Staub

Von der Trauer, nicht traurig zu sein

Nun ist es schon über ein Jahr her, dass du von uns gegangen bist und der Wind flüstert schon längst andere Geschichten in unsere Ohren. Es ist, als habe es dich nie gegeben und meine Erinnerungen an dich sind so verblasst, als liege ein Schleier von Nebel vor ihnen. Du bist blass. Es gibt nichts mehr, das ich noch vermissen könnte, denn es gibt nichts mehr, das es noch gibt. Leise keimt schlechtes Gewissen in mir auf, hatte ich doch gedacht, ich würde dich ewig vermissen, das Leben werde niemals mehr so wie vorher. Eine komische Trauer, diese Trauer nicht traurig zu sein. Es ist vorbei, es ist aus, du bist Geschichte, die auch ohne dich weitergeht.

Es ist schrecklich geworden immer wieder dieselben Gespräche führen zu müssen. Verdammt, es ist doch vorbei! Lasst uns doch endlich den Toten bergraben.

Du machst mir Angst. Wie schaffst du es so präsent zu sein, ohne zu existieren? Manchmal habe ich das Gefühl die einzige zu sein, die überhaupt begreift, was hier vor sich geht. Ja, verdammt, es ist nicht leicht, aber wer hat das jemals behauptet? Habt hier geglaubt, dass es leicht sei? Warum sollte ich an Dingen, an Personen festhalten, die es nicht gibt? Ihr müsst los lassen, los lassen, die verkrampfte Hand von seinem Arm lösen. Lasst ihn doch gehen. Glaubt ihr er hätte es jemals anders gewollt?

Loslassen geht mit Vergessen, das sich wie eine immer dicker werdende Staubschicht auf dich und deine Geschichte legt, einher und es ist eine schmerzende Mischung, denn vergessen ist, wovor ich mich immer so gefürchtet habe.

Autorin / Autor: stricksogge - Stand: 8. Oktober 2008