Eisprinzessin  - Teil 9

von Janka Katharina Hardenacke

© Foto "Eisrose" von phlug; Quelle: photocase.de

Meine Frage war nicht „woher?“ sondern „von wem?“.

„Der Typ ist nicht normal“, zischte Karoline. „Halt dich von ihm fern.“ Aber von wem denn nur? Was wusste sie? „Ist es der Direktor?“, fragte ich.

Irritiert schaute Karoline mich an. „Was soll denn mit dem sein? Wovon redest du?“ Das wusste ich selber nicht. Alles war so verwirrend. Und so tot ohne Nathan. „Ich kann nicht mehr. Ich kann einfach nicht mehr, verstehen Sie?“, brach es aus mir heraus, bevor ich davon lief.

Ich wollte nicht nach Hause. Dort wartete nur eine kranke Oma, eine abwesende Mutter und eine sonnengelbe Wand, die mich traurig machte. Ich eilte das Schultreppenhaus hinauf und öffnete die zweite Tür auf dem kaum benutzten Gang. Ein muffiger Geruch schoss mir aus der Dunkelheit entgegen, vertraut und einladend. Die Schwärze um mich herum löschte meine Tränen. Unser Versteck fand ich auch ohne Licht. Auf allen Vieren kroch ich zwischen die Regalbretter und umschloss meine Knie mit den Armen. Kurz darauf hörte ich die Türklinke. Und ich wusste, dass es dieses Mal nicht Nathan war.

Quietschende Schritte näherten sich mir. Mit einem Klacken ging die Glühbirne über meinem Kopf an. Dort stand er, keinen Meter von mir entfernt. Mit einem Aufschrei drückte ich mich an die Wand. Herr Gärtner schaute auf mich herab. „Hallo Elsa! Ich hab mir gedacht, dass du hier bist.“ Er kam näher und näher. „Ich will meinen Engel zu mir holen!“, flüsterte er. Schweißtropfen, kalt von Angst rollten mir über die Stirn, während er sich zu mir herunter beugte und meine weiße Wange berührte. „Eisprinzessin.“ flüsterte er.

Also doch. Er hatte die Zettel geschrieben. Warum bloß? Warum? Ich begriff nichts vor lauter Angst. Nur dass ich ihn hinhalten musste.

„Wieso...wieso bin ich eine Eisprinzessin? Was soll das heißen?“ Meine Stimme zitterte vor Furcht.

„Alleine war ich. Ganz allein. Mein Engel hat mich verlassen, mich bei diesem Kranken zurück gelassen. Bei dem, der das Wort Vater nicht verdient.“ Mit zitternder Hand zog er das Foto aus der Tasche, das ich schon kannte. „Aber sie ist zurückgekommen.“ Er blickte mich an und Übelkeit stieg in mir auf, doch ich durfte nicht aufhören ihm Fragen zu stellen.

„Wer ist sie? Die Frau auf dem Foto! Wer ist das?“ „Das bist du!“, hauchte er. „Du bist ein reiner, weißer Engel. Und er durfte dich nicht beschmutzen. Nein, das konnte ich nicht zulassen.“

Er? Sprach er etwa von Nathan? „Wer durfte mich nicht beschmutzen? Nathan?“ „Ich bin euch gefolgt. In den Wald. Hab alles gesehen und alles gehört. Dann war mein Engel weg und er saß da. Ich bin von hinten an ihn ran. Mein Messer in der Hand.“

Langsam zog er ein Messer aus seiner Tasche. „Und jetzt wirst du für immer mir gehören!“ Ich wollte schreien, aber ich konnte es nicht. „Nathan.“, dachte ich und schloss die Augen. „Wir werden uns wiedersehen!“ Ich wartete auf den Tod. Ein metallener Geschmack machte sich in meinem Mund breit. Mein Herz schlug auf einmal langsamer, als wollte es mich möglichst lange am Leben halten! Und dann...und dann... „Nein!“, schrie Herr Gärtner und ich riss die Augen wieder auf. Um uns herum standen Polizisten. „Mein Engel. Nein!“

Lies den Schluss... wie geht es aus?

Autorin / Autor: Janka Katharina Hardenacke - Stand: 12. Februar 2009