Tödliche Freundschaft - Teil 10

Anne-Katrin Kreisel

Hi. Na, hast du es bequem?“ Celine starrt mich mit großen Augen an. „Ach, richtig, du kannst ja nichts sagen.“ Mit einem Ruck reiße ich ihr das Klebeband vom Mund. Sie schreit auf. Klar, das tut weh. „Hast du Durst?“ Sie nickt zaghaft mit dem Kopf. Aber so schnell will ich sie nicht erlösen. Das Glas stelle ich erstmal auf den Boden. „Was denkst du, warum halte ich dich hier fest?“ „Mhm... Keine Ahnung...“ Na, das war ja klar. „Soll ich dir die Antwort sagen?“, frage ich sie mit einem zuckersüßen Lä-cheln. Sie nickt wieder. „Trink erstmal etwas.“ Mit diesen Worten halte ich ihr das Glas an die Lippen. Ohne zu zögern trinkt sie es aus. „So. Jetzt sag ich dir die beschissene Antwort: Ganz einfach. Ist dir schon mal aufgefallen, dass ich mit Maria befreundet war? Ja? Aber dann kamst du... du und deine andere Freundinnen, und ihr habt sie mir weggenommen. Wo glaubst du, sind die anderen von deiner Gruppe? Nicole! Bettina! Gelten sie nicht als vermisst? Ja? Ist das so? Und wo, glaubst du, sind sie? Hm?“ Celines Augen werden immer größer. „Ich... ich weiß nicht...“ „Sie sind TOT, verdammt noch mal! So tot, toter geht’s gar nicht!“ Sie drückt sich gegen den Pfeiler um einen möglichst großen Abstand zu mir zu schaffen. Ich merke es und trete noch näher an sie ran. Verzweifelt versucht sie, ihre Hände los zu bekommen. „Wovor hast du Angst? Keinen Grund zur Panik, ich werde dich nicht abstechen, so wie Bettina. Ich werde dich auch nicht erdrosseln. Nein, Nicole musste mit dieser Variante vorlieb nehmen. Für dich, ja, habe ich mir was richtig Nettes einfallen lassen. Und ich werde meine helle Freude daran haben.“ „Wie.... Was.... Was wirst du mit mir machen?“ Ihre Stimme ist nur noch ein Flüstern. „Keine Sorge, du bist bereits so gut wie tot.“ Ich lasse meinen Blick auf das leere Glas schweifen. Man hört richtig den Groschen bei ihr fallen. „Was war in dem Glas?!“ „Wasser... Und... Na ja.“ „SAG MIR DOCH WENIGSTENS, WOMIT DU MICH UMBRINGST!“ „Arsentrioxid.“ „Was? W-w-w-was ist das?“ „Ein wunderschönes Gift“, sage ich wieder mit diesem unschuldigen Lächeln auf den Lippen. Sie schnappt nach Luft. „DAMIT hättest du jetzt nicht gerechnet, was?“ Ich schüttle tadelnd den Kopf. „Zu dumm, dass du es schon getrunken hast. Ich lasse dich jetzt mal alleine... Ach ja, eh ich’s vergesse: Schreien kannst du, so viel du willst, hier hört dich keiner.“ Ein letztes Grinsen in ihre Richtung, und weg bin ich.

Kaum bin ich wieder in unserer Wohnung, klingelt es unten an der Haustüre. Ich gehe an die Gegensprechanlage: „Hallo?“ „Hi, ich bin’s, Maria... Ich wollte zu Anni.“ „Du Saftnase, rate mal wer gerade mit dir spricht!“ Ich drücke auf den Türöffner. Wenig später sind Marias Schritte im Treppenhaus zu hören. Ich öffne die Tür. „Hi“ „Hallo. Mir war gerade so furchtbar langweilig... Und außerdem wollten wir uns doch eh öfter treffen...“ „Ja, ja, schon gut, komm rein.“ Ich bin echt überrascht. Maria kommt sonst nie zu mir. Zumindest nicht freiwillig. Okay, am Anfang unserer Freundschaft war sie ein paar Mal hier. Aber meistens gehe ich zu ihr, was in letzter Zeit auch immer seltener geworden ist. Na ja. Auf einmal wird mir schlagartig bewusst, dass ich erstens mein Ziel erreicht habe und dass ich jetzt zweitens Maria ganz für mich habe! Eine Mischung aus Macht, Erfolg und Freude breitet sich in mir aus. Maria reißt mich aus diesem Strudel der Gefühle: „Die Polizei hat Nicole gefunden. Im Fluss. Tot. Der Leiche hing ein Strick um den Hals.“ „Oh.“ Mehr fällt mir nicht ein. „Wissen sie schon, wer der Mörder sein könnte?“ „Nein, leider nicht. Aber die Polizei hat gesagt, sie ist auf eine vielversprechende Spur gestoßen.“ Dann kann es ja nicht mehr lange dauern, bis ich gefunden werde. Bitte, schnell Themenwechsel! „Und, was machst du so am Wochenende?“ „Och, ich werde lesen und... man, du Scherzkeks, ich werde natürlich zu deinem Geburtstag kommen! Das ist doch okay, oder?“ Na ja, wenn du nicht in den Keller gehst. „Aber natürlich kannst du kommen. Ich würde mich echt freuen.“ „Und wann? Ich meine, ich will ja auch nicht stören.“ „Komm so früh du willst. Du störst nicht!“ „Gut, dann stehe ich um 12 vor deiner Tür. Und dann machen wir uns nen richtig fetten!“ „Das klingt verlockend.“ Okay, etwas anderes wollte ich ja gar nicht erreichen.

Ich wache auf. Kurz sammeln: Welcher Tag ist heute? Ach ja, Freitag. Wie spät ist es? Oh, verdammt! Laut Wecker ist es schon halb 11. Jetzt lohnt es sich auch nicht mehr in die Schule zu gehen. Außerdem sollte ich mal in den Keller gehen und schauen, was da unten so läuft.

Lies direkt den nächsten Teil >>>

Autorin / Autor: Anne-Katrin Kreisel - Stand: 11. März 2009