgruppen im Schwarze-Haare-Partnerlook, charmante französische Jugendliche mit Sixpack oder vollschlanke amerikanische Burger-Kids: Auf unserer ganzen Erdkugel schwitzen Leute beider Geschlechter und aller Generationen (ausgenommen 50+) beim Hüpfen.

Doch wenn auch der Couch-Potato Großmutter aus ihrem Schaukelstuhl gerissen wird, geht’s ab. Nach einem kurzen Auftritt der Skipper-Nachwuchstalente am Tag der offenen Tür, geht eine der begeisterten Damen aus der Nachbarschaft zum Selbstversuch über. Wie man das Seil richtig hält, weiß sie schon mal. Ein Griff in der rechten, einer in der linken Hand. Ihre Kaffeekränzchen- und Quatertaschen-Freundinnen stehen am Rand der Turnhalle und bejubeln ihre talentfreie Freundin. Diese bestätigt, was die Umstehenden längst gemerkt haben: „Huihui, ist das anstrengend für so eine alte Dame wie mich!“ Das faltige Gesicht wird zu einem Lächeln verzogen und nach einem Spring-Versuch aufgegeben. Mit orthopädisch weißen Sandalen springt es sich sowieso nicht so gut.

P.S.: Wer es sich mal ansehen möchte, geht einfach auf youtube.de unter "Rope Skipping"

Autorin / Autor: Annika - Stand: 28. April 2011