Aline Celi de Limas Design prägt sich ein

Genna hat die Designerin Aline Celi de Lima interviewt und ihre Show besucht.

Aline Celi de Lima, © Julien Karl - Fotograf & Journalist

In Zeiten von Protest-Bewegungen, Freiheitskämpfen und Krawall-Märschen reibt sich eine junge Designerin entschlossen ihre zierlichen Hände. Hat die heutige Mode doch noch einen Hauch Revolution inne?

Modeschöpferin Aline Celi de Lima echauffiert sich, und zwar über die öffentlich gefrönte Oberflächlichkeit der heutigen Kleidungsindustrie. Ihrer Branche also. Deswegen startet die gebürtige Brasilianerin eine Nachhaltigkeits-Bewegung. Nicht alleine, sondern mit ihrer Vision und auch Inspiration zur der diesjährigen Kollektion ihrer Marke Celi, ‚Karma has no Deadline‘, die auf der Lehre der Wiedergeburt und Neuerfindung beruht. Getragen wird sie von Außenseitern des Show-Business und bekräftigt durch ihre eigene, unpopuläre Meinung.

Ergebnis: Protestvideos mit harscher Kritik an Politik und Fifa, präsentiert von Nacktmodel Micaela Schäfer, eingehüllt statt enthüllt in seriöser Bluse und Business-Bundfaltenhose und auch Transvestit Raphaela Saadiq feminin in Leder und Spitze. Provokante, toughe Schritte, beat-gepolstert mit rebellischem Sound von Kurt Cobain und Depeche Mode, ummantelt in glänzendem Lycra, zartem Chiffon, fließender Seide, tragbarem Jersey.
Eine schockierend und zugleich schicke, aber gerademal  20-minütig kurze Show im Rahmen der Berliner Fashion Week.

„Ich bin vernarrt, ja ich liebe Berlin. Du kannst hier zwei Uhr morgens auf die Straßen gehen, und die Leute liegen sich in den Armen, feiern.“ Aline wird dann ernst, wringt die Finger und reckt ihr süßes, spitzes Kinn und sagt: „In Brasilien gibt es nichts zu feiern. Die Regierung ist korrupt, die Bevölkerung ist arm, aber Geld haben wir ja, klar, für Stadien, die nach der WM keiner braucht. Wäre mir dieses Projekt nicht wichtig, stünde ich auf der Straße und würde protestieren. Ich kann nicht sinnfrei designen, wenn in meinem Heimatland der Notstand ausbricht.“

Ein Unterschied zur textilen Upper Class, in deren Front-Row Ikonen und Versierte der Branche verkniffen und peinlich bemüht um Coolness halbherzige Statements bloggen.

Aline Celi befasst sich mit Themen des Jetzt, aber sie blickt kritisch und zeitgleich verspielt auf unsere Zukunft.
Und liegt damit augenscheinlich im Trend.

In der Januar-Neon Ausgabe wird angeprangert, wir würden uns beschämenderweise über Pelzträger aufregen, dabei aber hysterisch mit unseren Lederhandtaschen rumfuchteln, was schlicht bedeutet: Wir alle haben sie auf dem Gewissen, für Körperschmuck herangezüchtete Nutztiere und dürften uns über schlechtes Karma nicht beschweren. Wir handeln, und scheren uns nicht um die Konsequenzen. Aline aber sagt, das verfluchte Leder ist einer der edelsten und eben erneuerbaren Stoffe, denn man kann ihn wiederverwenden. Der Clou ihrer ersten Kollektion: Gib alte Teile zurück, erhalte neue und lass mich meine eigenen, aber saisonal nicht mehr trendigen Entwürfe recyclen! Aline übernimmt Verantwortung, so unterstützt sie mit ihrer Produktion eine Frauen-Initiative in Natal (Nordosten Brasiliens), die mit ihrer Seidenmusterherstellung einzigartige Stoffe entwickeln.

Wer sich in diesen hüllt? Ist schlau, sozial, sexy, selbstbewusst.

Autorin / Autor: Genna - Stand: 30. Januar 2014