Alter schützt vor Kühnheit nicht

Studie zu Risikoentscheidungen zeigt, dass "Ältere" oft mehr wagen als "Jüngere"

Entscheidungen

Du hast jetzt schon Flausen im Kopf? Dann warte mal ab, bis du "älter" wirst ;-). Wer glaubt, dass man im Alter weniger risikobereit ist, verschätzt sich eventuell. Das zumindest legt eine aktuelle Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung nahe, die in der Fachzeitschrift Psychological Science erschienen ist. Entgegen bisheriger Erkenntnisse zeigt diese, dass ältere Menschen riskantere Entscheidungen treffen als jüngere. Dabei komme ihnen zugute, dass positive Emotionen bei ihnen stärker ausgeprägt sind; dies lasse sie Risiken optimistischer bewerten. Außerdem empfinden ältere Erwachsene die Möglichkeit von Verlusten nicht so negativ wie junge.

Die menschliche Lebenserwartung steigt. Schon heute liegt der Anteil der über 65-Jährigen in den industrialisierten Teilen der Welt bei etwa 21 Prozent, und es wird vermutet, dass es bis 2060 etwa 32 Prozent sein werden. Ältere Menschen und ihre Entscheidungen haben somit einen immer größer werdenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Einfluss. Die WissenschaftlerInnen untersuchten deshalb, wie ältere im Vergleich zu jüngeren Menschen Entscheidungen unter Risiko treffen. Dafür verglichen sie Ähnlichkeiten und Unterschiede bei Risikoentscheidungen von 60 jüngeren Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren sowie 62 älteren Erwachsenen im Alter zwischen 63 und 88 Jahren.

Die TeilnehmerInnen machten einen Entscheidungstest, bei dem sie jeweils zwischen zwei Optionen wählen sollten. Bei jeder Option konnte mit gewisser Wahrscheinlichkeit Geld gewonnen oder verloren werden. Insgesamt galt es 105 Aufgaben zu bearbeiten, wobei stets die Information vorlag, welcher Betrag gewonnen oder verloren werden konnte und wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Gewinns oder eines Verlusts war. Die älteren Menschen trafen in der Studie häufiger risikoreiche Entscheidungen als die jüngeren. Grund dafür ist, laut den Wissenschaftlern, die bessere Gemütslage der Älteren. Wie auch schon in früheren Studien berichteten sie von mehr positiven und weniger negativen Emotionen als die Jüngeren.

*Optimismus steigert Risikobereitschaft*
„Wer gut gestimmt ist, hat eher die positiven Möglichkeiten einer Entscheidung im Blick“, sagt Thorsten Pachur, Erstautor der Studie und Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Forschungsbereichs „Adaptive Rationalität“ am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. „Die älteren Probanden waren optimistischer in der Bewertung möglicher Gewinne und wagten demnach mehr. Zudem bewerteten sie mögliche Gewinne und Verluste gleich, während die jüngeren Probanden stärker darauf fokussiert waren, mögliche Verluste zu vermeiden“, so Pachur weiter.

Der Befund einer größeren Risikobereitschaft von älteren Menschen widerspricht den Ergebnissen vieler früherer Untersuchungen. Dies erklären die WissenschaftlerInnen mit einem veränderten Studienaufbau: Während in früheren Studien den Testpersonen meist die Wahl zwischen einer sicheren und einer risikoreichen Option gegeben wurde, waren in dieser Studie beide Optionen risikoreich, aber in unterschiedlichem Maße. Somit mussten sie sich mit den Optionen genauer auseinandersetzen.

*Ältere trafen schlechtere Wahl*
Zusätzlich zu den Unterschieden in der Risikobereitschaft zeigte sich, dass die älteren Probanden jedoch schlechtere Entscheidungen trafen als die jüngeren. Das heißt, sie wählten seltener die objektiv bessere Option, das heißt die Option, die aus ökonomischer Sicht einen höheren erwarteten Gewinn bot. „Die Unterschiede in der Entscheidungsqualität sind auf die Abnahme der fluiden Intelligenz im Alter zurückzuführen, also auf die Abnahme der Fähigkeit, Informationen schnell zu verarbeiten und Probleme zu lösen“, sagt Thorsten Pachur.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Ausprägung von Altersunterschieden im Risikoverhalten stark durch die Situation beeinflusst ist, in der das Risikoverhalten untersucht wird. Zudem verdeutlichen sie das Zusammenwirken von Emotion und Kognition bei der Entscheidung für oder gegen ein Risiko. „Beides spielt dabei eine Rolle, jedoch mit unterschiedlichen Funktionen. Während Emotionen vor allem dafür verantwortlich sind, ob von zwei zur Auswahl stehenden Risiken das größere oder kleinere gewählt wird, hilft die Kognition, die objektiv bessere Option zu identifizieren“, so Thorsten Pachur.

Quelle:

Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 16. März 2017