Tödliche Freundschaft - Letzter Teil (12)

Anne-Katrin Kreisel

Ich öffne die Augen. Samstag. Der 29.03.2008. Oh nein. Mein Geburtstag. Ab heute bin ich strafmündig. Noch nie habe ich mich vor einem Geburtstag so gefürchtet wie vor diesem. Ich schlage die Bettdecke zur Seite und taumle aus meinem Zimmer.

„Happy Birthday!“ Die gesamte Familie hat sich im Flur versammelt um mir, mir missratenem Kind, zu gratulieren. Selbst mein Bruder grinst tapfer mit. Nur er weiß, wie sehr ich mich vor diesem Tag fürchte. Und jetzt ist es so weit. Okay, ich werde das Spiel mitmachen. Wie hieß es doch gleich? Du hast heute Geburtstag, sei fröhlich! Na dann, Happy Birthday. „Guten Morgen.“ Ich werde von jedem gedrückt. Auch von Lars. Dann werde ich in die Küche bugsiert, um die Geschenke auszupacken. Unter dem bunten Papier befinde sich ein Laptop. Jetzt kann ich mich tatsächlich ungezwungen freuen. So einen tragbaren Computer wollte ich schon immer mal haben, damit ich auch im Urlaub oder sonst wo an meinen Geschichten weiter schreiben kann. „Toll, danke!“ „Schön, dass du dich freust.“ Mein Vater drückt mich noch einmal. „So etwas hast du dir doch gewünscht, oder?“ „Ja, noch mal danke.“ Ich schaue auf die Uhr. Oh mein Gott, es ist gleich 12. Maria. „Äh, Maria wird gleich kommen. Das ist doch okay, oder?“ „Natürlich.“ Mama lächelt mich an. Schnell verschwinde ich im Bad, um mich anzuziehen. Tatsächlich, es klingelt. Ich drücke auf den Türöffner. „Hallo Maria!“ „Alles Gute zum Geburtstag!“ Sie lächelt und reicht mir einen Blumenstrauß. „Oh, der ist aber schön, danke.“ „Kommt ihr zum Mittagessen?“, ruft mein Vater von drinnen. „Ja! Hast du schon was gegessen, Maria?“ Sie schüttelt den Kopf. Es gibt Stippe, mein Lieblingsessen.

Wir sind noch beim Essen, als es wieder an der Tür läutet. Sturm. Immer wieder läutet es. Laut und schrill! „Wer kann denn das noch sein?“, wundert sich meine Mutter. Ich schaue Lars panisch an. Er erstarrt in seiner Bewegung und wird blass. Wenn das nur nicht... „Guten Tag, wohnt hier eine Anni Karamer?“ „Ja, aber...“ Der Polizist steht schon in der Küche. Hinter ihm erscheint noch ein Kollege, der sich an meine Mutter wendet. Der erste Schutzmann sagt zu mir: „Anni Karamer, Sie stehen unter dringendem Mord- und Entführungsverdacht an Bettina Opal, Nicole Baier und Celine Atoll. Wir würden Sie bitten, mit uns mit zu kommen.“

Ich stehe langsam auf. Mein Blick schweift zu Maria. Sie schaut mich mit großen Augen an: „Du?“ „Ja. Ich.“ Die Handschellen legen sich um meine Gelenke. Meine Augen funkeln sie an. Maria bricht in Tränen aus. „Ich habe dir vertraut!“ „Ich wollte dich nur schützen. Ich wollte dich retten vor diesen unterbelichteten Wesen. Ich wollte dich wieder für mich ganz alleine haben.“ Draußen läutet es schon wieder. Lars scheint sich ziemlich unwohl in seiner Haut zu fühlen. Er rutscht auf seinem Stuhl hin und her. Plötzlich steht er auf.

„Ich... Ich habe ihr geholfen. Verhaften Sie mich auch.“

Wieder läutet draußen jemand Sturm. Wer will hier noch herein? Wer will mich, uns, noch zur Verantwortung ziehen? Es läutet und läutet und läutet ... bis ich begreife, dass das nur ... dass das nur ... mein Wecker sein kann. Uff. Stöhnend erhebe ich mich aus meinem Bett. Ich fahre mir mit dem Handrücken über die Augen. Sie sind feucht, ich muss im Schlaf geweint haben. Was für einen komischen Traum ich doch hatte!

Wieder sitze ich in der Schule, auf meinem Platz an der einsamen Bank. Es hat noch nicht zum Stundenbeginn geklingelt. Die Türe geht auf. Ein blondes Mädchen mit Zopf und katzengrünen Augen schaut herein. Das Gesicht kommt mir bekannt vor...Maria? Nein, das ist nicht Maria. Eine Neue. Sie schaut mich an, macht eine fragende Bewegung mit dem Kopf auf den freien Platz neben mir. Ich schüttle den Kopf. Nein, du darfst nicht neben mir sitzen. Glaub mir, es ist besser so.

ENDE

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Autorin / Autor: Anne-Katrin Kreisel - Stand: 12. März 2009