Burning

Einsendung von Hannah, 15 Jahre

Ich war abkommandiert worden, einfach so, ohne Vorwarnung. Sofort musste ich weg nach Kalifornien, um dort die Waldbrände zu löschen. Irgendwie fragte ich mich, warum so ein Aufwand betrieben wird, um die Feuer zu löschen. Ich verstand ja, dass sie nicht auf Siedlungen übergreifen sollten, aber warum lässt man sie nicht brennen. Ein paar Hektar Wald, was macht das denn für einen Unterschied?

Nun war ich in Kalifornien angekommen. Ich wohnte fürs erste in einer Hüttensiedlung in mit vielen anderen Feuerwehrmännern. Nie hat man seine Ruhe und wir müssen uns die Küche und die Sanitäranlagen teilen. Was soll das bitte? Ich will hier sofort weg!
Außerdem ist der Himmel dunkel und es stinkt gewaltig. Das ist viel schlimmer als bei anderen Bränden. Verzweiflung machte sich in mir breit.

Mein erster Einsatz war viel schlimmer, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich wusste nicht, dass die Waldbrände hier so heftig wüteten. Aber obwohl der Anblick ein echter Schock für mich war, war etwas anderes viel schlimmer: Das pausenlose Arbeiten. Schneisen fällen, Hubschrauber fliegen und natürlich löschen. Das Schlimmste war, dass die hier nicht genügend Personal haben. Wir konnten alle paar Stunden mal ein Nickerchen machen, mussten aber ansonsten durcharbeiten. Das ist Schinderei! Warum denken die nicht an die Feuerwehrleute?

Bei meinen zweiten Einsatz mussten wir mehrere Dörfer evakuieren. Ein kleines Mädchen wurde vermisst und die Eltern weigerten sich, ohne es zu gehen. Das fand ich echt unfair uns gegenüber. Ich meine, wir schuften uns einen ab, um für ihre Sicherheit zu sorgen und dann denken sie nur an ihre kleine Prinzessin. Aber da meine „tollen“ Kollegen und ich sie nicht überzeugen konnten, zu gehen, mussten wir uns schließlich auf die Suche nach dem dummen kleinen Kind machen.
Hier gab es außer mir wohl nur Spinner!
Mir kam die Aktion ganz gelegen. Ich lief ein ganz schönes Stück in den Wald hinein und tat so, als würde ich suchen. Aber weil ich so fertig vom ganzen Schuften war, nutzte ich die Gelegenheit, legte mich hin und schlief ein.
Noch im Halbschlaf stieg mir so ein komischer Geruch in die Nase. Schnell schlug ich die Augen auf: Rauch, da war überall Rauch und ich hörte das Züngeln von Flammen. Der Schock kam verspätet, weil ich eine Weile brauchte, um das unbegreifliche zu verstehen. Ich was umgeben von Feuer. Es gab kein Entkommen. Gerade als ich mich wieder hinlegen wollte, um im Schlaf vom Tod übermannt zu werden, tippte mich jemand an. Ich drehte mich um und sah ein kleines Mädchen, das mich mit seinen tiefblauen Augen engelsgleich anschaute. War das etwa Prinzeschen? Auf jeden Fall summte sie vor sich hin. Das arme kleine Kind. Es ahnte wohl noch nichts von seinem Schicksal. Langsam begann es dann aber zu begreifen und schmiegte sich ängstlich an mich. Nun hieß es abwarten. Ich drückte Prinzeschen an mich, legte mich hin und wollte einschlafen, aber das gelang mir nicht. Zu viele Gedanken spukten mir im Kopf herum. Die Flammen züngelten immer höher und langsam wurde ich panisch. Konnte es nicht doch irgendeinen Weg für Prinzesschen und mich geben zu entkommen? Ich schrie wie ein Verrückter, obwohl mich natürlich niemand hören konnte und rannte aus reinster Verzweiflung mit Prinzeschen auf dem Arm in immer kleiner werdenden Kreisen umher. Als der Flammenring um uns nur noch weniger als einen Meter von uns entfernt war und ich wie verrückt schwitzte und hustete, hörte ich plötzlich ein Motorengeräusch und blickte auf. Über mir war einer unserer Hubschrauber! Und an Board alle meine Kollegen, die ich bis eben noch verspottet hatte. Kamen sie um mir zu helfen? Aber wie sollten sie Prinzeschen und mich hier wegbekommen?  Dann sah ich, dass Tobi, der mich am meisten von allen genervt hatte, an einem Seil in der Luft hing. Wollte er uns wirklich helfen? Viel Zeit blieb ihm allerdings nicht mehr. Prinzeschens Rock hatte schon Feuer gefangen und bald wären wir verloren. Quälend langsam ließen meine Kollegen Tobias immer weiter hinab. Hoffentlich würde er es noch rechtzeitig zu uns nach unten schaffen, bevor wir von den Flammen aufgefressen würden. Ich versuchte so lange, Prinzeschens Rock zu löschen, aber weil alles nichts half, riss ich ihn der vor Schmerz schreienden Kleinen kurzerhand vom Leib und warf ihn in die Flammen. Dann packte ich sie und presste sie ganz fest an mich.
Endlich war auch Tobi bei uns angekommen. Wir hatten keine Zeit für irgendwelche Sicherungen, also umklammerte er mich und ich umklammerte Prinzeschen während wir hochgezogen wurden.

Im Hubschrauber realisierte ich erst, dass meine verhassten Kollegen mir gerade das Leben gerettet hatten. Und jetzt verstand ich endlich. Man konnte keine Feuer alleine bekämpfen! Wir waren eine Gemeinschaft und nur zusammen konnten wir Erfolg haben. Ich hatte ganz vergessen, wie viel Spaß mir meine Arbeit macht und beschloss deshalb, von nun an mein Möglichstes zu tun und notfalls eben auch viele Stunden am Stück durchzuhalten. So könnte ich die ganze Schuld, die ich auf mich geladen hatte begleichen und viele Leben retten.
Prinzeschen fing derweil an zu weinen:“Die armen Bäume, die armen Tiere. Ich habe zwar überlebt, aber die mussten sterben.“
Es waren doch nur Bäume. Aber sie hatte irgendwie recht. Ich hatte nämlich außerdem in den letzten Jahren vergessen, wie schön so ein Wald mit seinen vielen Tier- und Pflanzenarten sein konnte und als wir jetzt über ein noch intaktes Waldstück flogen, traten mir die Tränen in die Augen  und endlich begriff ich: Solche Wälder zu schützen, das war meine Berufung. Natürlich würde ich allein nicht viel erreichen können, aber für jeden einzelnen Baum lohnte es sich, zu kämpfen, denn für jeden einzelnen Baum machte es einen Unterschied, genau wie es für Prinzesschen und mich DEN Unterschied gemacht hatte. Von Zuversicht erfüllt, war ich bereit, bereit für den Rest des harten Sommers und alle  weiteren, die noch folgen würden. Ich würde brennen für meine Berufung, mehr brennen, als alle Wälder es je tun würden

Autorin / Autor: Hannah