Gefangen in der Sucht

Beitrag zum Schreibwettbewerb "Total digital" von Pia, 13 Jahre

Es fing alles ganz langsam an. Entwickelte sich, immer schneller und schneller. Mittlerweile tut man nichts anderes mehr, man hat fast vergessen wie es einmal war. Vor langer Zeit… wie lange? Ich weiß es nicht mehr, vielleicht drei, vier Jahre? Mehr oder weniger? Niemand kann sich es vorstellen, aber tief im inneren in unserem Gehirn, schlummern noch die letzten Erinnerungen. Es gab einmal mehr als Soziale Networks. Es gab Kontakte, Berührungen. Es gab wahre Gefühle. Man ist raus gegangen in die Stadt hat gefeiert, gelacht. Immer mal auf sein Handy geguckt, später wurden es Smarthphones, Tablets. Alles was man sich nur vorstellen kann. Man tat es immer öfters… es wurde zu einer Sucht. 200 Nachrichten am Tag? Das war doch gar nichts, egal wo man angemeldet war ob in Facebook, Twitter, Instagram oder WhatsApp. Man hatte tausende Freunde, bekam jede Minute mehrere Nachrichten. Man konnte nicht mehr aufhören, man ging seltener aus. Mit der Freundin oder dem Freund schrieb man nur noch über Facebook. Sehen tat man sich nur noch selten, irgendwann hörten sogar diese Treffs auf. In der Schule sah man sich noch ab und zu, Ok, doch was war das für ein Ort an dem Handys im Unterricht, in der Pause erlaubt waren? Selbst die Lehrer verfielen immer mehr dieser Sucht. Sie erschienen kaum noch, immer mehr Unterricht fiel aus. Man blieb zuhause, schwänzte, das Telephone klingelte unaufhörlich, doch man ging nicht ran, viel zu beschäftigt war man mit dem Datenaustausch mit seinen Freunden, ab und zu mal ein Brot, Limo, vielleicht auch schlafen. Das war´s. Der Alltag. So war es jetzt. Aber ich war zufrieden, hatte gerade eine gute Beziehung am Laufen und schrieb mit meinem besten Freund, den ich vor kurzem auf Skype kennengelernt hatte, oder war’s Twitter? Egal; mir gefiel es. Mein Zimmer war kahl und chaotisch eingerichtet, aber das interessierte mich nicht. Für das Essen gab es mittlerweile so eine Art 3D Drucker. Was ich aß? Darauf achtete ich gar nicht, mich wundert es sowieso, dass die Menschheit noch nicht ausgestorben war, scheinbar gab es doch noch welche, die Spaß am Leben hatten. Obwohl, das hatte ich doch auch, oder? Die Frage stellte ich selten, meistens war ich viel zu beschäftigt dafür. Aber wenn, dann brachte sie mich zum nachdenken. Ich fragte mich, ob es sinnvoll war, was ich hier tat, immerhin habe ich auf mein letztes Foto was ich auf Instagram vor ca. 10 min reingestellt, habe schon hundert likes bekommen. Aber war das alles? Gab es nicht noch mehr auf der Welt? Vor ein paar Jahren hätte ich mit einem klaren ja geantwortet, aber jetzt? Sollte ich es wirklich wagen, die Tür meines Zimmers zu öffnen, hinauszugehen, in die mir in der Zwischenzeit fremd gewordene Welt? Neuland betreten? Aber was gab es da draußen schon, meine Freunde waren doch nicht da. Und welche Gefahren hatte es? Vielleicht gab es mittlerweile giftige Insekten, so wie sie es in die Nachrichten gebracht hatten. Oder ein Haus stürzt ein, und begräbt mich unter sich? Bis jetzt hatte ich immer Nein gesagt. Nie mehr, hatte ich gesagt. Nie mehr werde ich da raus gehen, in diese langweilige und sogleich gefährliche Welt. Wo es doch hier drinnen alles zum Leben gab, Spaß, Vergnügen, Freunde und Nahrung. Warum also sollte ich dann da raus? Aber heute wollte ich es wissen, ich sagte Ja. Ich gab mir einen Ruck. Kontrollierte noch einmal ob mein Handy auch wirklich noch zu hundert Prozent aufgeladen war. Und öffnete vorsichtig, voller Erwartung und Angst die Tür. Was ich aber sah war faszinierend. Sonne, helles warmes Licht. Nicht zu vergleichen mit diesem kalten weißen Licht auf einem Handy Display. Ganz und gar nicht so wie ich es mir vorgestellt hatte. Es war besser, und überhaupt nicht angsteinflößend. Die Erinnerungen kehrten langsam zurück, als ich mit meinen Freunden noch draußen war. Ich dachte daran wie viel Spaß wir hatten, bevor wir uns zerstreuten und jeder nur noch für sich an seinem Smartphone hing. Ich fühlte mich einsam und begann die gemeinsame Zeit zu schätzen. Ich forderte nach und nach meine Freunde auf zu mir zu kommen, nach draußen, in die Freiheit. Nicht mehr gefangen von dieser Sucht. Dem Internet. Erst erklärten sie mich für verrückt, total durchgeknallt, wie käme ich auf die Idee, dass es draußen schön wäre? Doch ich schickte Bilder, gab nicht auf. Langsam kamen sie, genau so viel Angst vor dem Unbekannten wie ich am Anfang hatte. Aber mit der Zeit löste sich die Anspannung und es kamen immer mehr. Langsam begann wieder alles normal zu werden. Doch was war normal?

Autorin / Autor: Pia, 13 Jahre