Meine Vision von Frankfurt a/M. im Jahr 2050

Einsendung zum Wettbewerb 2050 - Stadt meiner Träume von Jana, 24 Jahre

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Als ich aus dem Fenster gucke, ist es dunkel. Klar, denn es ist Nacht! Aber das war nicht immer so selbstverständlich. Die Lichtverschmutzung, gerade in Großstädten wie dieser, wurde lange als Problem vernachlässigt. Inzwischen gibt es nur noch Solarzellen als Beleuchtung in Hauswänden, Straßen und Radwegen. Sie sind allesamt mit Bewegungsmeldern ausgerüstet. Wenn sich jemand bewegt, geht das Licht an. Wenn alles schläft, und niemand wacht, ist alles schwarz. So bemerkt man nicht, wie viele millionen Menschen um einen herum leben. Schließlich ist Frankfurt eine der größten Städte der Welt. Zwar haben wir weltweit die 10 Milliarden, wie einst von Stephen Emmott prognostiziert (1), zum Glück nie ganz erreicht, aber viele sind wir dennoch. Wäre es hell, könnte ich tief hinab schauen, ich würde die Straßen sehen, auf denen heutzutage kein motorisierter Individualverkehr mehr zugelassen ist, sondern die fahrradfreundlich gebaut sind, mit viel Platz für Fußgänger und Emobilität. Durch die durchsichtigen Solarpanels, die großflächig viele Häuserwände bedecken, würde ich Alleen sehen, die die grüne Lunge der Stadt trotz ihrer Größe bewahren. Ich würde die hängenden Stadtgärten sehen, die Bienenvölker auf dem Balkon gegenüber und die kleine Windturbine auf der Spitze des Nachbarturms. Meine Augen gewöhnen sich langsam an die Dunkelheit, und ich sehe die Umrisse der Heldenfigur auf dem Denkmalsplatz die Straße runter. Hätte uns der „Held“ nicht mit aller Kraft vom Klimawandel und seinen Folgen überzeugt, hätte es uns wahrscheinlich noch schlimmer getroffen. Irgendwie hatte ja jeder gewusst, was wir falsch machten und wohin uns das führte mit Pestiziden, Kohleverbrennung, Atommüll, Fracking und dergleichen. Aber wirklich gehandelt hatten nur die Wenigsten. Sie alle wurden vereint im symbolischen „Held“, der nun als Mahnmal der Klimakatastrophe in jeder bedeutenden Stadt wachte, um die Menschen daran zu erinnern, wohin Gier und Profitmaximierung uns einst gebracht hatten. Ich blicke auf meinen schlafenden Sohn und bin froh, dass er in einer besseren Welt aufwachsen kann, die nicht von Finanzmärkten und Fremdenhass regiert wird. Denn der war schnell vorbei, als es nach den ersten Inselstaaten, die im Meer versanken, auch immer mehr Klimaflüchtlinge aus den USA und anderen westlichen Ländern gab, die von Waldbränden, Wirbelstürmen und Erdbeben heimgesucht wurden. Da wir in der Mitte des gemäßigten Europa wohl noch am meisten Glück hatten, nahmen wir alle auf. Es stellte sich heraus, dass das reiche Land Deutschland sehr wohl mit großen Flüchtlingsströmen fertig werden konnte, ohne an Menschlichkeit zu verlieren. Die Kapitalmärkte jedoch verkrafteten diese radikalen Veränderungen nicht. Doch was für viele immer als  Katastrophe erschien, stellte sich als großartige Chance heraus! (2) Das neue Wirtschaftssystem belohnt nicht Wachstum, sondern die beste „Gemeinwohlbilanz“, beruhend auf der Idee der Gemeinwohl Ökonomie (3). Nur so schafften es Städte und Kommunen sich zu regenerieren nach der Umweltkatastrophe von 2030. Mein Sohn dreht sich im Schlaf, er ist unruhig, wahrscheinlich ist er genauso aufgeregt wie ich. Morgen geht es in den Urlaub! Ich will meinem Jungen endlich was von der Welt zeigen! Wir fahren mit dem Elektrofernbus, da das Fliegen schon lange ein Luxusgut geworden ist, das nur mit Genehmigung in Ausnahmesituationen möglich ist. Mein Sohn murmelt unruhig im Schlaf. Vielleicht denkt er immer noch über sein Lieblingstier nach, von dem er mir ständig in den Ohren hängt: den fast ausgestorbenen Delfin. Wir hoffen, ihn bei unserem Urlaub zu sehen. Dort soll es die letzten Exemplare geben. Die früher fruchtbare Po Ebene ist nun Meeresgrund und Kinderstube für verbliebene Meeressäuger. Durch das Nachhaltigkeitsprogramm in der Schule ist er sensibler für Umweltthemen als meine „Generation Smartphone“ es damals war. Er lernt sich gesund zu ernähren, zu kochen und zu gärtnern. Er lernt auch, wie „cool“ Energiesparen ist. Frankfurt ist heutzutage eine Stadt mit 100% erneuerbaren Energien. (4) Außerdem blüht und summt es an jeder Ecke, auf jedem Balkon und jeder Terrasse. Frankfurt recycelt, verwertet Biomüll zu Strom, ist voller Gemeinschaftsräume wie RepairCafes (5), Foodsharingstationen (6), Kaffelädchen zum Verweilen statt Coffe to go (7) und vielem mehr. Und das Beste: es kommt immer mehr dazu, über eine offene Plattform der Stadtverwaltung werden Ideen eingebracht und transparent gemacht. So kann sich jeder aktiv an der Gestaltung der Stadt beteiligen, basierend auf dem Konzept der Bundesregierung, die die transparente Demokratie (8) nun seit einigen Jahren erfolgreich lebt und jedem über das verifizierte Eigen-Net die Möglichkeit gibt aktiv mitzubestimmen. Dadurch ist auch die Wahlbeteiligung wieder gestiegen. Viele Wohnungen sind heutzutage geprägt von Zwischenwohnmöglichkeiten (9), sodass kein Raum ungenutzt bleibt. Das könnte man sich auch gar nicht leisten, die Verdichtung der Städte hat ihr Limit erreicht, bei dem sie noch ökologisch verträglich ist. Viele Häuser werden aus Neptungras (10) oder Stroh gebaut, dank revolutionären Architekten, die diese Materialienverwendung schon Anfang des 21. Jhd. begannen! (11) Eine Hochgeschwindigkeitsbahn rast weit hinten vorbei. Ihre Einführung war erst umstritten, doch inzwischen ist sie unentbehrlich. Viele alte Strecken von Zügen, die nicht mehr genutzt wurden, wurden nach Vorbildern wie der High Line in New York zu Oasen für Spaziergänger und Jogger. Kilometerweit ziehen sich die Parks auf den alten Schienen. (12) Es hat sich so viel getan seit der Klimarevolution, alles ist regionaler geworden und doch fühlt man sich irgendwie globaler, da sich ein einheitliches Ziel entwickelt hat. Sich ökologisch&sozial zu zeigen für ein globales Miteinander, das verbindet uns Alle. Ich sehe am Horizont einen ersten Sonnenstrahl, bemerke den Luftzug durch das leicht geöffnete Fenster und mache mich bereit. Heute beginnt man den Tag lieber früh – es wird wieder erbarmungslos heiß.

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    Als ich aus dem Fenster gucke, ist es dunkel. Klar, denn es ist Nacht! Aber das war nicht immer so selbstverständlich. Die Lichtverschmutzung, gerade in Großstädten wie dieser, wurde von den Menschen lange als Problem vernachlässigt. Inzwischen gibt es nur noch Solarzellen als Beleuchtung in Hauswänden, Straßen und Radwegen. Das macht die Straßen im Winter etwas schummrig, doch man fühlt sich trotzdem sicher. Sie sind allesamt mit Bewegungsmeldern ausgerüstet. Wenn sich jemand bewegt, geht das Licht an. Wenn alles schläft, und niemand wacht, ist alles schwarz. So bemerkt man gar nicht, wie viele Millionen Menschen um einen herum leben. ...
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