Hab ich meineTage oder was?

Kein Grund zur Aufregung!

„Hast du deine Tage oder was?“ Wie oft habe ich mich schon über diesen Spruch aufgeregt. Und das völlig zu Unrecht. Denn ehrlich gesagt, stimmt es doch (ab und zu). Ja, ich habe meine Tage. Gut, dass du an diese Möglichkeit gedacht hast. Gut, dass du fragst. Ja, ich bin heute dünnhäutiger  als sonst. Hätte lieber, wenn du heute so richtig nett wärst.  Das wäre super.  Danke der Nachfrage!
Ich ärgere mich wirklich zu Unrecht und antworte gereizt, obwohl das doof ist. Wäre doch besser, wenn der Sportlehrer sagen würde, „hast du deine Tage oder warum sitzt du so lustlos auf der Bank?“ Wäre doch echt besser, als wenn ich ihn peinlicherweise über das Natürlichste der Welt aufklären und erläutern müsste,  dass und warum ich heute Bauchschmerzen habe (vielsagendes Augenbrauenhochziehen), mich unwohl fühle und darum keine Lust habe, mich bei Völkerball abwerfen zu lassen. Wäre doch besser, er käme gleich selbst drauf und müsste darum nicht die Augen rollen, es für eine Ausrede halten und gleichzeitig peinlich berührt sein.
„Wäre doch besser, wenn einer sagen würde, „Ey, du hast da was an der Hose. Hast du deine Tage oder was?“ als wenn ich krampfhaft  so tun müsste, als hätte ich mich gerade in eine Ketchup-Pfütze gesetzt (iiih, wer hat hier Pommes gegessen, so eine Sauerei…). Wäre doch besser, ich könnte sagen: „Oops, da bin ich wohl ausgelaufen“ und keiner würde “iiiih“ und „bäh“ sagen, sondern höchstens „Typisch Lina“ und „Nee, zum Glück kein Ketchup, hat  nur ihre Tage.“ „Ach so, na dann ist ja gut!“
Sucht man im Internet nach „Lifehacks“  zu diesem Thema findet man neben der berühmten selbstgebastelten Sockenbinde (die ich auch schon kannte)  allerlei Tricks, die zu 10% aufzeigen, was man alles vermeiden  sollte, wenn man seine Tage hat  ( Kaffee, Salz, Milch, Alkohol usw.) und zu  90 %, wie man verbirgt, dass man seine Tage hat (verstecken, verbergen, tarnen und vergraben).
Man kann zum Beispiel Zippbeutel mit sich herumtragen, in dem man dann gebrauchte Tampons in der eigenen Tasche verstauen kann, falls der Gastgeber keinen Mülleimer hat oder man nicht will, dass der Gastgeber irgendwann im Mülleimer eine schrecklich peinliche Entdeckung macht („Oh Gott, eine meiner Bekannten hatte ihre Tage. Wie schrecklich!“) Wäre es nicht cooler, wenn der Gastgeber unaufgefordert sagen würde: „Hast du deine Tage, oder was? Soll ich dir einen Mülleimer klar machen, oder was?“
Oder man kann – toller Lifehack - unbenutzte Tampons auch in halbleeren Taschentuchverpackungen auffindsicher verbergen.  Wäre es nicht viel cooler, wenn ich zu meinem Sitznachbarn sagen könnte, „Kannst du mal die Mila neben dir nach nem Tampon für mich fragen? In meiner Tasche find ich keinen. Hab ich wohl zu gut versteckt!“ Mal ehrlich, warum muss ich eigentlich selbst in meiner eigenen Tasche einen Tampon unsichtbar machen??  Damit ich beim Anblick nicht rot werde ;-)? Damit ich mich nicht fragen muss: „Hab ich jetzt meine Tage, oder was?“
Auch in der Werbung geht es ja nur darum: Verbergen, verleugnen, verdrängen und in reinweißen Klamotten (bescheuert oder was?) durch Blumenwiesen springen und Verrenkungen machen, die jede handelsübliche Binde zum Verknoten bringen würden.  Wäre es nicht cooler, jede Frau im weißen Kleid zu fragen, „Hast du keine  Tage oder was?“
Wenn mich das nächste Mal jemand frag „Hast du deine Tage oder was?“, dann sage ich: „Ja, danke, dass du fragst.“ Oder „Gut beobachtet“ oder „Nee, erst in einer Woche.“ Und nehme mir vor, mich nicht mehr zu ärgern.  Schließlich bin ich auch nicht beleidigt, wenn jemand sagt „Ey, hast du einen Arm oder was?“

Autorin / Autor: merceda