Frederic - die Hausfliege einer Grundschule.

Einsendung zum Wettbewerb "Schreiben mit allen Sinnen" von Lene, 12 Jahre

Ich presste mich an die Rille der Fensterscheibe, um nicht aufzufallen. Sonst würden sie mich doch aus dem Fenster in die eisige Kälte jagen! Drrriiinnnngggg!!! Das Läuten der Schulglocke dröhnte so sehr in meinen Ohren, dass ich aufpassen musste, nicht laut loszuheulen.
Ich bin übrigens Frederic, zwar eine gewöhnliche Stubenfliege, einen Finger breit und nicht sonderlich zu beneiden, aber dafür hochintelligent. Ich lebe in einer Schule. Genauer gesagt an einer Grundschule bei der Klasse 6a.
Mathematik war vorbei. Ich wollte raus aus dem Klassenraum, um die Pause im Lehrerzimmer zu verbringen. Dort gab es immer viel zu entdecken. Mal ein leckeres Krümelchen Kuchen oder Schokolade, auch riecht es hier immer lecker.
Gerade krabbelte ich über eine Schulbank. Plötzlich neigte sich ein blauer Mathehefter und drohte auf mich zu fallen. Geschickt konnte ich zur Seite ausweichen. Dabei bemerkte ich, wie die komplette Schulbank bebte. So konnte ich doch nicht losfliegen! Nach gut einer halben Fliegenstunde hatte sich das Ganze wieder beruhigt und ich konnte endlich meine Reise zum Lehrerzimmer beginnen. Auf dem Weg dahin musste ich hoch an die Decke fliegen, um nicht von den übermütigen, zur Pause rennenden Kindern tot gerempelt zu werden.
Irgendwann kam ich beim Lehrerzimmer an und wollte durch das Schlüsselloch in den gut geheizten Raum.
Aber was war das?
Es steckte ein Schlüssel!
Also musste ich mir was anderes überlegen. Doch da sah ich es schon: Die kleine Ritze unter der Tür, da konnte ich durch. Ich verlangsamte meinen Flug und setzte zur Landung in Richtung Boden an. Danach begann ich, mich durch den Spalt zu quetschen, begleitet von Platzangst und der Angst, zertrampelt zu werden. Nun war das Lehrerzimmer wenige Krabbler entfernt. Ich roch den Duft von leckerem, aufgebrühtem Kaffee und beeilte mich deshalb umso mehr. Gerade als ich mich freute, gleich im Lehrerzimmer zu sein, riss jemand die Tür auf. Ich wurde nach hinten geschleudert, so dass ich beinahe unter dem Fuß eines Mädchens geraten wäre. Ich rappelte mich so schnell es ging wieder auf. Das war meine Chance! Die Tür stand offen und ich konnte nun ohne Probleme in den Raum fliegen. Ich stürmte mit aller Flügelkraft in das Lehrerzimmer und ließ mich auf dem Buch nieder, auf dem ich immer saß. Es war sehr hart, aber irgendwie mochte ich es.
Ich saß nicht lange, als es wieder zum Reinkommen klingelte. Doch um ehrlich zu sein, war ich zu faul, um wieder zur 6a zu fliegen. Also blieb ich einfach auf dem Buch sitzen. Eine Weile genoss ich die Ruhe und schlürfte ein bisschen aus den, für die Menschen leeren Kaffeetassen.
Piiiiiiiieeeeeeeep! Piiiiiiiieeeeeeeep!
Ich wurde aus meiner Ruhe gerissen. Diesmal hatte ich aus Neugierde keine Angst, unter der Tür durchzufliegen. Ich sah lauter Klassen, die geordnet in einem zügigen Tempo die Schule verließen. Aufgeregt flog ich ihnen hinterher. Die ganze Zeit hatte ich keine Ahnung, was für ein Piepen das gewesen war, bis ich irgendwann die Lehrer von einer Feueralarmübung sprechen hörte. Ich summte um die Kinder, bis mich ein Mädchen schließlich verjagte. Ich zog mich in einen Strauch zurück und wartete. Endlich liefen die Kinder wieder in die Schule rein, dabei zogen sie ziemlich genervte Gesichter.
„Müssen wir wieder in die Schule rein?!“, rief ein Mädchen.
„Ja wirklich.“, kommentierte jemand.
Andere Kinder riefen sowas wie: „Wir laufen die ganze Zeit hin und her! Meine Beine tun weh!“ oder sowas wie: „Wozu braucht man so eine Übung überhaupt?“
Mir war allerdings nur kalt. Über solche anderen Dinge machte ich mir gar keine Gedanken.
Danach gab es nur noch ein paar langweilige Unterrichtsstunden.
Doch der Feueralarm steckt mir bis heute in meinen Flügeln. So viel und schnell fliegen, war ich sonst nicht gewohnt. Außerdem weine ich dem zuckersüßen Kaffee bis heute noch hinterher.

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Autorin / Autor: von Lene, 12 Jahre