Das, was bleibt

Einsendung von Elena, 25 Jahre

Die Welt brennt.
Die Männer mit engen Krawatten sitzen an runden Tischen in sterilen Räumen mit hohen Glasfronten und die Welt brennt.
Ich sitze an meinem Schreibtisch, trinke Kaffee mit Hafermilch, studiere Luhmanns Systemtheorie und die Welt brennt.
Das Feuer lodert im Sudan, die Flammen brechen über die Wüste hinein, durch das gelobte Land, durch den Grunewald, bis vor die Tore der durch und durch industrialisierten Welt, wo im Silicon Vally der Feuerball in den Solaranlagen reflektiert wird. Doch das war nicht immer so. Wenn ich an meine Kindheit denke, tauchen Bilder von verregneten Julitagen auf, wir auf den Fahrrädern, dunkle Flecken vom Regenguss auf beiden Oberschenkeln. Es gab Winter mit Schlittenfahrten auf dem Teufelsberg, Kältefrei und Schneeballschlachten.
Jetzt ist Ostern und ich schmecke bereits das Salz des Sommers, das mir über die Oberlippe läuft. Die Welt brennt. Mache ich die Nachrichten an, so schlagen mir die Flammen entgegen. Was mit einem glimmenden Funken begann, hat sich in ein rasenden Sturm verwandelt. Das Feuer ist autark und unersättlich, hier gibt es kein Ende, nur immer neue Gluten, heiße Kohlen und schwarzen Rauch. Ich schlage mein Buch zu. Ich sehe aus dem Fenster. Die Rauchschwaden stehen verheissungsvoll über dem Asphalt. Schwarz auf grau. Die Straßen sind so heiß, sie schimmern in der Mittagshitze. Die Männer in engen Krawatten debattieren über Kohle, damit sitzen wir doch bereits auf der heißen Glut. Sie teilen Dokumente, unterschreiben mit Tinte, die wieder nur das Blut derer ist, die jenseits der Glasfront sitzen und sich die nackten Füße am Sand verbrennen. Sie unterzeichnen, schütteln kühle Hände in klimatisierten Räumen, der Pakt ist geschlossen, es brennt der Eifelturm, es brennt Angkor Wat, es brennen die Stränden von Goa, der heiße Sand wird aufgewirbelt und vermischt sich mit der Asche. Am Anfang war das Wort, dann folgte der Vertrag, doch jetzt bestimmt die Asche. Das Feuer beugt sich keiner Sprache, es kennt weder Kompromiss noch Assimilation. Ich lasse mein Fenster geschlossen und setze mich wieder an den Schreibtisch. Das Feuer draußen knistert und brodelt. Ich warte und weiß fast nicht mehr, worauf. Die Männer warten auch, obwohl sie es nicht wissen. Der Tag wird kommen, wie dieser Tag immer kommen musste, an dem es auch sie in Grund und Boden brennt. Diese Welt ist schon lange nicht mehr meine, stumm und traurig wird das Feuer uns zurücklassen, zwischen Asche und Staub und den stumpfen Wünschen einer falschen Welt.

Autorin / Autor: Einsendung von Elena, 25 Jahre