Mythos Einstein

Die Faszination an einem Querdenker

Woher kommt es, dass seine Theorien so gut in der Weltöffentlichkeit ankamen? Warum wurde gerade die Formel E = mc² und ihr Urheber zum Mythos? Worin bestand und besteht immer noch das weltweite Interesse für diesen Physiker mit seinen außergewöhnlichen Begabungen? Ist es die wilde Mischung aus Genialität, Zerstreutheit und Skurrilität? Oder die Tatsache, dass er mit seiner Forschung in Bereiche vordrang, die per se schon mystisch sind und die ganze Menschheit interessieren: unsichtbare Teilchen, weit entfernte Sterne und das Große und Ganze des Universums. Einstein redete über vier Dimensionen, über Sterne, die doch nicht dort sind, wo man glaubt sie zu sehen, über Relativität, Lichtgeschwindigkeit, über Energie als Masse. Obwohl es angeblich nur höchstens zwölf Männer auf der Welt gab, die diese Theorie verstehen konnten, waren die Vortragssäle, wo immer er auch erschien, voll. Die Massen scharten sich voller Neugier um ihn, auch wenn sie ihn schon rein akustisch gar nicht verstehen konnten, denn sein Englisch hatte einen starken Akzent. Selbst Conrad Röntgens Entdeckung, dass man einen Körper mit Strahlen durchleuchten kann, waren nicht so aufregend! Für seine GegnerInnen allerdings war Einstein nichts weiter als ein wissenschaftlicher Surrealist.

*Der Grübler, der gern Briefe schrieb*
Es muss aber auch an Einsteins Persönlichkeit gelegen haben, die immer noch viele Menschen fasziniert. Er war ein großer Denker, der alle seine Entdeckungen nur durch Grübeln und Nachdenken fand, ohne auf praktische Experimente zurückzugreifen. In Briefen, Aufsätzen und Interviews diskutierte er leidenschaftlich mit FreundInnen und KollegInnen naturwissenschaftliche und auch philosophische Themen. Er schrieb unzählige Briefe und korrespondierte ebenso mit bedeutenden PolitikerInnen, SchriftstellerInnen und KünstlerInnen als auch mit unbekannten, einfach nur wissenschaftlich interessierten und hilfesuchenden Menschen. Sogar mit Kindern pflegte er einen regen Briefwechsel. Auf die Frage nach seinem Aussehen schrieb er zum Beispiel: "... Bleiches Gesicht, lange Haare und eine Art bescheidenes Bäuchlein. Dazu ein eckiger Gang und eine Zigarre im Maul, wenn er eine hat, und einen Federhalter in der Tasche oder in der Hand. Krumme Beine oder Warzen hat er aber nicht, ist also ganz hübsch, auch keine Haare an den Händen, wie oft hässliche Männer." Und einem kleinen Mädchen, das Probleme in der Schule hatte, antwortete er: "... Mach dir keine Sorgen wegen deiner Schwierigkeiten mit der Mathematik. Ich kann dir versichern, dass meine noch größer sind."

*Der Poet*
Neben seiner wissenschaftlichen Genialität besaß er ein hohes Maß an menschlichen Idealen und eine sehr poetische Weltsicht, die in vielen seiner Zitate deutlich wird. Er versuchte immer, eine Brücke herzustellen zwischen dem Wunder, dem Geheimnis der Schöpfung, dem menschlichen Intellekt und einer tiefen moralischen Verantwortung gegenüber Mensch und Natur.

*Lest einige Beispiele*
"Die Sorge um den Menschen selbst und sein Schicksal muss stets das Hauptanliegen aller fachwissenschaftlichen Bestrebungen bilden."

"Nicht auf Personen kommt es an, sondern auf Werke im Dienste der Gemeinschaft."

"Ein glücklicher Mensch ist zu zufrieden mit der Gegenwart, um sich viele Gedanken über die Zukunft zu machen."

"Das Fundament aller menschlichen Werte ist eben das Moralische."

"Das Streben nach Wahrheit und Erkenntnis gehört zum Schönsten, dessen der Mensch fähig ist (…)."

"Man muss die Welt nicht verstehen, man muss sich nur darin zurechtfinden."

"Es wird bestimmt für die Insekten wie für die Sterne. Menschen, Pflanzen oder kosmischer Staub, wir tanzen alle nach einer bestimmten Melodie, die aus der Ferne von einem unsichtbaren Pfeifer angestimmt wird."

"Es ist einfacher, radioaktives Plutonium zu entsorgen als das Böse im Menschen."

"Die Freisetzung der Atomkraft hat alles verändert außer unserer Denkweise, und deshalb treiben wir auf Katastrophen zu, die nicht ihresgleichen haben."

Seine politischen Ideen waren allerdings vielen zu radikal und konsequent, so dass die Politik seiner Zeit nicht besonders erfreut darauf reagierte. Nach dem 2. Weltkrieg setzte er sich beispielsweise für internationale Rüstungskontrolle und Zusammenarbeit ein. 1945 hielt er eine Rede bei einem Nobel-Gedenkdinner in New York ("The war is won, but peace is not" - Der Krieg ist gewonnen, aber der Frieden nicht), die seine Haltung zur Weltpolitik deutlich machte. So rief er ein "Dringlichkeits-Kommitee für Atomwissenschaftler" ins Leben und schlug die Bildung einer Weltregierung vor. Leider fiel diese Idee nicht auf fruchtbaren Boden. Dennoch: man verehrte ihn gerade für seine Hartnäckigkeit und dafür, dass er kein Blatt vor den Mund nahm. Einstein war ein genialer Wissenschaftler, ein Querdenker, menschlich und politisch denkend zugleich. Und so wurde der Mythos zum Symbol für einen verantwortungsvollen Forscher.

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Autorin / Autor: Rosi