Du Bist Dran

Beitrag zum Schreibwettbewerb Morgengrün von Tamara, 19 Jahre

Weiß.
Plötzlich rieselte es hunderte Flocken von Oben herab.
Weiß.
Nicht grau.
Ja, der Himmel war nicht blau, aber die Luft war auch nicht von einem trüben Schleier durchzogen, der seinen Weg nur zu einfach in die Körpermitte fand. Es war kühl und ganz das Gegenteil von der Stickigkeit der Großstadt.
In solch ungewöhnlicher Landschaft landeten plötzlich drei sich unbekannte Personen.
Verdutzt sahen sie sich an und sogleich war ihr Blick gen Wolken gerichtet. Ein Augenpaar blitzte erfreut auf, die anderen zwei verblieben unschlüssig.
»Ist das –?«, äußerte sich eine von ihnen schließlich.
»Schnee.«, ergänzte eine männliche Stimme. »Ja. Genau wie ich ihn in Erinnerung habe.«
Sofort griffen mehrere Hände in die Höhe. Jeder wollte schneller an das ungewöhnliche Gut herankommen. So schnell, wie die Flocke in der Handfläche gefangen war, so schnell war sie auch schon wieder geschmolzen.
Es blieb keine Zeit, den Schnee weiter zu ehren und sich in seiner Pracht zu verlieren. Eine vierte Person wartete bereits auf sie und blickte mit grauen Augen und einem Lächeln auf den Lippen zu ihnen hinüber. Die Falten zwecks der Ungeduld verschwanden, als sich die drei bei ihr einfanden.
Bevor die offensichtliche Frage von einem der drei gestellt werden konnte, verhieß die Unbekannte ihre Worte, »Es freut mich sehr, dass ihr so plötzlich erschienen seid.«, sie begegnete einem jeden auf Augenhöhe. »Ich kenne euch nicht, aber es mag gesagt sein, dass ich eure Unverzagtheit schon jetzt schätze. Es liegt hier und jetzt an euch zu entscheiden, wie es mit eurer Welt weitergehen soll. Einem jeden von euch sei ein Wunsch gewährt, der die Erde wieder ins Gleichgewicht bringt. Überlegt euch gut, was ihr wollt, denn die Natur gibt keine zweite Chance.«
Dem ersten Stirnrunzeln der Angesprochenen folgte ein erstaunter, aufgeregter, fast schon besorgter Gesichtsausdruck.
»Zwecks subjektiver Einschätzung beginnst Du, Dominik! Nenne mir deinen Wunsch und erhalte durch meine Kraft die Möglichkeit ihn auszuführen.«
Dominik Augen weiteten sich bei der Erwähnung seines Namens. Er war kurz davor einen Schritt zurück zu machen, doch er räusperte sich. 
»Und es kann alles sein?«
»Alles, was dein Herz begehrt. Natürlich im Rahmen des Umweltschutzes.«

Er nickte. »Meine Fre-… Verlobte arbeitet als Meeresbiologin und so weiß ich, was für Mühen sie hat, bei dem ganzen Müll, der in den Meeren schwimmt. … Ich wünsche mir daher eine Maschine, die in der Lage ist, allen Müll auf der Welt auf biologische Weise zu verwerten.«
»So sei es geschehen!«
Mit einem Mal war Dominik verschwunden und mit ihm verringerte sich auch das Schneetreiben.

Der Blick auf einen eingefrorenen See wurde gewährt und an dessen Ufer erfuhren die zwei Frauen, was in ihrer Welt vor sich ging.
Dominiks Maschine war ein Wunder. Sie konnte Abfall richtig verwerten, ohne dass Schadstoffe entstanden. Das Endprodukt war Energie, die die Maschine dazu nutzte, sich selbst am Laufen zu halten. Mit jedem neuen Berg an Müll, der sich nicht mehr auf der Oberfläche befand, wurde man auf die außergewöhnliche Maschine aufmerksam. Schon bald feierte man Dominik als Helden.
Die Maschine war ein Unikat und kraft ihrer überirdischen Herstellung nicht nachbaubar. Nicht, dass es niemand ausprobiert hätte. Er blieb also alleine mit seiner Idee, während die Fülle an Abfall stetig wuchs.
Ja, Dominiks Wunsch brachte Veränderung, aber keine, die dem Stand der Zeit gewachsen war.
»Nun denn, so kommt dein Wunsch in Erfüllung, Barbara!«
»Das ist wirklich nicht leicht. Aber … was ich mir schon immer gewünscht habe, … ich wünsche mir die Fähigkeit Pflanzen entstehen und wachsen lassen zu können. Wie eine Superheldin mit grünem Daumen zu sein und Hunger zu bekämpfen.«
»So sei es geschehen!«
Auch Barbara verschwand in der nächsten Sekunde und hinterließ nur drei einsame Flöckchen, die ihren Weg zur Erde hinab fanden. Die spiegelglatte Oberfläche des Sees bot den perfekten Blick in ihre neue Welt.
Wie eine Heldin segelte Barbara um den Globus. Ihr neuer Beruf ließ sie an die entlegensten Orte kommen und volle Bäuche zaubern. Eine Handbewegung reichte und die verschiedensten Pflanzen, von Gemüse zu Kräutern, strahlten der Sonne entgegen. Es machte keinen Unterschied wie ausgetrocknet die Erde war, Barbaras Kraft fand einen Weg, sie wieder fruchtbar zu machen. Unerbittlich arbeitete sie an ihrem Ziel.
Sie nährte jeden kostenfrei, egal ob in ihrem Land oder außerhalb, und musste aber nach einer Zeit feststellen, dass mit den gesunden Menschen auch der vergessene Konsumgedanke wiederkehrte. Schon bald waren Verpackungen für ihre Früchte im Umlauf und sie fand sich überfordert mit dem Abfall, der dadurch entstand. Dominik konnte ihr natürlich auch nur bedingt helfen.
Ja, Barbaras Wunsch brachte Veränderung, aber keine die dem Stand der Zeit gewachsen war.
Die Unbekannte drehte sich von dem großen Teich weg und sah zu ihrer letzten Auserwählten. »Tja, jetzt bist du an der Reihe, Doreen.«
»Jetzt gleich?«
Es schien fast als würde sie mit den Schultern zucken. »Ich bin nicht dafür bekannt, Lebewesen stressen zu wollen, aber ich würde meinen, dass euch die Zeit davonläuft.«
Barbara schluckte. »Ich wünsche, dass die Menschen Bewusstsein erlangen und … auch danach ihre Handlungen richten, was für ihre Umwelt am günstigsten ist.«
»So ist es geschehen!«
Im nächsten Augenblick war Barbara verschwunden und der Schnee folgte ihrem Beispiel. 
Ob ihr Wunsch wohl seine Erfüllung findet?

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