Schwarz-weiß. Sepia. Bunt. Die Fotos an der Wand zeigen mir den Wandel der Zeit. Die Technologien sind weit fortgeschritten. Bald müssen wir kaum noch einen Finger rühren. Per Knopfdruck ins Leben. Ob das so gut sein wird? Mit diesen Gedanken schlafe ich ein. "Hey Sie, Sie können hier doch nicht so einfach faul rumliegen! Helfen Sie mir lieber." Unsanft werde ich aus meinem Schlaf geschüttelt. Ich blicke um mich. Doch bevor ich überhaupt die Chance habe mich zu orientieren, heben mich auf einmal zwei starke Arme hoch und stellen mich auf meine Füße. "Sie sind ja ein komischer Vogel," lachte der Unbekannte," zu dieser Mittagszeit schläft man doch nicht." Ich blickte um mich: "Ehm, eine Frage...wo bin ich denn hier?" Jetzt brach der junge Mann in schallendes Gelächter aus. Doch als er in mein verdutztes Gesicht blickte, wurde er allmählich ernster. "Sie wissen echt nicht, wo sie sind? Das hier ist einer der größten Gemeinschaften hier in der Gegend. Sie.." " Warte, Gemeinschaften?" Jetzt starrte er mich mit großen, ungläubigen Augen an: "Du weißt ja echt garnichts...Unglaublich. Nun gut, ich werde dich herumführen und ein bißchen was erzählen, wenn es dir Recht ist." Ich war einverstanden. Nun hatte ich endlich die Gelegenheit, mich gründlich umzuschauen. Was ich sah überwältigte mich total. Das kann doch nicht wahr sein?! Wo..? Was..? Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Das sollte die größte Stadt sein? Nirgendwo sah ich die hohen Wolkenkratzer, die ich aus meiner Gegend gewohnt war. Wo waren die grellen Lichter? Wo waren die Autos? Wo...wo war der Lärm? Ich lauschte. Vögelgezwitscher, Kinderlachen. So etwas hatte ich schon lange nicht mehr gehört. "Sag mal," ich drehte mich zu meinem Reiseführer um, "welches Jahr haben wir?" "2088." Also in die Zeit zurückgegangen war ich nicht. "Wo sind eure Autos? Wo sind die Gebäude? Wo sind..," ich blickte mich um, "die Schilder, Ampeln, der Schmutz, der Gestank?" Der Mann setzte sich seufzend hin,"Ich sehe schon, ich muss so tun, als wärest du erst heute geboren. Dann fang ich mal an zu erzählen. Vor ca 40 Jahren, so wird mir erzählt, gab es einen großen Atomkrieg auf der ganzen Welt. Fast alles wurde zerstört! Also beschloss die Regierung es niemals mehr so weit kommen zu lassen. Sie änderten so gut wie alles. Es wurden Gruppen erstellt, aus allen möglichen Arten von Menschen, wie du und ich. Sie sollten ihre Traumweltideen aufschreiben und vorstellen. Alle Ideen wurden gesammelt. Naja, lange Geschichte. Kurzgefasst: Die Ideen, die Sinn machten und effektiv waren wurden umgesetzt. Dazu gehörte z.B. die Abschaffung der einzelnen Ländergrenzen. Deswegen gibt es nur noch Gemeinschaften. Jeder kann gehen wohin er will und überall hinreisen. Es ist ein Geben und Nehmen. Wir sind eine Tauschgesellschaft. Geld in der eigentlichen Form gibt es nicht mehr. Die Resourcen baut jeder selber an. Jede Familie hat eigenen Acker – und Waldgrund. So ist jeder gleichmäßig versorgt. Ausserdem gibt es nur eine Regierung. Und jede Gesellschaft hat einen Rat. Und diese muss sich für die Menschheit Zeit nehmen. Du kannst Beschwerde einlegen, wenn etwas nicht richtig erscheint. Und sie müssen darüber Rat halten und sich der Sache annehmen. Nun ja, die Wolkenkratzer und hohen Gebäude wurden wegen der großen Energie und Resourcenverschwendung abgeschafft. Stattdessen gibt es jetzt nur noch kleine Bürogebäude, nur gebaut aus den Materialien die die Welt ganz natürlich zu bieten hat. So sind hier übrigends alle Häuser. Energetisch und effizient. Wir nutzen Solar, Wind und Wasserenergie. Jedes einzelne Haus hat Solaranlagen. Keine Abgase, keine Treibstoffe." Ich konnte es kaum glauben. Sie hatten es tatsächlich geschafft. Die neue Generation versuchte gemeinsam die Welt zu einem besseren Ort zu machen. "Ich fass es nicht...und das klappt auch einfach so? Was ist mit den Autos? Wie kommt ihr von A nach B?" Mein Begleiter lehnte sich zurück und fuhr fort: "Das mit den Autos...das war mein persönlicher Favourit. Keine Autos. Zumindestens nicht so wie vor 40 Jahren. Es gibt Autos, doch auch die werden nicht mehr angetrieben durch giftige Gase. Elektroautos, mein lieber. Solarautos und dazu noch Autonom! Das heißt, das Auto weiß von selber wie es wohin zu fahren hat. Es gibt kein zu Schnelles fahren mehr und auch kein Brechen der Regeln. Es macht keine Geräusche, alle Fahrzeuge sehen gleich aus. Jeder Haushalt hat nur ein bzw. zwei solcher Fahrzeuge. Kommt auf die Anzahl der Familienmitglieder an. Und am Sonntag ist Fahrverbot! Deswegen siehst du heute auch keine Autos auf der Straße. Die Menschen gehen lieber Spazieren oder fahren Fahrrad. Dadurch nehmen sich die Menschen mehr Zeit. Sie schenken ihrer Umgebung mehr Aufmerksamkeit. Sie bleiben auch mal stehen und interessieren sich für die Mitmenschen. Es geht nicht mehr darum wer die schönsten oder teuersten Sachen hat. Menschlichkeit hat wieder die Oberhand gewonnen! Man achtet auf einander. Die ganze Athmosphäre hat sich geändert. So erzählt man sich. Ich sehe Bilder aus alten Zeiten...kaum Wald, viel Technik und die Menschen, verirrt mittendrin. Heute ist es anders. Auch das Schulsystem. Es gibt in jeder Gesellschaft eine einzige Schule. Und in die geht man seit seinem 6. Lebensjahr bis man 18 wird. Immer in die selbe Klasse, mit den selben Lehrern. Und ab dem 8. Schuljahr hat man freie Wahl in den Fächern. Natürlich wird man anhand Beobachtungen und Analysen beraten. Aber so hat jeder die Möglichkeit sein Potential auf seinem Interessengebiet auszuweiten. Es gibt keine Noten, sondern Verbesserungsvorschläge und Gespräche, die einem helfen sollen, das Beste aus sich zu holen. Und am Ende der Schullaufbahn wird man dann in eine der hunderten Jobkategorien eingestuft. Natürlich kann man ein Veto einlegen, aber das ist bis jetzt noch so gut wie nie passiert. Die Lehrer wissen eigentlich meistens ganz genau, was die einzelnen Schüler ausmacht. Das klappt soweit ganz hervorragend! Mhm, ich könnte noch so viel mehr erzählen...Was hälst du von all dem denn soweit?" Der junge Herr schaute mich herausfordernd an. Ich überlegte kurz: "Nun ja, es ist erst viel zu verdauen. Doch wenn ich mich so umschaue, denke ich, dass ihr auf einem guten Weg seid, die Erde doch noch länger zu erhalten und wieder herzustellen, was wir verbockt haben. Ich...". Ich konnte kaum zuende reden, da spürte ich einen gewaltigen Stoß von der Seite. Ich fiel unsanft auf den Boden. Als ich meine Augen wieder öffnete, befand ich mich in meiner vertauten Umgebung. In meiner Welt. In der Welt, in der ich mich jetzt entschloss einiges anders anzugehen. Ich realisierte, dass ich die Veränderung sein musste, die ich in der Welt sehen wollte. Und genau das hatte ich vor.