Was am Ende wirklich zählt

Einsendung zum Wettbewerb "Schreiben mit allen Sinnen" von Isabella, 18 Jahre

Erschöpft und ausgehungert komme ich von der Arbeit nach Hause. Mit letzter Kraft lasse ich mich auf den Sandsack sinken, der sich hart wie ein Stein in meinen Rücken bohrt. Obwohl ich die Antwort kenne, frage ich meine Mutter was es zu essen gibt. Mit einem matten Lächeln auf den Lippen dreht sie sich zu mir um und versichert mir, dass es gleich Suppe geben würde. Wohlwissend, dass das eine Lüge war, drehe ich mich auf die andere Seite und versuche zu schlafen. Seit Tagen kocht meine Mutter jeden Abend Wasser mit Kieselsteinen, um nicht zugeben zu müssen, dass wir nichts zu essen haben. Das Geld, das ich als siebenjähriger Müllsortierer in einem der größten brasilianischen Slums verdiene, reicht nicht aus um satt zu werden. Mein Versuch zu schlafen wird jäh von einem weit entfernt piepen unterbrochen. Ich schlage die Augen auf und stelle fest, dass ich vollkommen verschwitzt in meinem Bett liege. „Nur ein Traum“, versuche ich mich in Gedanken zu beruhigen. Leider ist das kein Traum. Wir leben mit Millionen an hilfsbedürftigen Menschen unter demselben Blau des Himmels und sind doch unzufrieden, wenn wir abends satt in unseren warmen Betten liegen.

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