Da sind die Jungs besser?

Studie zu MINT-Stereotypen: Lehrkräfte und Lehramtsstudierende erwarten in den MINT-Fächern bei Jungen höhere Fähigkeiten als bei den Mädchen

Es wird immer wieder gerätselt, warum Mädchen und junge Frauen weniger Für MINT-Fächer und MINT-Berufe begeistert werden können und sich in diesen Fächern oft weniger zutrauen, selbst wenn sie dieselben Leistungen erbringen wie Jungen. Dafür werden immer wieder Vorurteile verantwortlich gemacht, bei Eltern, dem Umfeld, aber auch bei den Lehrkräften. Zwei aktuelle Studien am Leibniz-Institut für Bildungsforschung zeigen, dass nicht nur erfahrene Lehrkräfte, sondern auch Lehramtsstudierende mit stereotypischen Erwartungen an die Sache herangehen.

In zwei aufeinander aufbauenden Studien hatten Prof. Dr. Hanna Beißert und ihr Team untersucht, wie Grundschullehrkräfte und Lehramtsstudierende die Kompetenzen von Mädchen und Jungen in Mathematik, Naturwissenschaften, Technik und Informatik einschätzen.

In beiden Studien wurde deutlich, dass Lehrkräfte Jungen in den MINT-Fächern durchweg höhere Kompetenzen zuschrieben als Mädchen – mit deutlichen Unterschieden zwischen den einzelnen MINT-Bereichen, die jedoch in beiden Studien ähnliche Muster aufwiesen. In den Bereichen Technik und Informatik war die Erwartungslücke deutlich größer als in den Bereichen Mathematik und Naturwissenschaften.

Die (angehenden) Lehrkräfte sollten in Fragebögen auf einer Skala angeben, wie gut die Kinder typischerweise in dem jeweiligen MINT-Bereich sind - also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Dabei zeigte sich deutlich, dass Lehramtsstudierende von größeren Unterschieden zwischen den Geschlechtern ausgingen als bereits im Dienst stehende Lehrkräfte.

Für die Forscherin Beißert bedeuten die Ergebnisse auch, dass solche Stereotype in der Lehramtsausbildung stärker thematisiert und ein Bewusstsein dafür geschaffen werden müsse. Außerdem wäre es sinnvoll, noch gezielter zwischen den einzelnen Bereichen zu unterscheiden. Oft wird nur auf die Mathematik geschaut, wenn es darum geht, Mädchen in bestimmten Fächern stärker zu fördern, aber offenbar sind Technik und Informatik hier mindestens ebenso wichtige Fächer. Das gelte ausdrücklich auch für Grundschulkräfte, erklärt die Forscherin. Denn die Stereotype von Lehrkräften wirkten in der Grundschule auf die grundlegenden Einstellungen von Kindern im Hinblick auf den MINT-Bereich. Selbst wenn die Naturwissenschaften, Informatik und Technik in der Grundschule keine eigenständigen Fächer sind, werde im Sachkundeunterricht der Unterricht in diesen Fächern vorbereitet.

Auch Unterrichtsmaterialien müssten diverser gestaltet und in den gezeigten Bildern mehr Beispiele mit Mädchen und Frauen verwendet werden. Schulbücher hätten sich bereits verbessert, aber viele Arbeitsblätter enthielten noch häufig geschlechtsstereotypische Darstellungen, so Beißert.

Die Ergebnisse der Studie wurden in der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft vorgestellt.

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Autorin / Autor: Redaktion - Stand: 15. Dezember 2025