Sprache formt Zahlenverständnis

Studie stellt die Annahme in Frage, dass ein Zahlen- und Mengenverständnis angeboren ist.

Hat der Mensch ein angeborenes Zahlenverständnis? Kann man überhaupt eine Menge beurteilen, wenn man keine Worte dafür hat? Wissen wir intuitiv, was wieviel ist oder ist erst die Sprache mit ihren Zahlwörtern der Schlüssel zu einer exakten Darstellung von Mengen? Diesen Fragen sind Forscher_innen um Benjamin Pitt von der University of California Berkeley in einer Studie nachgegangen.

Für die Studie wurden zwei Dutzend Mitglieder der indigenen Gemeinschaft Tsimmane in Bolivien mit geringer Schulbildung zu einem Experiment eingeladen. Ihnen wurde eine Gruppe von Objekten gezeigt, z. B. vier Knöpfe, und sie wurden gebeten, das Gesehene mit anderen Objekten, z.B. Glasperlen, zu wiederholen. Es stellte sich heraus, dass die Teilnehmer_innen nur dann die genaue Anzahl der Objekte zuordnen konnten, wenn die Menge innerhalb des Bereichs der ihnen bekannten Zahlenwörter lag.

Einige der Teilnehmenden konnten bis ins Unendliche zählen, andere konnten nicht über die ihnen bekannten Zahlwörter hinauszählen. Durch diesen Umstand war diese Gruppe perfekt geeignet für das Experiment. Denn in anderen Studien wurden oft Menschen unetrschiedlicher Kulturen und Schuldbildung miteinander verglichen, so dass schwer auszumachen war, ob das Verständnis nicht vielleicht von kulturellen Gegebenheiten oder dem Lebensumfeld geprägt war. Hier konnte der Zusammenhang zwischen Zahlwörtern und Zahlenkonzepten innerhalb einer Gruppe verglichen werden.

Die Ergebnisse stellen den Forschenden zufolge die seit langem vertretene Meinung in Frage, dass Menschen ein angeborenes System des Denkens über Zahlen und deren Organisation haben. Pitt sieht in den Ergebnissen der Studie vielmehr den bisher deutlichsten Beweis dafür, dass Zahlenwörter eine aktive Rolle bei der Fähigkeit des Menschen spielen, exakte Mengen darzustellen. Sie unterstützen zudem die allgemeinere Behauptung, dass Sprache neue konzeptionelle Fähigkeiten ermöglichen kann. Sprache wäre demnach nicht nur dazu da, Gedanken und Vorstellungen auszurücken, sondern erschafft diese Vorstellungen erst.

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Autorin / Autor: Redaktion / Pressemitteilung - Stand: 11. Februar 2022