Mein Weg aus der Magersucht

Jeder Mensch ist auf besondere Weise schön - lasst euch nicht von Schönheitsidealen blenden, denn diesen Fehler hab ich auch gemacht.

Es gab vor allem zwei Gründe, warum ich in den Teufelskreis der Magersucht gekommen bin. Zum ersten kam damals, im Februar 2006 eine Dokumentation über übergewichtige Jugendliche im TV. Das gab mir schon zu denken. Zum zweiten hatte ich damals riesigen Streit mit meinen Freundinnen. Ich hatte fast die ganze Klasse gegen mich. Damals war ich 1,68 m gross und wog 57 Kilo. Ich dachte mir, ein bisschen abnehmen kann ja nicht schaden. Vielleicht käme ja die Anerkennung meiner Freunde dadurch wieder. Nach einer Weile, etwa einem halben Monat, in dem ich Salat ohne Salatsoße gegessen habe, gingen wir zum Skifahren. Auf dem Heimweg kamen wir an einer Keksfabrik vorbei, in der wir noch einkaufen wollten. In diesem Laden konnte man die Kekse probieren. Doch ich aß meiner Meinung nach zu viele. Wieder zuhause stand ich auf der Waage und kam zu dem Schluss: Du hast GESÜNDIGT. Von da an war ich überall konsequent. Kein Fett, nur Gemüse und Früchte, kein Zucker.

*Beim Psychologen*
Das ging solange gut, bis meine Mutter sich Sorgen machte und mich zum Arzt brachte. Damals wog ich noch 52 Kilo. Der Arzt machte sich ebenfalls Sorgen und meldete mich bei einem Psychologen an. Ich nahm weiter ab, und meine Eltern und ich mussten alle zwei Wochen zu dem Psychologen. Er arbeitete in meinem Fall zwecklos. Ich nahm in einfach nicht ernst, es war mir sch...egal, was er erzählte. Währenddessen lief es in der Schule auch nicht mehr rund: Ich war bis dahin eine gute Schülerin, doch plötzlich hatte ich Konzentrationsstörungen, mir war oft übel (das kam daher, dass ich viel zu wenig trank) und hatte Schwindelanfälle. Den Rest gab mir ein Junge aus meiner Klasse, als er zu mir sagte, ich sähe aus wie ein Geist. Im nachhinein muss ich sagen, er hatte Recht.

Keine Kraft mehr

Ich ging nicht mehr zur Schule, mit der Zeit hatte ich fast keine Kraft mehr, hatte Probleme vom Wohnzimmer in mein Zimmer im zweiten Stock zu gehen. Als wir wieder einmal zum Arzt gingen (es kam oft vor damals), sagte er zu mir und meiner Mutter „Geht Nachhause, packt und am Nachmittag geht ihr in die Notfallaufnahme im Spital“. Doch das war mir egal, ich war sogar froh, denn mit meinen Eltern hatte ich ziemliche Probleme. Sie schauten mich immer so ängstlich und verständnislos an. Als ich im Spital eingeliefert wurde, wog ich bei meiner Grösse (1,68 m) noch gerade 41 Kilo.

*Meine Therapie*
Im Spital war ich auf der Kinderpsychiatrischen Abteilung. Zu meiner Therapie gehörten unter anderem tägliches Wiegen und jeden Tag ein Gespräch mit der Psychiaterin. Ich hatte dort drei Monate Zeit, mein Gewicht auf 44 Kilo aufzustocken, sonst hätte man mich in eine Psychiatrische Anstalt verlegt. Meine Eltern durften mich einmal pro Woche besuchen, und zwar eine Stunde. Im Anschluss an den Besuch hatten wir eine Stunde Familientherapie. Ich führte über jeden Bissen, den ich zu mir genommen hatte Tagebuch, und auch über jede Gewichtsschwankung.

*Ein schlechter Psychologe?*
Zugenommen habe ich nicht, doch eben auch nicht ab. Nachdem die drei Monate um waren, erlaubte mir die Psychiaterin nachhause zugehen, mit dem Versprechen, weiterhin zum Psychologen zu gehen. Er war einfach nur ein gemeiner Mensch! Damit ich nicht mehr zu ihm gehen musste, ass ich und nahm zu. Mit Erfolg! Von da an nahm ich zu, und ich fühlte mich zum ersten Mal seit langem wieder wohl in meiner Haut! Heute bin ich wieder total geheilt, bin 1,70 groß und wieder 57 Kilo schwer. Der Krieg zwischen meinen Freundinnen und mir ist längst Geschichte. Während dieser Zeit, das muss ich sagen, waren meine Eltern, mein Bruder und meine beste Freundin ständig in Angst um mich. Doch sie waren auch richtig stark, machten gute Miene zum bösen Spiel.

*Jeder Mensch ist schön!*
An alle Mädchen, die unzufrieden mit ihrem Körper sind: Jeder Mensch ist auf besondere Weise schön - lasst euch nicht von Schönheitsidealen blenden, denn diesen Fehler hab ich auch gemacht.

Autorin / Autor: chlini.fee25 - Stand: 4. September 2007