Digitale Junkies

Beitrag zum Schreibwettbewerb "Total digital" von Ivona Dimitrova, 21 Jahre

Kleines Cafe mitten in der Stadt. Es ist Samstag Morgen und das Gespräch mit meiner besten Freundin dreht sich um ihr neues Handy. Ihr super schickes, super teures, und super kluges Handy. Nein, ich bin nicht neidisch. Ich lasse mich sogar mit ihrem Enthusiasmus anstecken. Ich trinke meinen Kaffee und nicke lächelnd.

Es geht nicht mehr um Jungs, es geht nicht mehr um Liebe und Sex. Nein, es geht um Handys. Wir chatten, simsen, telefonieren mit Video und bewahren unsere Erinerungen in elektronischen Wolken auf. Wir küssen uns per Internet, verlieben uns in digitale Abbilder, steuern unsere Finanzen per Handy und kontrollieren unsere Gesundheit mit einer App.

*Warum hast du keine Flatrate?*

Vielleicht bin ich altmodisch, aber ich habe nur eine langweilige Prepaid Karte. Ich telefoniere regelmäßig, schreibe SMS und verschicke sogar Smylies. Ich bin eine 21 jährige Studentin ohne Internet-Flatrate. In den Augen meiner Freunde bin ich ein kleines grünes Männchen vom Mars.

*Hast du einen neuen Handyvertrag? Willst du nicht das neue XY 7?! Es ist so cool!*

Es ist schon Samstag Nachmittag. Ich bin in der Bank, warte in der Schlange und will Geld abheben. Hinter mir unterhalten sich drei Jugendliche. Das Thema: das neue Handy  XY7. Ich frage mich, was das neue XY 7 von dem alten XY 6 unterscheidet. Die Antwort verspätet sich nicht: Es ist so cool!

*Digitale Welt. *

Wir leben in einer digitalen Welt. Diese Welt können wir nicht mehr ändern, aber sie ändert uns.

Wir leben online und überleben offline. Schreiben statt reden. Smileys verschicken statt echtes Lachen. Zitate über Liebe posten statt Liebe machen. Unsere Finger gleiten öfters über die Tastatur als über die Hand der Geliebten. Langsam verlieren wir alles, was uns menschlich macht.

Aber nur keine Angst! Es gibt immer eine App!

*Gesellschaft der Arbhängigkeit.*

Wir dürfen uns nichts vormachen und zu guter Letzt dürfen wir die Wahrheit nicht schönreden. Wir leben in einer Gesellschaft der Abhängigkeit. Wir sind digitale Junkies. Unser Heroin ist öffentlich zugänglich, legal und unendlich. Ein kalter Entzug ist nicht mehr möglich. Das Internet ist in unserem Leben festgemauert. Und es ist gut so, da wir abhängig sind. Es ist gut so, obwohl wir nicht viel darüber wissen. Es interessiert uns auch überhaupt nicht. Was ist eigetlich das Internet? Weiß keiner! Aber es ist cool, es ist überall und wir brauchen es. Dringend. Google, Facebook, Twitter, Yahoo, Youtube. Wer steckt dahinter? Weiß keiner! Aber es ist gut so, da wir es überhaupt nicht wissen wollen.
Das Leben ist schön, solange wir unsere digitale Droge regelmäßig einnehmen.

Autorin / Autor: c