Nachhaltige Kleidung? Mangelware!

Die Verbraucherzentrale hat große Online-Shops unter die Lupe genommen. Wer auf ökologisch und sozial nachhaltig hergestellte Kleidungsstücke Wert legt, hat es dort schwer.

Klamotten gemütlich vom Sofa aus bestellen, ist für viele Menschen heute Standard. Wer aber Wert auf nachhaltige Kleidung legt, muss sich schon ziemlich anstrengen, um bei H&M, Shein, AboutYou und Co. was Passendes zu finden. Denn in den großen Online-Shops ist nachhaltige Kleidung Mangelware und nur schwer auffindbar.

Fantasiesiegel und vage Nachhaltigkeitsversprechen

Die Verbraucherzentrale hat in ihrem aktuellen Markt-Check die zehn umsatzstärksten Shops in Deutschland unter die Lupe genommen. Die Tester:innen suchten jeweils nach einer Damenhose Größe 38 und prüften, ob unter den ersten fünf angezeigten Hosen sofort „grüne“ Angebote erkennbar waren. Doch (fast) Fehlanzeige: „Nur vier von 50 Produkten waren als nachhaltig gekennzeichnet“, kritisiert Kerstin Effers, Umweltexpertin der Verbraucherzentrale NRW. Bevor nachhaltige Kleidung angezeigt wird, müssen sich die Konsument:innen erstmal durch zahlreiche konventionell produzierte Produkte klicken. Und selbst wenn der Online-Shop Filter anbietet, mit denen nach nachhaltigen Kleidungsstücken sortiert werden kann, führt das laut den Tester:innen zu ungenügenden Ergebnissen. Statt bekannter Siegel wie "Der grüne Knopf" oder Textilsiegel wie ‚Oeko-Tex‘, ,GOTS‘ (Global Organic Textile Standard) oder ‚Fairtrade Cotton‘, werden Produkte mit selbst erfundenen Symbolen und vagen Nachhaltigkeitsaussagen angezeigt, die für die Verbraucher:innen nicht verlässlich sind oder keinen nachvollziehbaren Informationsgehalt haben.

Auch der Filter hilft nicht weiter

„Umfassende Siegel wie der GOTS, der unter anderem ökologischen Faseranbau und eine sozial verantwortliche Herstellung fordert, haben wir unter den insgesamt 71 durchgesehenen Produktseiten überhaupt nicht gefunden“, berichtet Effers. Nach der Verwendung von Suchfiltern tauchten unter 21 angezeigten vermeintlich „nachhaltigen“ Produkten lediglich sechsmal das Label „Cotton made in Africa“, zweimal „Oeko-Tex made in Green“, dreimal „Fair Wear Foundation“ und fünfmal nachhaltigere Viskose von Lenzing auf, jedoch auch drei Hosen, die nur einen Anteil Recycling-Polyester enthielten und deshalb schon als nachhaltig beworben wurden. Ein Händler verwies vage auf Nachhaltigkeitsaussagen des Herstellers.

Nur drei Shops bieten Secondhand-Kleidung an

Eine einfache Möglichkeit, Kleidung gebraucht statt neu zu kaufen, boten lediglich drei der zehn getesteten Shops an. Dort konnten Verbraucher:innen anhand der Bezeichnungen „Preowned“, „Second Hand“ oder „Second love“ direkt in der Navigationsleiste auf der Website den Weg zu Secondhand-Angeboten einschlagen. Anleitungen für kleine Reparaturen, die ebenfalls die Lebensdauer von Kleidungsstücken verlängern können, stellte nur ein Online-Shop zur Verfügung.

Mehr Verantwortung bitte!

„Im Onlinehandel mit Kleidung und Schuhen werden in Deutschland jährlich Milliarden umgesetzt. Anstatt auf kurzlebige und minderwertig produzierte Fast Fashion zu setzen, müssen Anbieter endlich Verantwortung übernehmen und von ihren Lieferanten einen höheren Anteil unabhängiger und bekannter Textilsiegel verlangen“, fordert die Verbraucherzentrale NRW.

Sie appelliert an die Online-Shops, nachhaltige Produkte vorrangig zu zeigen, ohne dass die Verbraucher:innen einen Filter dafür setzen müssen. Die Nachhaltigkeitsaussagen müssten außerdem wahr und nachvollziehbar sein und durch unabhängige Siegel (statt selbsterfundener Symbole) gut erkennbar sein. Außerdem sollte nicht als nachhaltig beworben werden, was es nicht ist - etwa Recyclingpolyester, dass aus PET-Flaschen gemacht wird. Zuguterletzt sollten Online-Shops Verbraucher:innen in einem nachhaltigen Kleidungskonsum unterstützen, zum Beispiel indem Second-Hand-Kleidung, Reparaturdienste und Ersatzteile (Knöpfe, Reißverschlüsse) angeboten werden.

Textilstrategie: Bekleidungssektor soll bis 2030 nachhaltiger werden

Weil schnelllebige und minderwertig produzierte Mode Umwelt und Klima besonders stark belastet, will die EU-Kommission Fast Fashion Einhalt gebieten. Verbraucher:innen sollen stattdessen mehr langlebige, ressourcenschonend und sozialverträglich produzierte Kleidung angeboten bekommen. Dies sieht die im März 2022 vorgelegte Textilstrategie vor, die den Bekleidungssektor in der Europäischen Union bis spätestens 2030 nachhaltiger machen soll.

In den Online-Shops ist diese Botschaft aber offenbar noch nicht angekommen.

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Autorin / Autor: Redaktion / Verbraucherzentrale - Stand: 5. Oktober 2023