Interview mit Elisabeth Pähtz

Fragen an die beste Schachspielerin Deutschlands

Elisabeth Pähtz, Foto: Sascha Fromm

IM (International Master) Elisabeth Pähtz ist momentan auf Platz 20 der besten Spielerinnen der Welt und auf Platz 1 der besten Spielerinnen Deutschlands. Die gebürtige Erfurterin spielt seit ihrem 5. Lebensjahr Schach und hat zahlreiche Siege in diesem „königlichen Spiel“ erreicht. In einem Interview unterhalte ich mich mit ihr über ihren sportlichen Werdegang!

*Was gefällt Ihnen an Ihrem Leben als professionelle Schachspielerin am meisten?*
Die Freiheit zu haben, zu entscheiden, wie ich meinen Alltag gestalte, an welchen Wettkämpfen ich teilnehmen möchte und wie ich meinen Trainingsplan aufstelle. Das Reisen und neue Menschen und Kulturen kennenzulernen ist ein zusätzlicher Bonus, den ich vor allem zu Coronazeiten deutlich vermisse. In den über 20 Jahren, in welchen ich Profi gewesen bin, habe ich viele enge Freundschaften aufbauen können. Diese Vorzüge hat man selten in anderen Berufen.

*Wie alt waren Sie, als sie sich für eine professionelle Schachkarriere entschieden haben?*
Ich wusste bereits als 14-Jährige, dass ich Schachprofi werden möchte. Ich war zur damaligen Zeit schon in der Nationalmannschaft, und der Weg zur deutschen Nummer 1 war nicht mehr allzu weit entfernt. Drei Jahre später hatte ich dann dieses Ziel erreicht und das gab mir genügend Selbstvertrauen, um eine Profikarriere einzuschlagen.

*Sie wurden zusammen mit Ihrem Bruder seit Ihrem 5. Lebensjahr von Ihrem Vater GM (Großmeister) Tobias Pähtz in Schach trainiert. Muss man Ihrer Meinung nach unbedingt mit dem Training so früh anfangen, um erfolgreich in diesem Sport zu werden?*
Ich denke, es ist schon wichtig, in jeder Sportart so früh wie möglich zu beginnen. Als Kind hat man eine sehr gute Merkfähigkeit und eine schnelle Auffassungsgabe, die man ausnutzen sollte, neue Dinge zu erlernen.

*Würden Sie sagen, dass die Beziehung zu Ihrem Vater durch seine Tätigkeit als Ihr Trainer bestärkt wurde, oder hat das im Gegenteil manchmal zu zwischenmenschlichen Problemen geführt?*
Es ist ein Fluch und ein Segen zugleich, wenn ein Elternteil auch der Trainer ist. Als Kind versteht man oftmals nicht, dass die Eltern mitunter schlimmer unter einem Misserfolg oder einer Niederlage leiden als man selbst. Erwachsene können diesen Schmerz selten gut verstecken und das Kind deutet dies mitunter völlig falsch. Auf der anderen Seite ist die Freude umso größer, wenn das Kind erfolgreich ist. Dann freuen sich beide Seiten sehr.

*Machen Sie sich schon Gedanken darüber, wie und wann Sie Ihre Schachkarriere beenden möchten?*
In den jetzigen Coronazeiten stehen viele Sportler vor dem finanziellen Aus. Es gibt zurzeit keine Wettkämpfe, damit auch keine Einnahmen und eine sehr ungewisse Zukunft. In den Randsportarten hat man im Moment fast gar keine Wahl. Der Weg vom Profi zum Trainer hat somit für mich bereits begonnen; ob es eine Kehrtwende gibt, entscheidet sich wohl mit den Entwicklungen im kommenden Jahr.

*Gab es je einen Moment in Ihrem Leben, wo Sie es bereut haben, eine professionelle Schachspielerin geworden zu sein und daran dachten, aufzugeben?*
So einen Moment gab es bei mir eigentlich nie, ausgenommen in diesem Jahr mit der Pandemie. Schach hat mir immer sehr viel gegeben: Ich habe sehr viele Länder bereist, ich habe großartige Freundschaften aufbauen können und die Atmosphäre innerhalb der Schachwelt ist einzigartig familiär.

Elisabeth Pähtz, Foto: Sascha Fromm

*Was sind die nächsten Ziele in Ihrer Karriere?*
Darüber mache ich mir ehrlich gesagt im Moment keine Gedanken, denn ich bin bezüglich der aktuellen Entwicklungen nicht sonderlich optimistisch, dass sich die Lage nächstes Jahr vollständig normalisiert.

*Ist Ihr größter Traum, in die Top 10 der besten Schachspielerinnen der Welt zu kommen, immer noch aktuell? Und wenn ja, wie lange würden Sie sich wünschen, auf diesem Platz zu verweilen?*
Ich war im September 2018 einst in den Top 10 der Welt. Natürlich war und ist dies immer ein Ziel gewesen und auch ein Traum, dort längere Zeit zu verweilen, was mir bis jetzt noch nicht gelungen ist. Allerdings habe ich zurzeit – wie viele andere Künstler, Musiker oder Sportler – ganz andere Gedanken und Prioritäten: diese schwere Zeit (vor allem finanziell) so gut wie möglich zu überstehen.

*Würden Sie sich wünschen, dass mehr Mädchen und Frauen sich für Schach begeistern?*
Natürlich! Mädchen- und Frauenschach wächst zum Glück stetig und der prozentuale Anteil nimmt jährlich zu. Das ist eine positive Entwicklung, die ich begrüße und die mich sehr freut.

*Was muss Ihrer Meinung nach sowohl in unserer Gesellschaft, als auch in der Schachwelt passieren, damit dort mehr Gleichberechtigung herrscht?*
Eine totale Gleichberechtigung (egal in welchem Bereich unserer Gesellschaft) gab es leider noch nie und wird es wohl nie geben, wenn sich die Grundeinstellung dazu nicht ändert. Das wünsche ich mir natürlich und hoffe, dass ich es eines Tages noch erlebe!

*Was für einen Rat würden Sie anderen Mädchen und jungen Frauen geben, die eine große Schachkarriere anstreben?*
Ich würde ihnen raten, dass sie für ihre Ziele und Wünsche kämpfen, keine Angst haben sollen und sich immer vor Augen halten, dass sie nicht weniger wert sind als die anderen.

*Vielen Dank für Ihre Zeit und dieses tolle Interview. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg in Ihrer Karriere und hoffe, sie erreichen Ihren Traum!*

Diese Interview mit Elisabeth Pähtz wurde am 11.11.2020 per E-Mail geführt.

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Instagram:

@elisabeth_paehtz

Autorin / Autor: Tatiana Flores / Elisabeth Pähtz