Die Aussenseiterin - eine Gemeinschaftsgeschichte

Also, seit ich denken kann, habe ich kleine Geschichten geschrieben - die aber meistens nicht über fünf Seiten hinaus kamen. Bis ich mir dann von meiner Oma eine Schreibmaschiene borgte. Auf dieser schrieb ich 13 Seiten, die heute keiner mehr entziffern kann (Zeilen verrutschten unendlich weit nach oben, wo allerdings schon andere Sätze standen)...

Ein Geschichten-Forum

Irgendwann kam mir dann die Idee, den Anfang einer Geschichte in ein Forum zu schreiben... Na ja, und heute, nach einem Monat (!) ist die Geschichte, mit Schriftart 10 geschrieben, 24 Seiten lang! Hier möchte ich euch den Anfang eines, meiner Meinung nach, wunderschönen Buches vorstellen - mit einem Thema, mit dem ihr sicher auch etwas anfangen könnt, selbst, wenn es euch nicht so geht: Mobbing!

Ein Gemeinschaftstext vom **-Forum...

Aussenseiter?  Selbst schuld? 

Sie guckt aus dem Fenster; es schneit immer noch, obwohl es schon März ist. Manchmal denkt sie, dass es in ihr auch so aussieht wie draussen: grau und trüb. Neben ihr sitzen die Beliebten der Klasse, die, die mit ihr nichts zu tun haben wollen; die, die nur an das denken, was ihnen Spaß macht. Warum ist sie nicht so? Warum muss sie in sich selbst feststecken, jemand sein, der sie nicht sein will?
Die Scheiben, durch die sie schaute, waren schon lange nicht mehr geputzt worden und überall verdeckten Spritzflecken und anderer Schmutz den klaren Blick auf die Welt. Komisch, dass ihr solche Kleinigkeiten in der letzten Zeit immer öfter auffielen. Die laute Stimme von Caro riss sie aus ihren Gedanken. "Die dumme Kuh?" hörte sie das Mädchen sagen. Innerlich fragte sie sich, warum immer alle auf ihr rumhackten. Sie war doch eigentlich gar nicht so anders. Klar - sie sah anders aus und konnte sich auch nicht immer die neuste Kleidung leisten, aber warum war das nur so wichtig? Langsam dreht sie sich nach rechts, irgendwo ist wohl noch Hass in ihr, aber die Trauer überwiegt. Jetzt guckt sie Caro direkt in die Augen. Caro mit ihren Markenklamotten und dem Make-Up - sie ist die Klassenschönheit. Von allen umschwärmt, und das weiß sie, natürlich darf sie, Cyan, nur Carolin zu ihr sagen. "Na, Pisskuh", begrüßt sie meinen Blick, leises Kichern kommt auf, "mal wieder in der Kleidersammlung gewühlt?" Cyan wehrt sich nicht, das hat sie zu lange gemacht, und hat es was gebracht? Immer schlimmer ist es geworden. Sie guckt wieder aus dem Fenster, ihre Gesichter spiegeln sich, ein Grinsen blitzt, erst hier, dann da, einfach nicht drauf achten... Leichter gedacht als getan.  Langsam spürt sie Wut in sich aufkommen. Aus welchem Grund kann sich Caro herausnehmen sie so zu behandeln? Ist sie etwa ein besserer Mensch, nur weil sie so tolle Klamotten trägt und ein so hübsches Gesicht hat, dass kein Junge der Schule ihr wiederstehen könnte? Na, ja nicht unbedingt deswegen... Aber Caro ist beliebt, die ganze Schule kriecht ihr in den Arsch... Was soll sie, Cyan, da schon machen. Als sie sich wieder dem immer stärker werdenden Schneetreiben zuwendet, grübelt sie weiter.

Das ewige Nachdenken: Warum bin ich so wie ich bin?

Sie ist eben anders, sie ist alleine, sie ist lieber alleine als so einer Nuss hinterher zu rennen. Ja, wenn sie es so betrachtet, ist sie jetzt stolz auf sich - nicht zu diesen dummen Tussen zu gehören, die sich nur auf lächerliche Oberflächlichkeiten und Coolness beschränken. "Ja, Cyan" sagte sie leise zu sich, "du bist was Besonderes. Von so einer lässt du dich doch nicht unterbuttern." Verstohlen blickt sie zur Türreihe, in der Caro sitzt. Warum bin ich so wie ich bin? Sie könnte mich doch einfach auch in Ruhe lassen, mich so leben lassen wie ich bin, wie meine Art ist, denkt sich Cyan. Das Schneetreiben wird immer stärker, es reißt sie aus ihren Gedanken. Wie gern wäre sie ein Vogel, und würde vor alledem wegfliegen können! Einfach frei sein.... Ob es solche Machtspielchen wohl auch unter *** gibt? Nein, sicher nicht, die sind ja frei! Können einfach weiter hoch fliegen, und schon sind sie die anderen los! Schon wieder reißt Cyan etwas aus ihren Gedanken! Diesmal ist es die Pausenklingel. Jetzt gehen die Lästereien erst richtig los! Caros Freundinnen aus der Parallelklasse kommen in den Klassenraum, spähen verstohlen zu Cyan rüber, und tuscheln dann gleich mit Caro darüber, wie sie denn heute aussieht. Cyan wendet sich ab, versucht zu vergessen. Doch wie oft versucht sie das schon und schafft es einfach nicht! Wenn sie nur zu sich stehen könnte! Die Pausen sind für sie immer am schlimmsten. Da sieht sie, wie alle anderen sich unterhalten, und sie steht immer daneben und hört zu. Sie hat nichts zu erzählen; ihr passiert einfach nichts, was für die anderen von Interesse wäre. Und selbst wenn sie etwas wüsste, was sie gerne erzählen würde, würde ihr doch keiner zuhören; das weiß sie ganz genau. Alles, was sie sagt und tut, scheint falsch zu sein. Zumindest reagieren alle anderen so, allen voran natürlich Caro.

Wie kann ich da nur wieder rauskommen?

Cyan hasst Caro, aber gleichzeitig wünscht sie sich manchmal, dass sie so ähnlich sein könnte wie Caro oder dass sie zumindest Caros Freundin sein könnte. Aber das geht natürlich nicht, denn sie ist ja nur Cyan, die mit den komischen Klamotten, die, die alles falsch macht. Wie hat sie das nur vergessen können? Sie spürt die Blicke der anderen wie Pfeile in ihrem Rücken. Sie hat das Gefühl, dass alle sie anstarren, wie sie ganz allein in der Ecke sitzt, mit nichts als Leere um sich herum. Sie hält es nicht mehr aus und schaut auf die Uhr. Kann diese verdammte Pause nicht bald vorbei sein? Im Unterricht könnte sie wenigstens mal an was anderes denken, wenn sie es schaffen würde, sich auf den Stoff zu konzentrieren. Immer noch 10 Minuten Pause! Cyan hält es nicht mehr aus und steht auf, um auf die Toilette zu gehen. Als sie das Klassenzimmer durchquert, um zur Tür zu kommen, verstummen alle Gespräche, wenn sie an den Leuten vorbei geht. Cyan bemüht sich nicht zu rennen und versucht mit ausdruckslosem Blick an den Leuten vorbeizukommen. Als sie schließlich auf der Toilette angekommen ist, schließt sie sich in eine der Kabinen ein. Dort ist sie den Blicken der anderen wenigstens nicht so ausgesetzt und kann einen Moment allein sein und nachdenken. Da sitzt sie wieder in ihrer eigenen Kabine, die Wände sind schon voll geschrieben. Voll geschrieben mit ihren Gedanken, Gefühlen... Eigentlich hasst sie es alleine zu sein. Sie würde so gerne Anschluss finden. Sie würde so gerne ein paar Freunde haben, auch wenn es anfangs nur oberflächlich wäre, aber wenigstens würde sie dann zu jemanden gehören und müsste sich nicht immer das dumme Gelaber von allen anderen anhören. Alles, was sie sich wünscht, ist: nur einmal mit Caro zu tauschen, wenigstens nur einen Tag in ihrem Körper zu stecken. Und all ihren Schmerz vergessen, der ihr in den letzen Jahren zugefügt worden ist. Aber noch größer und schöner wäre es, ihr die Meinung zu sagen, so richtig ins Gesicht, aber das geht nicht - und das weiß sie. Sie will sich nicht die gesamte Klassenstufe auf den Hals hetzen.

Die Fortsetzung folgt!

Autorin / Autor: Traumtaenzerin - Stand: 1. August 2002