Never Coming Home

Autorin: Kate Williams
ins Deutsche übersetzt von Bettina Münch

Die schönsten Strände, die luxuriösesten Unterkünfte, die exklusivsten Erlebnisse – das sind die Superlative, mit denen ein Aufenthalt auf „Unknown Island“ beworben wird. Ein einzigartiges Ressort auf einer tropischen Privatinsel, in dem kein Wunsch unerfüllt bleibt. Und das Besondere: Ein Urlaub dort ist kostenlos, finanziert wird das Ganze von einem geheimen Geldgeber, der etwas von seinem Reichtum an die Gesellschaft zurückgeben möchte, oder zumindest an ein paar glückliche Auserwählte. Die aufwendige und breit gestreute Werbekampagne zum Launch von „Unknown Island“ gipfelt in der Veröffentlichung der Gästeliste für den ersten Trip: Wie zu erwarten war, wurden 10 Influencer aus den verschiedensten Bereichen ausgewählt: Fashion & Beauty, Umweltschutz, Musik – aus jeder Ecke ist jemand dabei. Auch die Gäste selbst freuen sich auf den Trip, sehen ihn als Chance, sich zu entspannen, einzigartigen Content zu produzieren und auch untereinander Kontakte zu knüpfen. Doch schon bei der Anreise wundern sich einige über die geringen Standards des angeblich so exklusiven Resorts: Die wenigen Mitarbeiter, die die Gäste zu Gesicht bekommen, sind kurz angebunden und scheinen die Insel nach und nach zu verlassen. Die Unterkünfte sind mehr als schlicht und das genaue Gegenteil von luxuriös. Alles wirkt billig und unfertig. Zwischen den hochkarätigen Influencern macht sich Ärger breit, doch alle Kontaktversuche zum Management von „Unknown Island“ scheitern, sodass sich der Frust unter den Gästen nach und nach in Wut und schließlich in Sorge verwandelt. Doch zu viel Zeit zum Grübeln bleibt nicht, denn noch während die zehn verzweifelt versuchen, Kontakt mit der Außenwelt aufzunehmen, ereignet sich der erste Todesfall – und den Überlebenden ist klar, dass einer von ihnen der oder die Nächste sein wird.

Der Plot von „Never Coming Home“ hat mich zu Beginn sehr an die Geschichte des Fyre Festivals erinnert. Wer die noch nicht kennt, dem empfehle ich gerne die gleichnamige Doku auf Netflix. Doch sobald der Plot Fahrt aufnimmt, schwindet die Ähnlichkeit, und die Geschichte um „Unknown Island“ entwickelt sich in eine ganz andere Richtung. Das Motiv des Scheins, der sich ganz deutlich vom Sein unterscheidet, kommt immer wieder auf und spiegelt sich in vielen Elementen der Erzählung wieder. Auch wenn die Story in der ersten Hälfte womöglich etwas platt wirkt, so wird spätestens im Epilog deutlich, dass in dieser Geschichte deutlich mehr passiert, als auf den ersten Blick sichtbar wird. Insgesamt entwickelt sich die Handlung in einer hohen Geschwindigkeit, sodass der Leser gar keine Chance hat, zur Ruhe zu kommen und die Geschehnisse mit kühlem Kopf zu analysieren. Stattdessen haben die Ereignisse auf „Unknown Island“ eine beinah soghafte Wirkung, der man sich kaum entziehen kann. Man fliegt beinahe durch die Seiten und hält das ein oder andere Mal die Luft an.

Mich hat „Never Coming Home“ wirklich sehr gut unterhalten. Es ist ein Thriller mit Substanz in einem traumhaften Setting, der moderne Elemente auf gekonnte Weise mit einem recht klassischen Skript verbindet. Ein wirklich gelungenes Buch, das ich sehr gerne weiter empfehle!

*Erschienen bei Rotfuchs*

Autorin / Autor: lacrima - Stand: 20. Oktober 2023