Limit-Leben

Eine Kurzgeschichte von rike0901

Das Motorrad kam schnell um die Kurve. Ich erschrak ein wenig, Aaron machte direkt vor meinen Füßen halt. Beim Absetzen seines Helms bemerkte ich seine wuscheligen Haare. Schnell drehte ich mich um, hob meinen dreckigen Rucksack auf. Ich wusste, heute wird ein wundervoller Tag, mehr oder weniger.

Es war zu heiß um weite Fahrten zu machen. "Hey Mia!" Aaron riss mich aus meinen Gedanken. "Aaron." sagte ich kurz. Mit diesem unergründlichen Blick setze er mir den Helm auf. Er zerstörte meine Frisur. Egal. Die Sonne verschwand hinter den Wolken, ich bemerkte wie es unter den Bäumen kühl wurde. "Wollen wir?" hörte ich Aaron gedämpft durch den Helm sagen. "Natürlich!" Mit wenigen Bewegungen hob er mich hinter sich. Der Sitz fühlte sich bequem an. Dann ging es los. Ich krallte meine Hände in seine Seite. Ich hatte keine Angst. Der schwüle Wind blies mir Aarons Duft in die Nase. Aftershave. "Zu schnell?" brüllte jemand. "Alles bestens!" Ich lachte in den Fahrtwind. Alles rauschte an uns vorbei. Ich vergaß die Zeit. Aaron wurde langsamer. In der Linkskurve wurden die Bäume um uns dichter, die Luft war drückend. Die Yamaha blieb stehen. Verbunden mit einer Umarmung hoben mich zwei starke Männerarme vom Motorrad herunter. Ich nahm Aarons Hand. "Deine Honighaare werden immer weicher!" säuselte er neben mir. Ich hasse mein Aussehen. Die anderen lieben es. Als Antwort drückte ich wortlos seine muskulöse Hand. Wir blieben stehen. Ich fand es immer wieder schön, wenn sich die Sonne auf der Wasseroberfläche spiegelte.

"Wie lang noch?" unterbrach meine Stimme das Schweigen. Er starrte zum Boden. Genervt von meiner Frage kniff er die Augen zu. Ich blinzelte in die Sonne. Wir setzen uns ins Graß. Er wollte meine Frage umgehen. Langes Schweigen folgte. "Einen Monat." Aarons Stimme zitterte. Er nahm meine Hand, stand auf. Plötzlich war mir kalt. In einem Monat war es so weit. Ich hasse den Tod. "Schon.. Schon heute ?!" Meine Gelassenheit schockierte mich. "Ja." Aaron fuhr mit seiner Hand durch mein Haar. Eiskalt. "Ich liebe dich!" sagte ich, zitterte, blickte in die Tiefe. "Mia, der Tumor kann einfach nicht entfernt werden!"

Wir nahmen uns bei den Händen. Ich schloss die Augen. Seine Hand umfasste meine fester. Nur 200 Meter. Wir liebten uns. Seit wir uns kennen. Seit dem Kindergarten. Es war ein guter Tod. Ich könnte ohne ihn nicht leben. Ich wollte ohne ihn nicht leben.

Ich drückte seine Hand. Der Boden glitt unter uns weg.
Ich flog.
Er flog.
Ich hörte ihn schreien.
"Ich liebe dich, Mia!"

Autorin / Autor: rike0901 - Stand: 23. März 2009