Schicksalswege

Einsendung zum Schreibwettbewerb "Eine angelehnte Tür" von Beltz & Gelberg und LizzyNet

Enttäuschungen. Sie sind der tägliche Bestandteil meines Lebens und doch mache ich weiter. Und ich bin nicht der Einzige, dem das bewusst ist. Es ist im ganzen Leben gleich, immer. Ich entscheide mich für einen Weg. Aber dann wird mir der Weg wieder versperrt. Meine Hoffnungen werden zerstört. Dann muss ich einen neuen Weg suchen und von vorne anfangen. Es ist fast wie in einem riesigen Haus voller Türen und Gänge. Ich bin mitten in diesem Haus und suche den Ausgang, aber immer wenn ich denke, den richtigen Weg gefunden zu haben, schlägt eine Tür vor mir zu und es ist vorbei. Ich schlage den nächstbesten Weg ein und dann erblüht wieder Hoffnung in mir. Doch schon wieder eine Enttäuschung. Die nächste Tür des Weges fällt zu. In meinem Inneren höre ich andere Menschen vor Schadenfreude lachen. Ich höre sie, wie sie mich verspotten und mir alle Hoffnungen nehmen wollen. Ich will schon aufgeben. Aber dann höre ich Freunde. Freunde auf der anderen Seite der Tür, die mühsam aufgemacht wird. Zu meinen Freunden schreite ich hindurch. Freude und Hoffnungen erstrahlen.

Mit meinen Freunden schreite ich nun gemeinsam den Weg entlang, und ich sehe schon den Ausgang. Doch dann kommt ein Schatten, der eine Tür auf unserem Weg schließt. Ein bisschen Hoffnung erfüllt mich noch, aber die Tür lässt sich nicht öffnen. Sie ist abgeschlossen. Die schadenfrohen Gesichter und das Gelächter der anderen Menschen schmerzen. Ich fühle mich schlecht und frage mich, ob ich meine Freunde überhaupt verdiene. Meine Freunde sehen zu, wie ich mich setze und alle Hoffnungen gehen lasse. Wie ich aufgebe. Wie ich meine eigene Zukunft in fremde Hände gebe. Doch meine Freunde kommen zu mir. Sie gucken mich an und klopfen mir auf die Schulter. Sie sprechen mir Mut zu und bringen mich dazu, einen neuen Weg zu suchen. Aber nach wenigen Schritten schließt sich erneut die Tür vor uns und das fiese Gelächter der Fremden erfüllt meinen Kopf. Ich ertrage es nicht länger. Immer und immer wieder nehme ich den falschen Weg. Ich werde nie den richtigen Weg finden. Ich bin ein Versager. Was kann ich schon schaffen? Ich werde niemals hier herauskommen. Und meine Freunde ebenso wenig. Dann sehe ich, wie sich mir ein Schatten nähert. Vielleicht ein Fremder, der mich von meinem Leid erlösen will?

Eine Antwort bekomme ich nicht, denn meine Freunde stellen sich vor mich, um den Fremden von mir fern zu halten. Und wieder einmal erfüllt mich dieser Zusammenhalt mit Hoffnung. Hoffnung auf ein gutes Ende. So gehen wir weiter durch das Haus. Doch plötzlich will einer meiner Freunde nicht weiter. Er meint, er könne das alles nicht. Er sagt, wir sollen ihn zurücklassen. Doch ich wehre mich. Ich versuche das, was meine Freunde mir gaben, an ihn weiterzugeben. Ich rede ihm gut zu und erkläre ihm, wie wichtig er für mich ist. Und dann macht er weiter. Alle zusammen gehen wir weiter. Aber schon bei der nächsten Biegung – wieder eine verschlossene Tür. Alles Rütteln und Schlagen hilft nicht. Verzweiflung greift um sich und ich fange an zu weinen. Dann plötzlich ertönt ein Geräusch. Ein Schlüssel dreht sich im Türschloss. Die Tür öffnet sich und meine Familie steht dort. Meine Familie hält mir und meinen Freunden die Tür auf. Freudestrahlend gucken meine Freunde und ich uns um. Danach schreiten wir durch die Tür und mein großer Bruder begleitet uns. Ein Schatten taucht auf, doch mein Bruder vertreibt ihn und flüstert mir zu, er würde mich immer beschützen.

Wir gehen weiter. So lange sind wir noch nie einen Weg entlanggelaufen, bevor uns eine Tür den weiteren Weg versperrte. Doch kurz darauf war es soweit, eine Tür blockierte den Weg.

Doch erneut öffnet sich die Tür mithilfe eines Schlüssels und meine Mutter gesellt sich zu uns. Sie geht mit uns und sagt zu mir, ich solle niemals aufgeben. Ich schwöre mir, mich an ihre Worte zu halten. Der Weg ist jetzt frei. Immer selbstbewusster gehe ich weiter. Unsere Gemeinschaft ist jetzt schon sehr groß und fast nichts kann unserem Zusammenhalt widerstehen. Doch dann versperrt eine dicke Tür den Weg. Und die Suche nach einem neuen Weg wird nötig. Aber ich werde niemals aufgeben und mein Bruder beschützt mich. Also mache ich mich mit meinen Freunden auf den Weg. Dann stößt mein Vater zu uns und sagt, dass ich nie meine Herkunft vergessen solle. Außerdem sagt er, dass er mich liebt.

Mit stolzer Brust schreite ich nun allen voran. Die Schatten, die nach mir greifen wollen, schlage ich in die Flucht. Denn ich weiß, mir kann nichts passieren. Meine Freunde und meine Familie sind bei mir. Doch dann geschieht es. Einer nach dem anderen verschwindet und am Schluss stehe ich allein da. Alleine gegen die Schatten und die Verzweiflung. Doch ich bin frohen Mutes, denn meine Familie und meine Freunde haben mir viel beigebracht.

Ich weiß, dass mein Bruder trotzdem bei mir ist, obwohl ich ihn nicht sehe. Ich weiß, dass ich nie aufgeben werde, weil meine Mutter mir vertraut. Und ich weiß, dass ich meine Familie nie vergessen werde, weil mein Vater mich über alles liebt. Nur meine Freunde lassen mich trauern. Sie hatten mich nichts gelehrt. Ich gehe den Weg weiter, dem ich gerade folge, doch als ich dachte, dass meine Freunde mich nichts gelehrt hätten, bekomme ich eine Ohrfeige. Ich weiß nicht, woher sie kam, doch ich bin sicher, dass sie etwas bedeutet. Da fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Sie hatten mich gelehrt, was Freundschaft bedeutet und das werde ich niemals vergessen. So schmiede ich ein festes Band zwischen mir und meinen Freunden.

Alsbald ich auf dem Weg weitergehe, ist erneut eine Tür verschlossen. Doch ich besinne mich auf meine Freunde und meine Familie. Von der Kraft dieser Gemeinschaft gestärkt, gehe ich durch die Tür, als sei sie Luft. Dann plötzlich erscheint eine Frau. Sie umarmt mich und strahlt vor Freude. Ich freue mich mit ihr. Dann sagt sie, dass sie mich liebt und küsst mich. Ich erwidere den Kuss und Hand in Hand gehen wir durch das Haus. Die Türen stehen nun alle offen, aber dann löst sich die Frau an meiner Seite in Luft auf. Sie wirft mir noch einen Luftkuss zu, aber dann ist sie weg. Tränen fließen mir durch mein Gesicht. Aber ich gehe immer weiter. Dann endlich finde ich den Ausgang. Die Tür ist nur angelehnt und ich sehe ein Licht. Ich werde schneller und beginne zu rennen. Aber die Tür schließt sich langsam. Verzweifelt kämpfe ich darum, schneller zu werden. Ich weine immer noch, aber ich weiß, dass ich nicht allein bin. Und nach kurzer Zeit versiegen die Tränen. Ich renne weiter, aber die Tür ist schon fast zu. Doch trotz allem gebe ich nicht auf. Und dann, als ich fast vor der Tür stand, schließt sie sich. Aber das Schloss rastet nicht ein. Ein Fuß verhindert, dass sich die Tür vollends schließt. Erschöpft und verwundert sehe ich, wie erst eine Hand und dann mehrere durch den Türspalt greifen und die schon so gut wie verschlossene Tür wieder aufziehen.

Alle meine Bekannten öffneten die Tür gemeinsam. Stück für Stück. Die Fremden verstummen in meinem Kopf und ich weiß, ich habe es geschafft. Ich werde langsamer und gehe nun langsamer zu meinen Bekannten. Meine Freunde, meine Familie und die Frau, die mich so lange begleitet hat. Sie alle halten die Tür geöffnet. Und mit einem erhebenden Gefühl überquere ich die Schwelle und schließe meine Helfer ihn die Arme. Ich küsse die Frau, ich umarme meine Freunde und Verwandten und hinter mir fällt die Tür ins Schloss.

Endlich bin ich glücklich. Ich bin glücklich, weil ich weiß, dass ich jetzt mit jenen zusammen bin, die ich über alles liebe. Und ich weiß, dass sie genauso fühlen.

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Autorin / Autor: Nils, 14 Jahre - Stand: 7. Juni 2010