Stadt meiner Zukunft

Einsendung zum Wettbewerb 2050 - Stadt meiner Träume von Nevera Tree, 32 Jahre

Entlang der Flusspromenade, die uns allen im Sommer als Bademöglichkeit dient, sitzen im Herbst nun Fischer an den Ufern und versuchen ihr Glück, um den Leuten abends feine Köstlichkeiten an den naheliegenden Grillplätzen zu kredenzen. Der Fluss ist rein, man kann sogar daraus trinken. Das verdanken wir der dichten Bepflanzung mit reinigenden Wasserpflanzen, deren biologisches Filtersystem das Wasser klar reinigt und es durch die Abgabe von feinsten Mikroorganismen belebt. Weiter oben am Fluss, befindet sich jener Raum, der allein den Tieren gehört. Wir dürfen diese Orte betreten, jedoch haben wir uns als Menschen an die Bedürfnisse unserer Lebensgenossen anzupassen. Ich bin froh, in so eine Welt geboren zu sein. Tiere, Pflanzen und Menschen leben harmonisch neben- und miteinander und bereichern sich gegenseitig in ihrer Existenz. Die Stadt als Ballungszentrum von Lärm, Schmutz, gesellschaftlichen Schichten und als Garant für Einsamkeit von Alleinlebenden existiert heute nicht mehr. Unsere Städte sind heute weitestgehend von Natur durchzogen. Nur wenige verfallene Fabrikhallen zeugen noch von einer alten Zeit, in der Geld als fiktives Zahlungsmittel eingesetzt wurde und nachdem Jedermann strebte. Macht und Besitz sind heute Begriffe einer kriegerischen Vergangenheit, die unseren Werten einer „Erdengemeinschaft“ in größtmöglicher Gegensätzlichkeit gegenüberstehen. Mittlerweile brauchen wir keine Zahlungsmittel mehr, alles was wir benötigen, wird von den verschiedenen Produktionsgemeinschaften kostenlos hergestellt. Jeder Mensch und jedes Tier wird von dieser Gemeinschaft versorgt und es bleibt noch genug Platz für kreativen Individualismus. Da der Erdboden als Lebensraum dient, wurde der gesamte Verkehr nach oben ausgegliedert. Die Menschen reisen innerstädtisch in kleinen Flugkapseln aus synthetischem Wasserdampf, die sich je nach Bedarf dehnen oder zusammenziehen können. Energie erhalten sie dabei von der Sonne und von den Pflanzen, die ihren Energieüberschuss über den Boden abgeben. Berufsverkehr gehört ebenso der Vergangenheit an, wie Langstreckenflüge. Generell besitzt niemand mehr ein Auto und Fortbewegungsmittel sind allgemeines Gut, das jeder Mann und jede Frau zur freien Verfügung nutzen kann. Für längere Distanzen, beispielsweise zwischen den Kontinenten, werden diese Wasserdampfwolken verdichtet, um den Reisenden eine angenehme Umgebung zu schaffen. Von Europa nach Australien reist man damit etwa eine halbe Stunde lang. Alle Menschen wohnen in kleinen Häusern, die sie sich nach eigenen Wünschen gestalten können. Dabei wird darauf geachtet, je nach Familiengröße genügend Raum zur Verfügung zu stellen. Die Baumaterialien sind so flexibel, dass man mit einem einzigen Baustoff sämtliche Bedürfnisse abdecken kann. Die Baumasse ist zu 100% biologisch absetzbar und dient den Pflanzen nach der Entsorgung als Dünger. Jeder Hausbau beginnt damit, den Baustoff, der „Flexibilat“ genannt wird, in die richtigen Formen zu bringen, da er anfangs – flexibel wie Knetmasse – individuell formbar ist. Man kann ihn mittels Wärme-, Kälte-, UV- oder Wasserbehandlung in die gewünschte Form bringen. UV bewirkt dabei, dass der Baustoff durchsichtig wird und den Häusern als Fensterscheibe dient. Leider ist es bisher nur möglich, den Zustand einmalig zu verändern aber unsere Wissenschafts- Produktionsgemeinschaft arbeitet hart daran die Möglichkeiten zu vergrößern. Der Baustoff wird aus dem gewonnen, was wir Müll nennen. Giftstoffe oder andere Materialien, die der Natur schaden könnten, werden schon lange nicht mehr produziert, daher besteht dieser Müll zum größten Teil aus pflanzlichem Zellstoff. Mittelpunkt der Städte sind die Agrar-Regionen, in denen unsere Nahrung angebaut wird – alles ohne künstliche Düngung oder Schädlingsbekämpfung versteht sich. Bei den Agrarflächen sind auch die Restaurants der Stadt angesiedelt. Sämtliche Nahrungsmittel werden dort frisch zubereitet und während man seine Mahlzeit genießt, duftet es ringsum nach frischem Gemüse und Obst. Am Rand der Agrarflächen sind die spärlichen fleischverarbeitenden Betriebe angesiedelt. Fleisch steht nur äußerst selten auf dem Speiseplan, dafür schmeckt es dann ein bis zweimal im Jahr, wenn wir es bekommen, umso besser. Natürlich auch durch das Wissen, dass es den Tieren zu Lebzeiten an nichts gefehlt hat. Da kein Geld mehr im Umlauf ist und jeder Mensch in einer Produktionsgemeinschaft arbeitet, basiert unsere Gesellschaft auf einem Austausch an Gütern und nicht am Erwerb von Besitz. Da alle Erwachsenen Personen irgendwo aktiv tätig sind, verfügt natürlich jede Gemeinschaft über einen eigenen Kinderraum. Die Kinder dürfen jederzeit zu ihren Eltern, da auch die Kindererziehung ein wichtiger Bestandteil dieser Gesellschaft ist. In den Schulen lernt man die unterschiedlichsten Handwerke der Produktionsgemeinschaften kennen und man kann jederzeit aktiv mitarbeiten. Ich für meinen Teil, rotiere gerne zwischen den Gemeinschaften hin- und her, weil ich mich nicht auf eine einzige Tätigkeit reduzieren möchte. Natürlich kommt in unserer Stadt auch der Spaß nicht zu kurz. An jeder Ecke findet man Cafés oder Spielplätze, Gemeinschaftsräume und Parks, die einem das Leben verschönern sollen. Freizeit ist ein wichtiger Faktor in unseren Leben, weil wir ja auch nur dieses eine haben und daraus das Beste machen wollen – nämlich glücklich zu sein. Frauen und Müttern gegenüber herrscht ein sehr respektvoller Umgang, da sie neben ihren Arbeiten in den Produktionsgemeinschaften, die Fähigkeit besitzen Kinder zur Welt zu bringen. Mütter werden für ihre Tätigkeit geehrt und müssen nicht als „doppelt vergesellschaftete Wesen“, an zwei Fronten zu 100% funktionieren. Sie dürfen sich ganz und gar auf das konzentrieren, was ihnen wichtig ist. Freiheit und Gemeinschaftsgefühl leben in unserer Stadt nebeneinander. Nach diesem System ist auch unsere Infrastruktur aufgebaut, die unsere Mutter Erde in den Mittelpunkt stellt.

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Autorin / Autor: Nevera Tree, 32 Jahre