Ein Horrorerlebnis, welches sich keiner wünscht

Wettbewerbsbeitrag von F. Riechmann, 17 Jahre

Es war ein schöner Tag, dachte ich zumindest. Ich befand mich am Strand von New Orleans, wo ich merkte, wie auf einmal der Boden zu beben begann. Wie als würde man auf einer Rüttelplatte stehen. Erst nur leicht, doch dann wurde es immer schlimmer. Am Anfang war das Meer noch ganz still, doch auch das wurde immer unruhiger. Es begannen Wellen an den Strand zu schlagen. Ich hörte es hinter mir knallen. Ich drehte mich um und sah eine Staubwolke in der Ferne. Ich war nun davon überzeugt, dass es ein Erdbeben sein musste. Ich drehte mich kurz zurück zum Meer und sah, dass sich die Wellen immer höher auftürmten und es war nur noch ein tosendes Geräusch zu hören. Die schöne Stimmung hatte sich von jetzt auf gleich in Luft aufgelöst. Ich drehte mich zur Stadt um und begann zu laufen. Ich wollte nur noch so schnell wie möglich nach Hause. Das Beben des Bodens verschwand kurz, doch kam kurz darauf umso stärker zurück. Ich schaffe es nicht bis nach Hause, dachte ich. Ich musste überlegen, wo ich mich in Sicherheit bringen könnte. Mir fiel nichts ein. Ich schaute zurück zum tobenden Meer und sah nur noch eine Monsterwelle auf die Stadt zu rasen. Meine Panik wurde immer größer.
Da fiel mir ein Ort ein, der sicher sein dürfte. Ich rannte los und sah viele Menschen in den Straßen herumirren. Sie wussten nicht, wohin mit sich. Ich lief weiter. Ich rannte auf der anderen Seite der Stadt hinaus aufs freie Feld und in einen kleinen Wald hinein. Ich hatte im Wald eine kleine Hütte entdeckt, das war jetzt mein Ziel. Sie sah sehr stabil aus, als ich sie entdeckte, fand ich.
Auf einmal hörte das Beben des Bodens auf. Ich hatte die Hütte erreicht und ging hinein. Ich setzte mich ganz nah an die Wand. Aber es ging wieder los. Und nochmal stärker. Ich hörte nur noch, wie es über mir knackte und ich versuchte aus der Hütte zu fliehen. Ich war zu langsam. Auf einmal wurde ich von einem Balken am Kopf getroffen und verlor das Bewusstsein.
Als ich wieder aufgewacht war, wusste ich nicht mehr, was passiert war. In meinem Kopf dröhnte es und ich hatte furchtbare Kopfschmerzen. Auch mein Bein tat weh, weil auf ihm ein Holzbalken gelandet war. Ich versuchte ihn herunterzuheben. Der war ganz schön schwer. Erst beim zweiten Versuch den Balken zu bewegen, schaffte ich es. Ich stand auf und schaute mich um. Die Hütte war in sich zusammengefallen. Zum Glück nicht auf mich. Vor meinem Inneren tauchten wieder die hohen Wellen vom Strand und die große Staubwolke auf. Ich bekam Angst. Was war mit meinen Eltern passiert? Wo waren sie? Ich vergaß meine Kopfschmerzen sowie das schmerzende Bein. Ich wollte nur noch nach Hause. Ich machte mich so schnell ich konnte auf den Weg.
Als ich dort angekommen war, wo einmal unser Haus gestanden hatte, stand ich vor einem Berg aus Schutt. Unser Zuhause war weg. Einfach von jetzt auf gleich. Ich musste weinen. Nein, meinen Eltern geht es gut. Innerlich wiederholte ich diesen Satz, immer und immer wieder. Ich machte mich auf die Suche. Überall in den Straßen sah ich traurige Leute. Ich suchte weiter. Mein Handy, das ich aus der Hosentasche holte, musste wohl während meines Sturzes kaputt gegangen sein. Brachte mir also nichts. Ich wollte die Hoffnung trotzdem nicht aufgeben, dass es ihnen gut ging. Ich suchte die ganze Stadt ab. Ich fand sie nicht. Aber die Hoffnung verlieren, nein, das tat ich nicht, denn so schnell gebe ich nicht auf.
Ich landete wieder vor unserem zerstörten Haus. Ich setzte mich auf die Treppe. Zumindest auf das, was übriggeblieben war. Ich überlegte. Auf einmal tauchte unsere Nachbarin auf. Sie erzählte mir, dass sie am Anfang des Erdbebens Licht in unserem Haus gesehen hatte. Kurz bevor es dann zusammenstürzte, ging es aus und sie hörte einen Schrei, der von meiner Mutter sein könnte. Sie wusste es nicht genau. Ich dachte nur noch, dass meine Eltern kurz davor noch drinnen gewesen sein mussten. In meinem Kopf schwirrten zwei Fragen herum. Sind sie wirklich unter den Trümmern? Oder hatten sie es hinausgeschafft aus dem Haus, bevor es zusammenbrach? Sie hatte aber auch erklärt, dass sie sie nicht gesehen habe, nachdem das Haus in sich zusammengebrochen war. Ich begann zu weinen. Meine Hoffnung war geschrumpft. Nur noch so ein kleines Quäntchen Hoffnung, dass es ihnen gut ginge, befand sich in mir. Doch innerlich stellte ich mich schon darauf ein, dass ich ab sofort alleine war.
Allerdings fiel mir noch ein aller letzter Ort ein, an dem ich suchen konnte. Ich dachte, vielleicht hatten sie es doch geschafft, aus dem zusammenstürzenden Haus kommen. Dann müssten sie schauen, wo sie unterkommen könnten. Die einzige Verwandte, die hier in der Gegend lebte, war meine Oma, die Mutter meines Vaters. Sie wohnte auch nicht in der Stadt, sondern etwas außerhalb. Vielleicht hat sie kaum etwas von dem Erdbeben abbekommen und bei ihr war alles gut. Ich machte mich auf den Weg.
Ich ging durch die Stadt. Diesmal rannte ich nicht. Ich schaute mich um. Ein paar der Häuser waren beim Erdbeben in sich zusammengefallen. Manche standen aber auch noch und waren nur von Rissen in den Wänden durchquert. Als ich näher in Richtung Meer kam, sah man, dass die Straßen nass waren. Die Monsterwellen müssen sogar über Teile der Stadt gerollt sein. Ich hatte den Stadtrand erreicht. Ich bewegte mich auf einer Straße zwischen zwei großen Wiesen entlang. Die Sonne ging gerade unter und der Himmel schimmerte rötlich. Es wirkte hier alles so friedlich, als ob es gar kein Erdbeben gegeben hätte.
Nach einer gefühlten halben Ewigkeit sah ich am Ende der Straße das Haus meiner Oma. Ich begann schneller zu gehen. Dann lief ich so schnell ich konnte. Ich erreichte das Haus. Drinnen sah alles so dunkel aus. Ich lief die Stufe zur Tür hoch und klingelte. Nichts passierte. Keiner öffnete. Ich klingelte noch zweimal. Doch wieder passierte nichts. Ich drehte mich um und begann zu weinen. Ich ließ mich auf die Treppenstufe fallen. Ich weinte bitterlich. Nicht einmal meine Oma war hier. Meine ganze Hoffnung war auf einmal verschwunden. Wie weggefegt.
Auf einmal hörte ich ein Auto und Autotüren klappern. Ich schaute auf. Und ich glaubte meinen Augen kaum. Ich dachte, das wäre eine Fata Morgana, aber nein. Ich täuschte mich nicht. Es waren meine Eltern. Ich sprang auf und rannte so schnell ich konnte auf meine Eltern zu. Auch sie hatten angefangen zu laufen. Als wir aufeinandertrafen, schlossen wir uns in die Arme. Ich war so glücklich. Meine Eltern standen vor mir. Ihnen ging es gut. Ihnen war nichts passiert und sie lagen nicht unter den Trümmern unseres Hauses.

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Am 27. November 2022 fand die Lesung zum Schreibwettbewerb VERWANDELBAR statt, bei der fünf der Gewinner:innen ihre wunderbaren Texte präsentierten. Moderiert wurde die Lesung durch den Autor Manfred Theisen, der auch Mitglied der Jury war.

Autorin / Autor: F. Riechmann, 17 Jahre