Wie verbringt die Menschheit ihre Zeit?

Forschungsteam untersuchte, welche Tätigkeiten der "globale Mensch" an einem Tag verrichtet

Habt ihr euch schonmal Gedanken dazu gemacht, womit ihr den ganzen Tag beschäftigt seid? Und wie sähe dieser Zeitplan aus der Vogelperspektive aus, wenn man die gesamte Menschheit bei ihrem Tun beobachten würde? Genau das hat ein Forschungsteam unter der Leitung der McGill University getan und Daten über die Zeitaufteilung von Menschen aus 140 Ländern (die 87 % der Weltbevölkerung repräsentieren) gesammelt. Zunächst gingen sie von folgenden Berechnungen aus: Jeder Mensch hat 24 Stunden pro Tag. Bei einer Weltbevölkerung von 8 Milliarden Menschen summiert sich dies auf etwa 190 Milliarden Stunden pro Tag. Auf welche Weise wir diese Stunden verbringen, bestimmt die Auswirkungen, die wir auf unsere Umgebung haben, und wie wir das Leben erleben. Mit ihrer Analyse ist es den Forschenden zum ersten Mal möglich zu schätzen, wie ein Tag im Leben der Welt aussieht.

"Gegenwärtig kämpfen wir damit, die globalen Herausforderungen zu bewältigen, und das erfordert neue Perspektiven darauf, wie die Welt funktioniert", sagt Eric Galbraith, Professor für Erdsystemwissenschaften an der McGill University und Hauptautor der kürzlich in PNAS veröffentlichten Studie. "Wenn wir den Klimawandel und den Verlust der biologischen Vielfalt nachhaltig bewältigen, uns an den rasanten technologischen Wandel anpassen und die globalen Entwicklungsziele erreichen wollen, ist es von entscheidender Bedeutung, das Gesamtbild zu verstehen, wie das globale menschliche System funktioniert, damit wir erkennen können, wo es Potenzial für Veränderungen gibt."

Wenn die Welt ein einziger Mensch wäre

"Wir wollten wissen, wie die Zeitaufteilung der Menschheit im Durchschnitt aller Menschen und Länder aussieht", fügt William Fajzel, Doktorand in Erdsystemwissenschaften an der McGill University hinzu. "Mit anderen Worten: Wenn die Welt ein einziger durchschnittlicher Mensch wäre, wie würde sein Tag aussehen?" Um das herauszufinden, untersuchte das Forschungsteam Zeit- und Arbeitsdaten, die für den Zeitraum von 2000 bis 2019 (um Auswirkungen der COVID-Pandemie zu vermeiden) aus über 140 Ländern gesammelt wurden. Alle Dinge, die Menschen an einem Tag im Wachzustand tun, darunter sowohl berufliche als auch außerberufliche Aktivitäten, wurden dann nach dem Zweck der jeweiligen Tätigkeit kategorisiert. Sie verwendeten 24 Kategorien, die sich in drei große Gruppen einteilen lassen:

- Tätigkeiten, die äußere Welt verändern (einschließlich der Bereitstellung oder Veränderung von Nahrung, Energie, Gebäuden, der Pflege der Umgebung usw.)
- Tätigkeiten, die unmittelbar auf den menschlichen Geist oder Körper ausgerichtet sind (einschließlich der Pflege von Sauberkeit, Aussehen, Stimmung und Gesundheit von sich selbst und anderen, sowie Bildung, Religion, Hobbys, Geselligkeit, Sport, Medien, Erholung usw.)
- Tätigkeiten wie das Organisieren von Aktivitäten innerhalb der Gesellschaft (z. B. Transport, Handel, Finanzen, Recht und Verwaltung usw.)

Die meiste Zeit des Tages beschäftigen wir uns mit uns selbst und anderen

Das Ergebnis der Beobachtung aus der Vogelperspektive: Menschen verwenden den größten Teil der Zeit für Tätigkeiten, die auf den Menschen ausgerichtet sind - und zwar etwas mehr als 9 Stunden. Weitere 9 Stunden entfallen auf den Schlaf oder das Schlafengehen (in der globalen Schätzung sind Jugendliche enthalten, die tendenziell länger schlafen).
Und von den verbleibenden 6 Stunden entfällt jeweils etwa 1 Stunde auf den Anbau und die Ernte von Nahrungsmitteln, deren Zubereitung, das Pendeln und die Fortbewegung sowie auf Verteilungsaufgaben (wie Handel, Finanzen, Verkauf, Recht, Verwaltung und Polizei). Auf die Abfallentsorgung verwenden wir weltweit nur 1 Minute des globalen Tages, wobei wir 45 Minuten unseres Tages für das Aufräumen und die Instandhaltung unserer eigenen Behausungen aufwenden. Erstaunlich: Die gesamte Infrastruktur und der Bau von Gebäuden werden übrigens in schlappen 15 Minuten erledigt.

Überraschenderweise ändert sich der Zeitaufwand für Tätigkeiten wie Mahlzeiten, tägliche Reisen, Hygiene und Körperpflege sowie die Zubereitung von Lebensmitteln nicht automatisch mit dem materiellen Wohlstand einer Bevölkerung. Im Gegensatz dazu variiert die Zeit, die für den Anbau und die Beschaffung von Lebensmitteln aufgewendet wird, je nach Wohlstandslevel: Länder mit niedrigem Einkommen bringen über 1 Stunde damit zu, während Länder mit hohem Einkommen weniger als 5 Minuten mit diesen Tätigkeiten beschäftigt sind.

Berufliche und nichtberufliche Tätigkeiten

Das Forschungsteam schätzt, dass die gesamte Weltwirtschaft etwa 2,6 Stunden des durchschnittlichen menschlichen Tages in Anspruch nimmt. Diese Wirtschaftstätigkeit wird von der Land- und Viehwirtschaft dominiert, gefolgt von Tätigkeiten wie Handel, Finanzen und Recht sowie dem verarbeitenden Gewerbe. Die Gesamtzeit von 2,6 Stunden mag zwar auf den ersten Blick gering erscheinen, doch für die zwei Drittel der Weltbevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15-64 Jahre), die die Erwerbsbevölkerung bilden, entspricht dies genau einer 40-Stunden-Woche.

Die Ergebnisse der Studie biete eine einzigartige Perspektive darauf, wie sich wirtschaftliche Aktivitäten in das Gesamtgefüge des menschlichen Lebens auf globaler Ebene einfügen. Sie deuten laut den Forscher:innen auch darauf hin, dass es viel Spielraum für eine Verschiebung der Zeiteinteilung bei bestimmten Tätigkeiten gibt, wie etwa bei der Gewinnung von Materialien, der Bereitstellung von Energie und der Entsorgung von Abfällen, die zurzeit alle innerhalb von etwa sieben Minuten erledigt werden. Vielleicht besteht es ja die Hoffnung, dass wir alle etwas mehr Zeit entbehren könnten, um doch noch eben die Welt zu retten?

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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung - Stand: 26. Juni 2023