LOG OUT!

Autoren: Oliver Uschmann, Sylvia Witt

Buchcover LOG OUT!

Die  Autoren Sylvie Witt und Oliver Uschmann haben ein komisches Buch geschrieben:
komisch im Sinne von lustig. Komisch, weil ungewöhnlich und komisch, weil die zunächst völlig zusammenhangslose Geschichte auf einen guten moralischen, packenden und berührenden Nenner kommt - und dabei total skurril ist. Das Inlay des Buches verrät mir, dass die beiden Autoren das Buch aus einigen kleinen Selbstversuchen heraus geschrieben haben.

Ein Selbstversuch ist auf den ersten Eindruck auch das Thema des Buches: Der Protagonist Paul will mit der Routine in seinem Alltag und mit seinen Gewohnheiten nicht brechen – muss es aber, denn jetzt haben sein bester Freund Benny und er Abitur. Sein Vater hat eine lange Reise vor und alles zerstreut sich in Richtungen, die er nicht kalkulieren kann. Dabei ist Paul leider, könnte man sagen, ein Kontrollfreak. Trotzdem beginnt er  sich auf den Rat zweier erfolgreicher PR- Makler und - teilweise aus Verzweiflung, teilweise aus Lethargie -  in eine mehr oder weniger fixe Idee zu verrennen. Er startet ein für einen Menschen in seiner Generation ganz und gar nicht typisches Survival-Projekt, welches beginnt, sich zu verselbstständigen, als er plötzlich nicht mehr auf sich selbst hört, sondern auf die Kommentare der User, Fans und Feinde in seinem Blog, den er über seinen Überlebensalltag führt.

Ich finde eher, in dem Buch geht es darum, dass man die Leute manchmal nicht kennt und sich selbst auch nicht und, dass man nicht weiß, wozu man selbst und die anderen im Stande sind: im Guten wie im Schlechten. Paul jedenfalls ist in der Lage so zu schreiben, dass die „Zeit“ ihn interviewt und sich in ein Mädchen zu verlieben, dass er nur aus dem Internet kennt- und deren Mails sein Alltag bestimmen - wie eine alte geliebte Gewohnheit. Neben seinem Survival-Projekt geht es also auch um seine kleine Liebe und um das manchmal schleichende Gefühl vom Verlorensein in einer digitalisierten Welt und damit einem immer rasanter werdenden Lebenslauf.

Paul und das Mädchen Sonja lassen mich auf das Leben ein wenig anders blicken. Sie beobachten die Dinge so genau, wie selten einer hinschaut. Und sie sind hart zu sich und hart zu anderen.
Was mir besonders an dem Buch gefällt, sind die radikalen Handlungen und die selbstironischen oder einfach nur nachdenklichen, wenn auch zynischen Kommentare von beiden. Vor allem, wenn man das Gefühl hat, direkt angesprochen zu werden. Zudem kennt man die Medien alle, die Paul benutzt oder die seinen Weg begleiten. Die Geschichte kommt einem dadurch näher vor als es sonst möglich wäre bei der sehr verrückten Handlung. Es werden auch Grenzen überschritten. Nebenrollen werden immer größere Bedeutungen zugesprochen. Ich hab das Buch schon vorher sehr zügig gelesen, doch jetzt lege ich es nicht mehr weg. Die Bilder und Szenen, welche die Autoren benutzen, werden im Laufe gesellschaftskritischer und ehrlicher. Die Formulierungen und Dialoge drastischer. Allgemein ist der Schreibstil sehr sprunghaft und detailverliebt. Und es geht mal nicht um die negativen Aspekte sozialer Netzwerke, sondern um unsere persönliche Haltung zu all den Dingen. Zeitgleich spielt die Geschichte in diesem Jahr! Man bekommt unter anderem Wind von aktuellen Trends.

Einzig stört mich, dass manche Dinge einfach zu überspitzt sind und manchmal klischeehaft.
Doch dann denke ich daran, wie gut das Buch mich unterhalten und zum Nachdenken angeregt hat. Und möchte damit dieses kleine Stück Größenwahn gerne weiterempfehlen - entgegen der schlechten Kritik mancher Rezensenten bei amazon.


*Erschienen bei: Script5 Verlag *

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Autorin / Autor: luisa1995 - Stand: 19. September 2012