Socken in die Gummistiefel!

Lilith ist viel unterwegs und kennt die Fallstricke des Packens. Hier kommen ihre ultimativen Kofferpacktipps.

Jedes Mal dasselbe. Immer bevor man für eine längere Zeit das Haus verlässt. Packen. Sei es nun der Schulranzen, die Handtasche oder der Koffer für die nächste Geschäftsreise oder den Familienurlaub.

Ich persönlich muss sagen, dass ich ursprünglich der Gruppe Packer angehöre, die stets zu viel mitnimmt. Im Besonderen zu viele Bücher, sodass ich mich von ausnahmslos jedem, der meine Koffer anhebt mit der Frage „Sind da Backsteine drin?“ konfrontiert sehe. Ich gehörte auch eine lange Zeit zu den Packern, die ihre Koffer regelmäßig kaputt machen, meist hervorgerufen durch das Überfüllen oder zu hektische Herumziehen von Gepäckstücken. Gleichzeitig brachte ich aber wenigstens eine gute Packeigenschaft von Natur aus mit: ich bin eine Schnellpackerin. Ich bin also nicht der Typ Reisende, der stundenlang vor seinem Kleiderschrank steht und daran verzweifelt nur 5% dessen Inhalts für die nächsten Wochen mitzunehmen.

Als Mensch, der sehr viel unterwegs ist, habe ich mir trotzdem vorgenommen, vom Packamateur zum Packprofi aufzusteigen und meine Defizite auszugleichen.
Wie ihr es schafft, eure Packstrategien zu optimieren, lest ihr jetzt:

Die wichtigsten Regeln im Überblick:

*Der richtige Zeitpunkt*
Immer wieder ertappe ich mich selbst dabei, die Tage nach dem Packen noch einmal im Kopf alles durchzugehen. Dies endet meistens damit, dass ich meinen Koffer fünf Mal durchwühle, um sicher zu gehen, dass ich nun auch wirklich dieses Oberteil dabei und auch wirklich meine Lieblingsjeans nicht vergessen habe. Im Endeffekt kann ich also in den Folgetagen meinen Koffer fünf Mal wieder neupacken. Daher: nicht zu früh packen! Gleichzeitig kommt es natürlich darauf an, in wie weit du eher zu den chaotischen, spontanen Menschen oder den Planern gehörst. Solltest du dazu tendieren, Tätigkeiten vor dir herzuschieben, dann setze dir das Ziel, spätestens einen Tag vor Start (zumindest bei Reisen, die länger als vier Tage sind) alles abreisebereit zu haben. Denn zu überstürzt einfach irgendetwas in den Koffer werfen ist auch nicht die richtige Strategie.

*Lasse dich nicht zu sehr von den aktuellen Umständen leiten*
Wer kennt das nicht. Von draußen knallt die Sonne mit 30°C herein, man schwitzt selbst in T-Shirt oder kurzer Hose und kann sich in diesem Moment überhaupt nicht vorstellen, wie um alles in der Welt man sich im Winter über zu niedrige Temperaturen beschweren kann. Ganz automatisch packt man als Folge nun hauptsächlich leichte Kleidung ein – und lässt den Pulli, den man eigentlich aus Vernunftsgründen auf seiner Packliste stehen hatte, doch im Schrank liegen. Oftmals vergessen wir beim Packen, dass es doch sinnvoller ist, sich nach dem Wetterbericht vor Ort zu richten und sich bei längeren Aufenthalten auch die allgemeinen Klimadiagramme der letzten Jahre anzuschauen, als seinem aktuellen Gefühl nachzugehen. Im Zweifel gilt jedoch immer: von allem etwas dabei haben, dann bist du im Sommer auch auf kalte Winterabende und im Winter für plötzliches Tauwetter gewappnet.

*Beschränke dich auf das Wesentliche:*
Egal ob Kleidung, elektronische Geräte oder Lesematerial, in der Regel packt man zu viel ein. Wenn es sich um einen längeren Aufenthalt handelt, kläre am besten im Voraus ab, ob es vor Ort eine Waschmaschine gibt. So sparst du dir eine Menge an Kleidungsgewicht und -platz. In Bezug auf das Lesematerial, solltest du dir überlegen, wie viel Zeit dir realistisch zur Verfügung stehen wird, um dich mit diesem zu befassen. Meistens ist es tatsächlich sinnvoller, eher wenig mitzunehmen und sich im Notfall vor Ort von jemandem anderen das Buch auszuleihen, oder sich noch eine Zeitschrift oder Buch vor Ort zu kaufen. Das Reisen wird so viel schöner, wenn du weniger zu schleppen hast – glaube mir. Das kann kein zweites Superbuch kompensieren. Und: Gerade da ich sehr klein bin, aber trotzdem meine Selbständigkeit in jeder Situation garantieren möchte, packe ich den Koffer immer maximal so groß und so schwer, dass ich dazu in der Lage bin, ihn jederzeit auch lange Treppen hochzuschleppen. Das ist stets mein höchstes persönliches Ziel. Und: wer ärgert sich nicht darüber den Zug zu verpassen, nur weil der Aufzug am Bahnsteig kaputt ist und sich gerade kein freundlicher Mitfahrer findet, der beim Gepäcktransport hilft? 

*Sei dir bewusst, was dich vor Ort erwartet*
Natürlich ist das nicht immer 100% möglich, aber für viele Aspekte umso wichtiger. Zum einen musst du die richtige Kleidung sowohl in Bezug auf Temperatur als auch auf Angemessenheit je nach Veranstaltung (Extrembeispiele: Wanderurlaub vs. Konferenzbesuch) dabei haben. Fast noch wichtiger als dir die Temperaturen und die Gesellschaft vor Ort bewusst zu machen ist, dass du dir überlegst, wie viel Material du von dort wieder mit zurücknehmen musst. Handelt es sich um einen Urlaub, so solltest du auf jeden Fall noch etwas Platz in deinem Koffer lassen, um Mitbringsel und Souvenirs zu verstauen, ohne beim Rückflug Übergepäck bezahlen zu müssen. Doch nicht nur Souvenirs können bei bereits auf dem Hinweg überfüllten Koffern zu einem Problem werden. In meinem Fall handelte es sich meist um Informationsbroschüren und Zeitschriften sowie Geschenken, mit denen ich vor Ort überhäuft wurde. Die Freude darüber wurde gleich durch die Sorge „Wo soll ich das denn jetzt auch noch verstauen?“ getrübt. Also: auch bei Diskussionsveranstaltungen, Seminaren und Fortbildungen lohnt es sich, etwas Platz für den Rücktransport zu reservieren. Und damit sind wir auch schon bei meinem nächsten Punkt angekommen: 

*Immer mehr „Platz mitnehmen“, als du tatsächlich beim Hinfahren füllst.*
Bei mir endete dies in Koffern, in denen bis zu der Hälfte Luft war. Zu oft bin ich bereits mit nur einer Reisetasche zu Seminaren angereist – und mit Reisetasche, drei Jutebeuteln und einer Papiertüte heimgekehrt. Unglaublich nervig dies alles im Zug zu verstauen – und zudem auch sehr anfällig dafür, etwas zu vergessen, oder etwas nicht mehr zu finden („In welches Fach der fünf Taschen, die gerade um mich herumstehen habe ich jetzt noch einmal mein Bahnticket verstaut?“). Lieber hat man einen großen Koffer dabei, in dem man kleinere Beutel sogar komplett verstauen kann.  !!Achtung – Falle!! Versuche dich wirklich auf weniger zu reduzieren und nicht einfach einen doppelt so großen Koffer mitzunehmen.

*Erst überlegen, dann packen*
Auch etwas, wovon ich nur zu gut aus Erfahrung sprechen kann. Häufig war ich wirklich stolz auf meinen gepackten Koffer: Nicht mehr als die Hälfte des erlaubten Gewichts, keine überquellenden Reste, durch die schon vor Reisestart klar war, dass auch dieses Mal wieder der Reisverschluss und die Nähte irreversible Schäden davontragen werden. Und dann – fällt einem noch ein, dass man vielleicht noch das eine Buch unbedingt braucht, doch noch die eine Jacke nötig ist, doch noch... und auf einmal ist der Koffer wieder randvoll – und unordentlich. Von daher: Versuche diesen „in letzter Sekunde“ Effekt dringlichst zu vermeiden. Und: falls du wirklich dazu tendierst, häufig Dinge zu vergessen: schreibe dir im Voraus eine „To Pack“-Liste mit den wichtigsten Gegenständen – und: streiche sie nicht einfach durch, sondern schreibe jeweils dahinter, wo du dieses wertvolle Stück hingepackt hast. Dann bist du dir ganz sicher und kannst auch noch einmal vor Reisebeginn alles abchecken, ohne schon zwei Tage vorher nervös zu sein und alle Taschen zehn Mal zu durchsuchen. Außerdem dient eine solche Liste auch der Spezies „Zu viel Einpacker“. Wenn du dazu gehörst, dann gehe die Liste mehrmals durch und versuche jedes Mal ein paar Dinge wegzustreichen, die für deinen Trip vielleicht doch nicht lebensnotwendig sind.

*Kleinkrams in Stiefel/Schuhe*
Es ist so simpel, aber es hat mir schon so viel an Platz eingespart (sicher gehen, dass die Schuhe im Inneren sauber und geruchsneutral sind, damit man die Socken oder den sonstigen Kleinkram, im Anschluss auch noch uneingeschränkt verwenden kann). Besonders hilfreich ist dies z.B. bei Gummistiefeln – nervige Gepäckblockierer werden auf einmal zu nichts als wenigen Millimetern Gummi.

*Das richtige Gepäckstück *
Probiere es selbst aus: abhängig von eigenen Vorlieben, aber auch vom Reisezweck und den Bedingungen auf der Reise und vor Ort, kann dies stark variieren. Um für jede Reise das Richtige zu finden, musst du aber trotzdem keinen ganzen Dachboden an Koffern zu Hause haben. Ich empfehle zwei Koffer in verschiedenen Größen und eine Reisetasche mit Rollen für den flexiblen Einsatz. Tipp: Koffer stehen 90% ihres Lebens nur in irgendwelchen Stauräumen herum, deshalb: tue dich mit anderen zusammen und leihe lieber Gepäckstücke, als dir gleich neue zu kaufen. Meine Erfahrungen mit Reisetaschen, Taschen mit Rollen, Koffern, Schalenkoffern… sind sehr ambivalent. Mal habe ich mir eine Reisetasche gekauft und diese gleich beim ersten Benutzen aufgrund eines blockierten Rads geschrottet, das andere Mal habe ich mich über die Unhandlichkeit eines Schalenkoffers aufgeregt und beim dritten Mal bin ich unter der Last meiner Tragetasche halb gestorben. Das hundertprozentig richtige Utensil habe ich noch nicht gefunden. Mein Devise jedoch ist hier: lieber praktisch als fancy. Der Koffer muss meiner Meinung nach nicht einen Schönheitswettbewerb gewinnen, so lange ich in ihm alles gut verstaut und geordnet bekomme und er auch vom Trage- und Benutzerkomfort angenehm zu handhaben ist.

*Nicht verzweifeln, wenn du etwas vergisst – passiert immer. *
Fast immer, wenn man das Haus verlässt, vergisst man etwas. Das fängt wieder beim Schulranzen oder der Handtasche an und zieht sich bis zum Urlaubskoffer durch. Wichtig in diesem Fall: Sei flexibel! Viele Dinge können kostengünstig vor Ort nachgekauft oder geliehen werden. Hauptsache: lasst euch davon nicht den ganzen Aufenthalt vermiesen. Ein kurzes „Mist! Wie konnte ich nur wieder so blöd sein!“ ist erlaubt, tagelange Vorwürfe bereiten jedoch nur schlechte Stimmung. Kleine Anekdote am Rand: Mein prägendstes „Vergessen“-Erlebnis machte ich bei einem Familien-Ski-Urlaub, bei dem wir extra einen Gepäcksarg aufs Autodach geschnallt, dann aber die Skier zu Hause vergessen hatten. Das muss erst einmal jemand nachmachen. 😉 

*Sei selbstbewusst*
Egal wie groß dein Koffer ist, wie er aussieht und wie viele kaputte Stellen er aufweist– stehe zu deinem Koffer. Ich benutze beispielsweise ab und zu einen Mini-Koffer, der scheinbar zur Kompensation seiner Größe dafür zehn Mal so laut ist, wie ein Durchschnittskoffer. Rolle ich damit über einen Bahnsteig, oder quer durch eine Flughalle, sind die Blicke auf mich schon vorprogrammiert. Egal. Klein kann eben auch laut sein. Passt zu meiner eigenen (1,52m) kleinen Körpergröße. 😉 Zu den Macken: Natürlich musst du nicht jeden Koffer gleich entsorgen, wenn ein Reisverschluss klemmt, oder eine Rolle nicht mehr sauber läuft. Wichtig ist in erster Linie sorgsam mit den Gepäckstücken umzugehen, um derartige Probleme erst gar nicht entstehen zu lassen. Ist es aber dann schon zu spät, solltest du überlegen, wie gravierend die Macke ist. Lässt es sich mit dem Koffer trotzdem noch gut reisen, so verwende ihn einfach weiter. Auch schwerere Schäden können meist behoben werden. Und – auch wenn das manchmal vielleicht so teuer ist wie ein neuer Koffer in derselben Größe in der Aldi-Aktionswoche: Denkt ein bisschen an eure Umweltbilanz und lasst ihn trotzdem reparieren. Außerdem kann es viel schöner sein mit einem Koffer zu reisen, der bereits mit dir an vielen Orten war und mit dem du somit viele Erinnerungen teilst.

Natürlich kommen immer wieder Extrembeispiele auf, gerade wenn es ums Fliegen geht. Auf einer Fünf-Tages-Reise nach Japan beispielsweise waren mir zwei Gepäckstücke mit je 23 kg erlaubt – ein sehr gutes Beispiel, bei dem mit meinem 5kg schweren Koffer hin und den 7 kg zurück gezeigt werden kann, dass es sich oft wirklich nicht lohnt, das erlaubte Gepäck vollkommen auszunutzen. Nach England hingegen durfte ich für sechs Wochen nur 20kg einpacken – doch als erfahrene Packerin schaffte ich es tatsächlich, nicht mehr als 15 kg auf die Wage zu bringen. Yes! Selbst wenn das erlaubte Gewicht sehr niedrig ist, gilt: Lieber nicht zu 100% auf die Kofferwage zu Hause verlassen und doch noch das ein oder andere auspacken, bevor man am Flughafen steht und Übergepäck zahlen muss – das kann teuer werden.

*Zukunft*
Meine größten Challenges werden in folgender Zeit das Packen der Koffer für meinen Aufenthalt in Burkina Faso sein (erlaubt 2 x 23kg), was vom erlaubten Gewicht für einen Monat also kein Problem darstellen sollte, aber in Hinblick auf „Was werde ich in einem Monat Afrika alles brauchen?“ schon etwas komplizierter ist. Nach China geht es für mich im Februar sechs Monate lang. Auf so lange Sicht zu packen und mir zu überlegen, wie viel ich mitnehmen und wie viel ich vor Ort dazukaufen möchte, wird sicherlich trotz des erlaubten Gepäcks von 2 x 23kg nicht gerade einfach.

*Und zum Abschluss:* Für alle unter euch, die sich jedes Mal ärgern, wenn sie in den Urlaub fahren und doch zu viel dabei, oder viel zu viel vergessen haben: setzt euch Ziele (z.B. Erstellen einer „To-Pack“-Liste, kleinerer Koffer, halb so viele T-Shirts…). Und wenn ihr es schafft, diese einzuhalten, seid ruhig stolz auf euer Werk und gönnt euch im Urlaub eine extra Kugel Eis!

Autorin / Autor: Lilith Diringer - Stand: 28. November 2017