Gleichberechtigung

Beitrag zum Kreativ- und Schreibwettbewerb "Das ist mir was wert" von Anna-Lena Federsel, 17 Jahre

Gleichberechtigung. Ja, das ist wohl eines der Themen, das jeden, der in unserer Gesellschaft lebt, betrifft. Es ist einer der Begriffe, die man nur schwer definieren kann, natürlich ist jedem klar, dass es darauf hinausläuft, dass jeder Mensch gleich berechtigt wird, das sagt ja schließlich das Wort Gleichberechtigung auch aus. Doch in welchem Zusammenhang dürfen oder sollen wir sogar von dieser Wortschöpfung Gebrauch machen? Sollen wir tatsächlich der Meinung sein, ein Vergewaltiger, ein Arzt und ein Kind hätten exakt die gleichen Berechtigungen? Das wird wohl immer eine Wunschvorstellung bleiben, denn es ist leicht zu sagen, jeder Mensch soll die selben Rechte haben, aber es ist alles andere als einfach, nach diesem Prinzip zu leben! Wahrscheinlich müssten wir jedes reelle Lebewesen dieses Universums durch einen seelenlosen Roboter ersetzen, um auch nur ansatzweise einhundert prozentige Gleichberechtigung zu schaffen.

Aber ist es das, was wir wirklich wollen? Nein, ich bin mir sicher, unser Instinkt sagt uns, wir wollen Vielfalt. Vielfalt im Aussehen, bei den Charakteren, beim Lebensstil und im Denken. Doch genau diese Vielfalt hindert uns an der Gleichberechtigung. In einer Welt, in der nicht jeder gleich denkt, handelt oder aussieht, wird es immer Unterschiede geben. Das nenne ich das natürliche Ungleichgewicht. Doch dann kommt der hochintelligente Mensch und bringt uns eine Art der Antigleichberechtigung, wie man sie sich in seinen blühendsten Fantasien nicht ausmalen möchte! Überlegen Sie einmal, nur für eine halbe Minute, wer über Prinzipien folgender Art entscheiden darf. Dunkelfarbige Menschen haben nicht den gleichen Wert wie hellhäutige, breite Menschen entsprechen nicht in der Art, wie es dünne tun, dem Schönheitsideal, wer wenig Geld besitzt, ist faul und die, die am meisten Freunde haben, sind beliebt! Welcher Wissenschaftler hat sich tatsächlich mal ein einfaches Blatt Papier genommen und wie in einem Gesetzestext verfasst, dass sich jeder auf dieser Welt genau an diese Art von Faustregeln halten muss? Niemand! Das ist wohl die einzig richtige Antwort auf meine Frage, denn niemand, ganz und gar niemand hat das Recht über Entscheidungen dieser Größe zu bestimmen.

Was ich mich jetzt an diesem Punkt (genau wie Sie hoffentlich auch) frage, ist, warum es dann keinen Menschen gibt, der nicht nach diesen Regeln lebt! Selbstverständlich gibt es die weniger schweren Fälle, die davon überzeugt sind, sie seien die barmherzigen Samariter, sie würden nie schlecht über einen anderen Menschen mit einem noch so kleinen Handicap denken. Ich bewundere diese Wesen zutiefst dafür, dass sie es zumindest versuchen, denn ich bin mir sicher, diese Art von Menschen stellt die Minderheit dar. Wenigstens versuchen sie etwas an unserem Instinkt zu ändern, wie sollen wir sonst jemals dem seelenlosen Roboterwesen ähneln. Eigentlich sollte sich wirklich mal jemand hinsetzen und ein Buch über all diese Klischees verfassen, damit wir realisieren können, dass wir dieses Verhalten revolutionieren müssen und nicht über die millionste Erneuerung der Technik für noch schneller fahrende Metallkisten nachdenken sollen.

Wollen sie wissen was für mich wirklich der Anfang zur Gleichberechtigung ist? Ein einfaches „Hallo“! Sind wir mal ganz ehrlich, wer von uns entscheidet nicht während eines mehr oder weniger gemütlichen Spaziergangs bewusst, wem man ein freundliches Lächeln oder eine kurze Begrüßung schenken möchte! Fängt an diesem Punkt nicht schon das Gegenteil von wahrer, aber einfacher Gleichberechtigung an? Unser Verstand teilt uns mit, dass das Gegenüber von uns unsympathisch wirkt, keine Höflichkeit verdient, oder sogar unheimlich erscheint. Doch was gibt uns das Recht zu „wissen“, dass eine ältere Dame netter sei als ein Jugendlicher mit einer Bierflasche in der Hand? Wir sind der Meinung, wir könnten über die Menschen urteilen, ohne sie wirklich zu kennen, aber ich bin mir sicher, dass wir das ganz und gar nicht können. Jeder, der einmal schlechte Erfahrungen gemacht hat, hat mein vollstes Verständnis, wenn er mit einer gewissen Vorsicht auf die restlichen Bewohner des Universums schaut, doch ich vertrete die Meinung, keiner habe das Recht über jemanden zu urteilen, ohne auch nur mindestens einen alltäglichen Ablauf mit ihm erlebt zu haben! Wir erwarten Solidarität von jedem, doch wir geben sie selbst nur den wenigsten. Keiner von uns kann wissen, was ein anderer erleben muss, wie viel Kraft und Tränen vielleicht schon ein normaler Tag ihm kostet. Dass könnte vielleicht der seelenlose Roboter, doch der sind wir nicht, oder?

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