Hauptsache, es hilft
Placebos wirken selbst dann, wenn man weiß, dass es ein Scheinmedikament ist
Dass Placebos manchmal fast besser helfen als Pillen mit Wirkstoff - darüber wurde schon öfter berichtet. Neu ist aber die Tatsache, dass solche "leeren" Medikamente selbst dann Beschwerden lindern, wenn Patient:innen wissen, dass es sich um ein Placebo handelt. Das zeigt eine internationale Metaanalyse des Universitätsklinikums Freiburg, die am 15. August 2025 im Fachjournal Scientific Reports erschienen ist. 60 klinische und experimentelle Studien mit insgesamt 4648 Teilnehmenden wurden für die Untersuchung ausgewertet - mit einem erstaunlichen Ergebnis: Sogenannte offene Placebos, die klar als wirkstofffrei bezeichnet werden, können Schmerzen, Erschöpfung oder depressive Symptome spürbar bessern. Der positive Effekt war sogar tendenziell größer, wenn die Patient:innen zuvor umfassend über die möglichen Wirkungen von Placebos informiert worden waren.
„Offensichtlich ist bereits der Prozess der Verabreichung und Einnahme eines Medikamentes selbst ein wirksames medizinisches Ritual“, sagt Studienleiter Prof. Dr. Stefan Schmidt, Forschungsprofessor in der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg.
Wirkung ohne Wirkstoff
Im Gegensatz zu herkömmlichen Placebos, bei denen die Konsument:innen nicht wissen, dass sie ein Scheinmedikament erhalten, werden offene Placebos bewusst als solche gekennzeichnet. Die Analyse zeigt nun: schon allein die Verabreichung eines Mittels mit der transparenten Information, dass es sich um ein Placebo handelt, kann ausreichen, um Beschwerden zu lindern. Allerdings muss einschränkend gesagt werden: der Effekt zeigte sich besonders bei Symptomen, die subjektiv eingeschätzt werden – wie zum Beispiel Schmerzen oder Erschöpfung. Vermutlich spielt aber nicht nur die Einnahme, sondern auch die entsprechende Information eine wichtige Rolle. Studien, in denen die Wirkweise von Placebos ausführlich und verständlich erklärt wurde, erbrachten tendenziell stärkere Effekte als solche ohne Information.
Kein signifikanter Effekt bei Blutwerten etc.
Bei objektiv messbaren Parametern wie Blutwerten, Schlafdaten oder Lungenfunktion wurde in den ausgewerteten Studien bislang aber kein signifikanter Effekt sichtbar. Wie es sich verhält, wenn solche Medikamente über einen längeren Zeitraum eingenommen werden, ist bisher noch offen. Der Placebo-Effekt zeigte sich übrigens unabhängig davon, wie das Medikament eingenommen wurde: Sowohl Tabletten als auch Tropfen oder Sprays erzielten vergleichbare Werte.
„Unsere Ergebnisse bestärken uns darin, offene Placebos weiter zu erforschen – insbesondere ihre langfristige Wirkung und die Frage, ob sie sich auch auf objektive Gesundheitsparameter auswirken“, sagt Schmidt. „Zukünftig könnte daraus ein neuer, ethisch verantwortlicher Behandlungsansatz entstehen, denn wir können nun wirksame Placebos ohne Täuschung verabreichen.“
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Autorin / Autor: Redaktion/ Pressemitteilung