Ein schreckliches Verbrechen?

Einsendung zum Schreibwettbewerb "Eine angelehnte Tür" von Beltz & Gelberg und LizzyNet

„Also Martine-Bella! Geht’s eigentlich noch? Du fährst einfach mit diesem Teufil äh Teufli zur Schule? Spinnst du eigentlich?“ „Aber Mami“, versuchte ich einzuwenden. „Nichts, aber Mami! Was denkst du dir eigentlich?“ „Nichts.“ „Los erzähl, irgendeinen Grund hatte das doch.“ „Ja, ich gestehe: Ich war so spät dran und da habe ich halt Teufli genommen und bin in die Schule gefahren. Was ist eigentlich so schlimm daran, dass ich mit Teufli zur Schule gefahren bin?“ „Das Fahrrad ist ein gefährliches Gerät. Ohne mich bleibt es in der Garage! Ein kleines Gedicht für dich:
In der Stadt beim Straßenverkehr,
da kommt ein Mädchen aufm Fahrrad daher.
Es fährt um die Kurve, es fährt sehr schnell,
da hört es neben sich ein seltsam Gebell.
Es fällt herunter und – oh nein! –
brach es sich ein Bein.
Ein Auto kam und sah es nicht,
da wars geschehn und aus die Geschicht.“

Das ist meine Mutter. Sie ist supernett aber genauso ängstlich. Papa ist nicht so. Er und Mama sind beide wirklich toll. Oh, ich habe vergessen mich vorzustellen. Ich bin Martine-Bella. Eigentlich werde ich einfach Marell genannt. In der Schule jedenfalls.

Apropos Schule: Ich bin ja mit meinem Fahrrad „Teufli“ zur Schule gefahren. Auf dem Weg war mir ich eingefallen, dass ich kein Schloss hatte. Angekommen in der Schule, warf ich es hinter eine Hecke. Im Unterricht – zu dem ich noch rechtzeitig gekommen war – war alles normal. Aber in der Pause, da war was. Ihr müsst wissen, ich bin sehr langsam in Sachen anziehen und rausgehen. Deshalb sah ich, wie aus dem Nebenzimmer – dem Klassenzimmer von Frau Terol – mein Papa rauskam!
„Huhu, Martine-Bella!“ Meine Mutter sieht mich fragend an. „Wieso hast du gesagt: Papa kam raus?“ Ich habe wohl laut gedacht. Ich erzähle die ganze Geschichte noch mal. „Als Papa weg war, sah ich auf dem Boden ein Papier! Am Boden vor der Tür! Ich ging hin und hob es auf. Langsam las ich die wenigen Worte: FRAU SILOM MUSS WEG – GUTE BEZAHLUNG – SOLL ICH ES TUN? Ich dachte über die Worte nach. Das war 100% von meinem Papi geschrieben. Ich kenne seine Schrift. „Hast du den Zettel dabei?“, unterbricht mich Mami. „Ja, hier!“ „Erzähl zuerst fertig!“ „Okay: Plötzlich hörte ich Stimmen aus dem Klassenzimmer: Meinst...? ....wir wirklich? Ja, komm,....Silom muss weg.... Wir brauchen... . Von ihm würde man nicht denken... . ist! Sollen... ? Mal.....“
Die Tür war nur angelehnt! Das Gespräch war vorbei! Ich hörte Schritte und dann wurde ein Computer hochgefahren. „Mama, wenn das jetzt ein Verbrechen ist, zu dem sie Papi anstellen wollen, dann ist er ja ein Verbrecher“, fällt mir ein.
„Ja, Martine-Bella. Aber ich glaube nicht, dass er so etwas tun würde!”, versucht Mama mich zu trösten. „Oh, weißt du noch, wie er heute Morgen gesagt hat, er würde sich für eine Stelle umsehen?“ „Ja, leider. Aber fragen wir ihn einfach wenn er kommt. Oh, da ist er!“
Papa geht ins Badezimmer und nimmt ein Bad. Wie lange geht das noch? Sollen wir ihm wirklich etwas sagen? Doch dann kommt Papi schon aus dem Bad.
Ängstlich bin ich schon, er könnte uns auch umbringen, weil wir was wissen. Aber ehrlich gesagt: Mein Papa? Nie im Leben!
Ich erzähle Papa stammelnd von allem. Mami hilft mir. Ich bin nervös. Er lacht und sagt, dass wir zu viel Krimis gelesen hätten. Seine Erklärung lautet: „Diese Notizen bedeuten: Die Lehrerin - Frau Silom - geht weg. Ich soll für sie Schule geben. Der Job wird gut bezahlt und ich wollte mit euch darüber reden, ob ich den Job annehmen soll.“ „Ups, aber was bedeutet denn das Gespräch?“, frage ich. „Sag mir noch mal genau, wie es gelautet hat!“, verlangt Papa. Ich sage es ihm und er überlegt ein wenig. „Wahrscheinlich so:“, sagt er. „Meinst du? Sollen wir wirklich? Ja komm, Frau Silom muss weg gehen. Wir brauchen jemanden. Von ihm würde man nicht denken, dass er arbeitslos ist! Sollen wir jetzt? Mal sehen.“ „Ja, das ist logisch.“ Da ertönt plötzlich ein Geräusch. „Es ist eine E-Mail angekommen!“, ruft Papa. Er rennt zum Computer und liest sie laut vor:

Sehr geehrter Herr Doblitz,
wir freuen uns sehr, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass Sie die Stelle als Lehrer bekommen und nach den Sommerferien hier bei uns im Schulhaus Ringelberg unterrichten.
Mit freundlichen Grüßen

Frau Terol                         Herr Ganter
Schuldirektorin                 Schulpflege

„Juhu! Du hast die Stelle!“, freue ich mich. Dann ist ja jetzt alles gut.

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Autorin / Autor: Aika, 12 Jahre - Stand: 4. Juni 2010