Genie braucht Zeit

Studie: "Wunderkinder" werden immer älter

Ihr habt euch so viel vorgenommen und mit 18 Jahren immer noch keinen Nobelpreis verliehen bekommen? Hartnäckig hielt sich in der Wissenschaft die Vorstellung von dem jungen Genie. Selbst Albert Einstein soll damals behauptet haben, dass ein Physiker mit 30 Jahren praktisch „tot“ sei – wer bis dahin noch keinen bedeutenden Beitrag zur Forschung geleistet habe, würde es danach auch nicht mehr schaffen. Das mag zu Einsteins Zeiten noch gestimmt haben. Heutzutage allerdings machen die meisten ForscherInnen ihre bahnbrechenden Entdeckungen erst jenseits der 30.

Dies fanden zwei US-amerikanische Forscher in einer Studie heraus, die sie jetzt im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences" veröffentlichten. Sie werteten die Lebensläufe aller 525 Nobelpreisträger der Jahre 1901 bis 2008 in den Kategorien Chemie, Physik und Medizin aus. Das Ergebnis ihrer Analyse: Bis zum Jahre 1905 waren etwa zwei Drittel der Preisträger bei ihrem Durchbruch noch keine 40 Jahre alt. 20 Prozent haben ihre gewinnbringenden Entdeckungen sogar vor dem 30. Lebensjahr gemacht. Ab dem Jahr 2000 sei eine Auszeichnung in jungen Jahren allerdings äußerst selten geworden. In Physik beispielsweise liege das durchschnittliche Alter der Nobelpreisträger bei 48 Jahren – lange nach Einsteins Errungenschaften im Alter von 26 Jahren. Die Erfahrung scheint das jugendliche Talent abgelöst zu haben. "Das Bild des brillanten, jungen Forschers, der früh seinen entscheidenden Durchbruch in der Wissenschaft macht, ist überholt", sagt Bruce Weinberg, Co-Autor der Studie und Professor an der Ohio State University.

Die Wissenschaftler sehen die Gründe für die Altersverschiebung in der immer länger dauernden Ausbildung und den wachsenden Anforderungen. Nachwuchsforscher müssen sich immer mehr Wissen aneignen und haben die 30 Jahre meist schon überschritten, bevor sie ihre anspruchsvollen Dissertationen verfasst haben und selbst forschen können.

Für alle, die eine nobelpreisverdächtige Karriere anstreben und sich selbst abhetzen, also eine gute Nachricht. Ihr müsst nicht (mehr) befürchten, ab 40 zum alten Eisen zu gehören. Auch Genie braucht manchmal seine Zeit ;-)

Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 14. November 2011