Meine kleine Schwester

Beitrag zum Schreibwettbewerb "Total digital" von Franziska, 20 Jahre

„Hey, hast du schon die neuen Teile von PCW gesehen?“
„Ne, die haben schon wieder neue?“
Aufgeregt liefen die zwei Mädchen weg.

Genüsslich trank ich meine Eisschokolade und widmete mich wieder meiner Freundin, die mir immer noch was von ihrem letzten Urlaub in Amoragi erzählte. Eher gelangweilt hörte ich ihr zu. Was brachte mir die Erzählung eines Urlaubs, den sie nur im CW gemacht hatte?
Die Welt wie sie meine Mutter kannte war viel interessanter. Ihre alten Geschichten über Urlaube in der Welt in Amerika, Tunesien, Marokko, Togo oder auch Australien waren so viel spannender als der Urlaub hier.

Die wirkliche Welt gab es nicht mehr wirklich. Alles lief über das CW – die Cyber World. Wir gingen hier zur Schule, verbrachten hier unsere Zeit, aßen, tranken und feierten, nur schlafen konnten wir hier nicht. Die Coperation hatte das möglich gemacht, sodass wir hier leben konnten; die die es nicht konnten, mussten sich in der wirklichen Welt durchkämpfen um ihr Überleben zu sichern.

„Was hast du in den Ferien gemacht?“, fragte sie mich schließlich.
„W-was?“, ich blinzelte mehrfach und sah ihren verständnislosen Blick.
„Ich wusste es, ich wusste, dass du mir nicht richtig zuhörst. Mann, wieso tust du mir das an? Aber hey, was hast du gemacht?“
„Ich? Ich hab weitergespielt.“
„Mann, du hast doch schon jede Menge Geld. Welches Level hast du jetzt?“
Ich sah auch meinen Arm und mein Eingabefenster erschien darüber, „76.“
„Wieso levelst du dich immer noch so hoch? Die Männer sind doch längst weg“, sie legte eine Hand auf meinen Arm und das Fenster verschwand.

Die Männer verschwanden vor einigen Jahren. Die C.I., die alles eingerichtet hat, hatte immer neue Waffen entwickelt und immer neue Objekte. Sie wurde damals von Männern geleitet und hatte auch auf Männer abgezielt.
Doch sie trieben es zu bunt, die angriffslustigen gingen zuerst aufeinander los, dann hatten die schwächeren ihre Bünde und gingen auf die Übriggeblibenen los.
Als die C.I. dann von Frauen übernommen wurde, wurden auch Ausrüstungen für Frauen entwickelt. Schnell waren sie stark genug und hatten die letzten Männer gefangen genommen. So viel Ärger sie auch gemacht hatten, fortpflanzen konnten sie sich nicht ohne sie. Jedoch wurde ihnen das Recht auf Ausrüstung und Aufenthalt in der CW verboten, und sie waren nun in der C.I. untergebracht.

Die Männer, die sich in der CW aufhielten, waren CPI's. der C.I. und ihnen waren feste Antworten und Aufgaben einprogrammiert.

„Du bist doch damit sicher die stärkste hier, oder?“
„Weiß nicht“, murmelte ich, es war schwierig, wenn man stärker war, als die anderen.
„Pass auf dich auf“, flüsterte sie eindringlich.
„Werd ich machen“, ich lächelte, „ich muss los.“

Ich überwies dem Café den Geldbetrag und etwas Trinkgeld über mein Eingabefenster und ging. Ich hatte ein Haus in einer etwas außengelegenen Straße. Ich mochte den Trubel in der Stadt nicht, während sie ganz versessen darauf war. Sie wollte schließlich allen zeigen, was sie hatte. Bei einem Waffenladen blieb ich kurz stehen und kaufte einen Dolch, mit blanker Klinge und einem roten Griff, der mit weinroten Blüten verziert war. Als ich noch an einem Kleidershop vorbei kam, holte ich mir noch eine blauhaarige Perücke, die einen Dutt als Frisur hatte und ein Kleid für Kinder.

Mit meinen drei Schätzen lief ich weiter nach Hause und sperrte dann hinter mir ordentlich zu. Mein Haus war eine kleine Burg. Ich hatte an jedem Fenster ein Gitter und an allen Ausgängen mehrere Schlösser. Das Haus wurde durch eine Barriere geschützt, und ich hatte überall ein sicheres System, das ich schließen kann, sodass Fenster und Türen zusätzlich mit einer Amirano-Platte geschützt waren. Ich wollte, dass es sicher war. Amirano war ein von C.I. entwickeltes Metall, gegen das nichts half, außer sie selbst würde es außer gefecht setzen.

Laut bellend kam mein Gefährte auf mich zugerannt. Die ganze Welt war wie ein Spiel aufgebaut. Es gab Städte, Kampfebenen und ebenso Monster und grauenhafte Kreaturen. Um die Kämpfe bestreiten zu können, sollte man sich einen Gefährten zulegen, und meiner war ein Grauwolf. Ich hatte ihn selbst aufgezogen, ebenso ein kleiner Falkenvogel. Ich gab zu, im Namengeben war die C.I. etwas kreativlos, aber dagegen konnte man nichts machen.

Ich streichelte ihn, während er mir das Gesicht leckte. Auf seinen Hinterbeinen war er so groß wie ich. Ich schob ihn leicht vor mir her und lief nach oben. Mein Liebling folgte mir. Leise öffnete ich eine Türe und trat in den dunklen Raum.

„Hey, ich hab dir neue Sachen mitgebracht.“
„Aber das sollst du doch nicht“, weigerte sich die Person am Fenster.
„Ja, genauso wie du nicht am Fenster stehen sollst“, ich verschränkte die Arme, „wenn dich einer sieht, wirst du hier rausgeworfen und musst auch zur C.I., das lass ich nicht zu“, ein Lächeln legte sich auf meine Lippen, „du bist mein kleiner Bruder und Mutter hätte es auch nicht zugelassen.“

„Aber trotzdem bin ich irgendwann ein Mann und die sind hier verboten“, er drehte sich um, und seine grauen Augen leuchteten in dem fahlen Licht. Ich seufzte und ging zu ihm, „aber jetzt noch nicht“, ich drückte ihn an meinen Körper, „ich werd auf dich aufpassen, und wenn es nicht anders geht, dann verkleide ich dich so grotesk, dass du als alte Dame durchgehst“, grinste ich breit.

„Untersteh dich“, er drückte mich von sich und sah mich finster an.
Ich holte die blaue Perücke hervor und legte sie ihm auf den Kopf, „komm, zieh dich um und lass uns spazieren gehen, du musst mal wieder raus.“